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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Bad (Badeanstalt)

warmen B. an zur Beruhigung und Beseitigung schmerzhafter Nervenleiden; sie bekommen schwächlichen, zarten und in hohem Grade zu Erkältungen geneigten Personen am besten. Warme Wasserbäder haben vorzüglich die Erweichung der Haut zur Beförderung der Ausdünstung und Abschälung zum Zwecke und finden deshalb ihre Anwendung bei Krankheiten, wo durch diese Wirkung eine Heilung erzielt werden soll, besonders bei Hautkrankheiten. Sie steigern aber auch die organischen Funktionen und den Stoffwechsel, ohne daß ein heftiger Reiz eine starke Reaktion verlangt; und indem sie den Wärmeverlust vermindern, stimmen sie die normale ausgleichende Reaktion herab, sie wirken somit beruhigend, weshalb man sich ihrer bei krampfhaften Affektionen und bei erhöhter Nervenreizbarkeit mit Vorteil bedient; doch beschleunigen sie auch schließlich den Blutkreislauf in der Haut und in den der Wärme zugänglichen Teilen und fördern durch Erweiterung der Gefäße die Aufsaugung krankhafter Stoffe im Körper. Hierauf beruht ihre wohlthätige Wirkung bei Rheumatismus und Gicht. Die warmen B. dürfen jedoch nicht zu oft angewendet werden, weil die Haut sonst zu sehr erschlafft und für äußere Einwirkungen zu empfänglich gemacht wird, weshalb auch unmittelbar nach dem jedesmaligen Gebrauche die Haut vorsichtig vor Kälte zu schützen ist, wenn man nicht vorzieht, die Haut durch eine kalte Übergießung am Schlüsse des B. zu kräftigen.

Ähnliche Wirkungen wie die warmen B., nur in erhöhtem Grade, besitzt das allgemeine Wasserdampfbad, von welchem nicht nur die ganze äußere Oberfläche des Körpers, sondern auch die innere Auskleidung der Respirationsorgane berührt wird. Dasselbe fördert die Abschälung der Haut und die Abschleimung der Schleimhäute sowie die Schweißabsonderung sehr bedeutend und ist eins der wichtigsten Zerteilungs- und Heilungsmittel bei gichtischen und rheumatischen Übeln, Nervenschmerzen, alten Katarrhen u. s. w. (S. Dampfbad.) Man hat nicht bloß Dampfbäder in eigens dazu hergerichteten Badestuben, sondern man erfand auch tragbare Apparate (unter anderm: Ricklis «Bettdampfbad», Triest 1861), bei welchen man aus einer mit Wasser gefüllten kupfernen Blase, die durch Weingeist erhitzt wird, den Dampf erzeugt. Die einfachsten Vorrichtungen derart sind die sogenannten engl. Spiritusdampfbäder, bei welchen die mit einer wollenen Decke umhüllte Person auf einem Stuhle über einer Spirituslampe sitzt. Ferner hat man Dampf nicht bloß von Wasser, sondern auch von verschiedenen Stoffen, z. B. von Schwefel, Terpentin, Fichten- und Kiefernadelextrakt, angewendet. (S. hierüber unten die Rauchbäder.) Ähnlich wirkt das B. in heißer trockn er Luft, bei dem der reichlich ausgeschiedene Schweiß die obern Hautschichten aufweicht, der Körper eine große Menge von Flüssigkeit durch die Haut ausscheidet, dem Blute viel Wasser entzogen und manche krankhafte Ablagerung im Körper durch Aufsaugung beseitigt wird. Daher wird auch das heiße Luftbad zur Kur bei Gicht, Rheumatismus und allgemeinen Blutkrankheiten empfohlen. Hierzu benutzt man vor allem das Irisch-Römische Bad (s. d.), doch auch die natürlichen Höhlen mit heißer Luft, z. B. die Grotte von Monsummano (s. d.). In neuerer Zeit hat man begonnen, komprimierte Luft zu Heilzwecken anzuwenden. Der Kranke weilt hierbei längere Zeit in einem sog. pneumatischen Kabinett, in einem Raume, in welchem die Luft durch Maschinen einem langsam steigenden, später (bei 300 mm) gleichbleibenden Druck ausgesetzt wird. Für diese sog. pneumatischen B. hat man besondere transportable Apparate konstruiert (s. Komprimierte Luft). Schließlich werden von manchen die sog. elektrischen B. gegen Neurasthenie und andere Nervenleiden empfohlen. (S. Elektrotherapie.)

