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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Baden (Großherzogtum; Geschichte)

trat von der luth. Kirche zur reformierten über, verkaufte 1590 die Ämter Besigheim und Mundelsheim und 1603 auch die Ämter Altensteig und Liebenzell an Württemberg und starb 1604 ohne Kinder. Sein Bruder, Georg Friedrich, der ihm folgte, trat seinem ältesten Sohne Friedrich B. die Regierung ab, während er selbst mit einem Kriegsheere gegen Kaiser Ferdinand II. zur Beschützung des Kurfürsten von der Pfalz, Friedrich B., zu Felde zog, aber 6. Mai 1622 bei Wimpfen von Tilly geschlagen wurde. Auf Friedrich B. folgte 1659 Friedrich VI., der sich als Reichsfeldherr auszeichnete; dessen Sohn Friedrich Magnus übernahm 1677 die Regierung. Wegen des Einfalls der Franzosen mußte sich dieser bis 1697 zu Basel aufhalten. Nach dem Ryswijker Frieden suchte er den Wohlstand des Landes herzustellen. Er starb 1709. Ihm folgte sein Sohn Karl Wilhelm, der 1715 die neue Residenz Karlsruhe erbaute und zum Andenken an dieses Ereignis den Orden der Treue stiftete. Er starb 1738 und vererbte die Regierung auf seinen Enkel Karl Friedrich (s. d., 1738-1811), der 1771 Baden-Baden (s. oben 2) mit seiner Herrschaft vereinigte. Unter diesem musterhaften Regenten, dem die trefflichen Minister von Hahn und von Edelsheim (s. d.) zur Seite standen, erhielt B. seine jetzige Gestalt und größere Bedeutung. Seine ansehnlichen Gebietserwerbungen beruhten entweder auf einem altbegründeten Nachfolgerecht oder auf neuen völkerrechtlichen Verträgen. Für seine Gebietsverluste auf dem linken Rheinufer fand er 1803 reichliche Entschädigung im Reichsdeputationshauptschluß; er erhielt das Bistum Konstanz, die Reste der Bistümer Speyer, Basel, Straßburg auf dem rechten Rheinufer, die pfälzischen Ämter Ladenburg, Bretten, Heidelberg, Mannheim, mehrere Abteien und Reichsstädte und den Titel eines Kurfürsten (1803). Im Frieden zu Preßburg fügte er (1805) den Breisgau, die Ortenau und die Stadt Konstanz hinzu. Der Beitritt zum Rheinbund (1806) brachte eine dritte Vergrößerung durch erbfürstliche Gebiete und reichsritterliche Besitzungen.

II. Neuere Geschichte: Das Großherzogtum Baden.

1) Bis auf Leopold, 1830. Durch die Auflösung des Deutschen Reichs wurde für den Staat volle Souveränität im staatsrechtlichen Sinne erworben. Indem dies Karl Friedrich 13. Aug. 1806 erklärte, nahm er gleichzeitig den Titel eines Großherzogs von B. an und fügte den eines Herzogs von Zähringen bei. Gleichzeitig wurde (10. Sept. 1806) die schon früher getroffene Nachfolgeordnung bestätigt. Danach sollten im Falle des Aussterbens des fürstl. Mannsstammes seine Söhne aus der am 24. Nov. 1787 mit Luise Karoline Geyer von Geyersberg (s. Hochberg) geschlossenen Ehe folgen (gemäß den Bestimmungen von 1787 und vom 20. Febr. 1796). Bei dem Tode Karl Friedrichs siel die Regierung an seinen Enkel Karl Ludwig Friedrich (1811-18). Dieser (geb. 1786) war seit 1806 mit Stephanie, einer Adoptivtochter Napoleons I., vermählt. Nach der Schlacht bei Leipzig verließ er den Rheinbund und trat 1815 dem Deutschen Bunde bei. Auf dem Wiener Kongresse gehörte B. zu den Regierungen, die sich gegen eine allgemeine Verpflichtung zur Einführung des Repräsentativsystems erklärten. Allein die Bewohner verlangten staatsrechtliche Garantien, und gleichzeitig erhob Bayern, auf den Rieder Vertrag und eine alte sponheimische Erbeinsetzung gestützt, Ansprüche auf einen großen Teil des bad. Landes. Der Großherzog Karl Ludwig Friedrich wies diese entschieden zurück und verlieh als neues Band der Vereinigung für alle Bewohner die Verfassung vom 22. Aug. 1818, in welcher auch der Grundsatz der Unteilbarkeit ausgesprochen wurde. Da er ohne männliche Nachkommen starb, folgte ihm seines Vaters Bruder, Markgraf Ludwig Wilhelm August (geb. 9. Febr. 1763). Unter diesem wurde durch Receß vom 10. Juli 1819 die Integrität B.s unter den Schutz Rußlands, Österreichs, Englands und Preußens gestellt und das Erbfolgerecht der Halbbrüder des Großherzogs, der Markgrafen von Hochberg, anerkannt, während Bayern 3. Juli 1827 seinen Entschädigungsanspruch für den von B. an Frankreich abgetretenen Teil der Grafschaft Sponheim erneuerte. (Vgl. Über die Ansprüche der Krone Bayern an Landesteile des Großherzogtums B., 2. Aufl., Mannh. 1827.)

