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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Ausstellungsgebäude

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Ausstellungsgebäude

ländische Industrie. Trotz aller Anfeindungen, welche die A. erfahren haben, wird man nicht verkennen können, daß die technische Entwicklung der Gewerbe den A. ihre rasche Forderung vornehmlich verdankt; viele Zweige derselben sind durch sie entweder ins Leben gerufen oder weitern Kreisen zugänglich gemacht worden. - Vgl. Bucher, Kulturhistor. Studien über die Industrieausstellungen aller Völker (Frankf. 1851); Exner, Die Aussteller und die A. (2. Aufl., Weimar 1873); Huber, Die A. und unsere Exportindustrie (Stuttg. 1886).

Ausstellungsgebäude, die baulichen Anlagen, die zur Aufnahme besonders größerer Ausstellungen (s. d.) dienen. Bisher ist es keinem der zahlreich vorhandenen Systeme von A. gelungen, allseitige Anerkennung zu finden. Im allgemeinen ist man von der ursprünglich vorherrschenden Verwendung von Eisen und Glas abgekommen und hat immer größere Teile in Stein herzustellen begonnen. Die größte Schwierigkeit für die richtige Gestaltung der A. liegt darin, daß die auszustellenden Gegenstände übersichtlich und nach verschiedenen Systemen zugleich geordnet werden können, damit der Besucher womöglich die Erzeugnisse eines Landes sowohl als die Erzeugnisse derselben Art beisammen findet. Wie die erste Weltausstellung, 1851 zu London veranstaltet, eine neue Ära des Ausstellungswesens einleitete, so war auch das für dieselbe ausgeführte Gebäude von bahnbrechender Bedeutung. Dieses 1851 von Jos. Parton errichtete A. (s. Tafel: Ausstellungsgebäude I, Fig. 1) zeigte ein freies Langschiff (560 m lang, 20 m breit, 19,5. m hoch), ein dieses in der Mitte durchschneidendes, bis zu 31 m emporsteigendes Querschiff von gleicher Breite und durch Galerien in mehrere Geschosse geteilte Nebenschiffe. Der bedeckte Raum betrug 95000 qm, davon 21000 qm in den Galerien. Wenn auch die Seitenschiffe unübersichtlich, die Galerien unpraktisch waren, so wurde die lichtdurchflutete, ganz in Eisen und Glas hergestellte Mittelhalle doch mit Recht bewundert.

^[Abb. Fig. 1.]

Der Bau wurde etwas verkleinert als Krystallpalast zu Sydenham bei London 1852 neu aufgestellt (s. Taf. II, Fig. 1; ferner den Grundriß in vorstehender Fig. 1) und wirkt noch heute mächtig auf die Besucher. Als Verbesserungen dabei sind hervorzuheben die Durchbrechung des Langschiffes (490 m) durch drei Querschiffe (110 und 95 m lang) und die strengere Gliederung der letztern. - Der Glaspalast zu München (1854 von Voit erbaut, 233m lang, Mittelschiff 23 m hoch) entwickelte dasselbe System. Bei zahlreichen Ausstellungen hat der Bau sich als praktisch bewährt. Ähnlich ist der für die Weltausstellung in Paris 1855 von Viel erbaute, jetzt zu den alljährlichen Kunstausstellungen (Salon) benutzte Industriepalast (250 m lang, 108 m breit, 35 m hoch; s. Taf. I, Fig. 2), mit einer Mittelhalle (142 m lang, 48 m breit), einem an der Hauptfaçade vorspringenden Pavillon (80 m lang), acht massiven Treppenhäusern und monumentaler Steinfaçade. Die Anlage war außerdem bestimmt durch den Umstand, daß Napoleon III. den Bau zugleich als Operationsbasis für Truppen bei Aufständen benutzen wollte. Das A. für die Weltausstellung in London 1862 (erbaut von Fowke) führte die Trennung der einzelnen Gegenstände in Gruppen weiter durch, indem zu beiden Seiten des Langschiffs (25,8 m breit, 30,4 m hoch) je drei glasüberdeckte Höfe und an den Enden zwei gleichbreite Querschiffe hinzugefügt wurden. Die geistvollste Lösung des A. brachte die Weltausstellung in Paris 1867; hier wurde vom Ingenieur Leplay auf einer Fläche von 149000 qm nach dem Radialsystem ein Centralbau von ovaler Grundform (s. nachstehende Fig. 2; a-b Raumteilung, b-c Teilung der Sparren, c-d-a Dachkonstruktion) geschaffen, von dem die einzelnen Segmente den verschiedenen Ländern, die konzentrischen Ringe den gleichartigen Ausstellungsgegenständen zugewiesen wurden.

^[Abb.: Fig 2.]

Doch stellten sich bei der Benutzung des A. große Übelstände ein, da in manchen Ländern einzelne Industrien ganz fehlten, also Lücken entstanden, andere für ihre größern Bedürfnisse keine Erweiterungsbauten machen konnten und dadurch die Übersichtlichkeit erschwert wurde.

^[Abb.: Fig 3.]

Die Wiener Weltausstellung 1873 bildete das sog. Fischgrätensystem