Hinsichtlich der örtlichen oder Teilbäder gilt im allgemeinen die Regel, daß heißes Wasser das Blut nach dem von ihm umgebenen Teile zieht, kaltes hingegen es von dem bezüglichen Teile verdrängt. Daher wendet man heiße Fuß- und Handbäder an, um den Blutandrang vom Gehirn und von den Lungen nach den Extremitäten hinzuleiten. Kalte Sturz-, Tropf-, Regen- und Staubbäder werden angewendet, um das Blut aus gewissen Teilen (besonders aus dem Kopfe, z. B. bei manchen Geisteskrankheiten) zu vertreiben und die erweiterten Gefäßchen wieder zusammenzuziehen, sind daher Zerteilungsmittel bei Entzündungen. Doch bewirkt auch das Eintauchen in kaltes Wasser in der Nachwirkung stärkern Blutzudrang nach den eingetauchten Teilen. Sehr energisch wirken die Douchebäder. Ein mehr oder weniger starker Wasserstrahl wird hierbei auf einen Punkt des Körpers geleitet, wo er Belebung, Zerteilung, aber auch bei Übermaß Entzündung und Geschwulst hervorbringen kann. Man benutzt diese B. besonders bei Affektionen des Nervensystems und krankhaften Ablagerungen, als aufsteigende Douche bei Hämorrhoiden, Gebärmutterkrankheiten, Störungen der Menstruation, Leukorrhöe, Stuhlverstopfung, und als schottische Douche (abwechselnd heiß und kalt) gegen Lähmungen. (S. Douche.)

Die Dauer aller dieser B. ist gewöhnlich keine lange; sie werden meist nur 10 Minuten bis eine halbe Stunde, höchstens eine ganze Stunde lang angewendet, während man ehedem viel länger in den B. zu verweilen gewohnt war. In neuerer Zeit hat man indes vielfach mit Vorteil permanente Warmwasserbäder angewendet, bei welchen der Kranke tage-, ja wochenlang im Wannenbade zubringen muß zur Linderung der Schmerzen, Verminderung des Fiebers und Förderung des Heilungsprozesses. Dieselben sind insbesondere bei ausgebreiteten Verbrennungen und manchen hartnäckigen Hautkrankheiten nützlich. Auch örtlich, d.h. nur für einzelne Körperteile, wendet man solche permanente B. insbesondere bei eingewachsenen Nägeln, Fußgeschwüren, nach Operationen u. s. w. an.

Die medizinischen B., denen man mineralische oder vegetabilische Stoffe beigemischt hat, standen früher bei den Ärzten in größerm Ansehen als jetzt, wo die physiol. Schule ihre Kraft und Wirkungsweise genauer geprüft und auf ein richtigeres Maß zurückgeführt hat. Die Haut ist für das Eindringen fremder Körper allerdings nur in sehr beschränktem Grade zugänglich. Zwar noch bis vor kurzem hielt man dieses Organ für dasjenige, durch welches man Arzneimittel in größerer Menge dem Körper bequem einzuverleiben im stände sei, indem es zur Aufnahme dieser Stoffe eine verhältnismäßig große Oberfläche darbietet. Allein die jüngsten Untersuchungen haben gelehrt, daß eine Absorption salziger, im B. aufgelöster Stoffe, wenn sie stattfindet, nur gering sein kann; viele Ärzte sind jetzt sogar der Meinung, daß die Wirkung salzhaltiger B. sich besser auf mechan. als