Die Stände traten zum erstenmal 22. April 1819 zusammen, wurden aber wegen bald ausbrechender Reibungen mit dem Ministerium sowie wegen Streitigkeiten zwischen der Ersten und Zweiten Kammer 28. Juli schon wieder entlassen, so daß die gestellten Anträge auf Preßfreiheit, Einführung der Schwurgerichte, Abschaffung der Fronen und Zehnten nur in Anregung kamen. Während der zweiten Versammlung, im Sept. 1820, schien die gegenseitige Stimmung im Anfange nicht günstiger. Beide Kammern näherten sich indes sehr bald in wichtigen Dingen, z. B. hinsichtlich der Aufhebung der teilweise beseitigten Leibeigenschaft, des Gesetzentwurfs über die Verantwortlichkeit der Minister, der Vorstellung gegen die Strenge des Censuredikts und der Gemeindeverfassung, und die Regierung kam gleichfalls versöhnend entgegen. Der Großherzog Ludwig starb kinderlos 30. März 1830, und ihm folgte sein Halbbruder Leopold (s. d.), der älteste Sohn Karl Friedrichs aus seiner Ehe mit der Gräfin von Hochberg.

2) Unter Leopold, 1830-52. Mit Leopolds Regierungsantritt schien ein frischeres Leben zu beginnen. Die Regierung hatte die Wahlen zu dem am 17. März 1831 eröffneten sechsten Landtage ihrem freien Gange überlassen. Von ihrer Seite waren Gesetzentwürfe über eine Gemeindeordnung, eine bürgerliche Prozeßordnung mit Öffentlichkeit und die Aufhebung der Staatsfronen vorbereitet, welche angenommen wurden. Mit besonderm Nachdruck aber und mit großer Einmütigkeit hatte die Zweite Kammer, nach Welckers Antrag, die Sache der Preßfreiheit betrieben und endlich die wichtigsten Bedenklichkeiten der Ersten Kammer sowie der Regierung zu beseitigen gewußt. Das Gesetz kam 24. Dez. 1831 zu stande und wurde in ganz Deutschland mit lautem Jubel begrüßt. Die Regierung mußte indes schon 28. Juli 1832, vom Deutschen Bundestag und der österr. Regierung gedrängt, das neue Gesetz für unwirksam erklären, weil es mit der Bundesgesetzgebung über die Presse unvereinbar sei.

Auf dem Landtag vom 20. Mai bis 13. Nov. 1833 zeigte sich die auf den nächstfolgenden Versammlungen noch sichtlicher werdende Ermattung des polit. Geistes. Die Stände beschränkten sich auf rechtsverwahrende Klagen wegen der einseitig erfolgten Aufhebung des Preßgesetzes und wegen mutmaßlicher Absichten des Bundestags. Der Anschluß B.s an den Deutschen Zollverein, der schon von den Abgeordneten von 1831 bedingungsweise gutgeheißen war, erfolgte 12. Mai 1835. Auf dem