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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bahnhöfe

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Bahnhöfe

Bahnhöfe (hierzu Tafeln: Bahnhöfe I-IV), Anlagen, die einerseits die Vermittelungspunkte für den Verkehr zwischen Eisenbahn und Publikum bilden, andererseits Verwaltungs- und Betriebszwecken dienen. Die Bahnhofsanlagen zerfallen daher in Verkehrs- und Betriebsanlagen. An größern Orten bestehen gewöhnlich besondere B. für den Personen- und für den Güterverkehr; an den wichtigsten Übergangspunkten sind meist noch Rangier- oder Verschiebebahnhöfe eingerichtet, auf denen die Züge zusammengesetzt und aufgelöst werden, (s. Rangieren.) Die Gleisanlagen setzen sich aus den durchgehenden Hauptgleisen und einer mehr oder minder großen Anzahl von Nebengleisen zusammen, die unter sich und mit den Hauptgleisen durch Weichen (s. Eisenbahnbau) verbunden sind. Auf den normalspurigen Eisenbahnen Deutschlands betrug 1. Jan. (1. April) 1893 die Länge der sämtlichen Bahnhofsgleise (ausschließlich der durchgehenden Gleise) 18903,99 km (darunter 12120,91 der Preuß. Staatsbahnen). Die normalspurigen Eisenbahnen Österreich-Ungarns, soweit sie dem Deutschen Eisenbahnverein angehörten, besaßen 1. Jan. 1893 insgesamt 6898 km Bahnhofsgleise (ausschließlich der durchgehenden Gleise), und zwar kommen auf die österr. Bahnen 4034 km, auf die gemeinsamen Eisenbahnen 796 km und auf die ungar. Bahnen 2068 km. Zur Beseitigung der Gefahren falscher Weichenstellung sind auf größern B. Einrichtungen getroffen, welche die Stellung sämtlicher Weichen oder größerer zusammengehöriger Gruppen von Weichen von einem Punkte aus nach Anweisung des Bahnhofsvorstandes ermöglichen. Auch sind die Hebel der Weichen und der Signale (s. Eisenbahnsignale) mechanisch in solche Abhängigkeit voneinander gebracht, daß nur bei richtiger Weichenstellung das Einfahrtssignal gegeben werden kann (s. Central-Weichen- und Signal-Stellvorrichtungen). Eine solche Anlage (Westendstation der Berliner Stadt- und Ringbahn) zeigt Fig. 4 auf Taf. IV. Ein totes Gleis wird ein Schienengleis genannt, das, wie Gleis n. in Fig. 1. an ein anderes Gleis (b) nur auf einer Seite mittels einer Weiche oder in anderer Weise angeschlossen ist, im Gegensatze zu einem auf beiden Seiten angeschlossenen Gleise (c).

^[Abb.: Fig. 1. Totes Gleis]

An dem nicht angeschlossenen (dem sog. toten) Ende (d) eines solchen Gleises wird ein aus Holz oder Eisen (alten Schienen) bestehender Prellbock angebracht, der verhindert, daß die auf das Gleis gebrachten Fahrzeuge über das Ende desselben hinausrollen. Auf dem Potsdamer Bahnhof in Berlin sind die Stationen für den Personenverkehr der Ring- und der Wannseebahn mit Prellböcken besonderer Art, wie dieselbe bisher auf deutschen Bahnen noch nicht zur Anwendung gekommen ist, ausgerüstet worden. Es sind sog. Wasserprellböcke, die bisher vorzugsweise auf engl. Bahnen, und zwar besonders in Liverpool, Manchester und London mit großem Erfolg benutzt worden sind. Diese Puffereinrichtung beruht hauptsächlich darin, daß die Wassermenge, welche sich vor dem mit den Pufferstangen verbundenen Kolben in einem Cylinder befindet, beim Vordringen der Pufferstangen durch kleine, sich allmählich verengende Öffnungen in den Raum hinter dem Kolben gedrückt wird. Die auf dem Potsdamer Bahnhof verwendeten Wasserpuffer, welche 2,50 m lange Kolbenwege besitzen, vereinen die Vorzüge der beiden besten Systeme dieser Art, und zwar des Webbschen und des Langleyschen. Das Webbsche ist insofern vorteilhaft, als bei demselben an Stelle des durch Einfrieren unbrauchbar werdenden Wassers das nur schwer gefrierende Glycerin, welches zudem noch eine Zusammendrückbarkeit von 4-5 Proz. besitzt, treten kann. Dem Verlust an Füllungsmaterial, welcher bei dem Langleyschen System bei jedem Hub eintritt, wird bei dem Webbschen System dadurch vorgebeugt, daß der dem Rauminhalt der Kolbenstange entsprechende Teil der Füllung während des Anfahrens in einen Windkessel gedrückt wird und nach Aufhören des Druckes in den Cylinder zurückläuft. Beim Anfahren der Wagen gegen diese Puffer erfolgt, wie Versuche mit einer Geschwindigkeit bis zu 20 km in der Stunde gegeben haben, bei weitem nicht der starke Anprall wie bei den gewöhnlichen Federpuffern, die Hemmung erfolgt nur allmählich und in verhältnismäßig sanfter Weise. Ausziehgleise sind entweder die Fortsetzung der Hauptgleise (Ende der Bahn) bildende oder aus Nebengleisen abzweigende Gleise, durch welche die Zusammenstellung und Verschiebung der Züge ohne Berührung der Hauptgleise ermöglicht wird. Nach ihrer Lage zur Bahnlinie unterscheidet man Anfangs-, Zwischen- oder Durchgangs- und Endbahnhöfe, je nachdem der Bahnhof am Anfangspunkt, an Zwischenpunkten oder am Endpunkt der Bahnlinie liegt. (Über Blockstationen s. Blocksignalsystem.) Die gewöhnliche Form der Zwischen- oder Durchgangsbahnhöfe ist in Fig. 2 dargestellt, wobei die gestrichelte Fläche das Empfangsgebäude bezeichnet.

^[Abb. Fig. 2. Zwischen- oder Durchgangsbahnhof.]

Die Richtung des ein- und des ausfahrenden Zuges bleibt dieselbe. Eine besondere Form der Zwischen- oder Durchgangsbahnhöfe bilden die B. mit Kopfbetrieb, bei denen (s. Fig. 3) der eingefahrene Zug in entgegengesetzter Richtung ausfährt.

^[Abb. Fig. 3. Bahnhof mit Kopfbetrieb.]

Sie kommen zur Anwendung, wenn nach Lage der örtlichen Verhältnisse eine Fortsetzung der Betriebsrichtung ausgeschlossen oder eine Heranführung der Bahnlinie in möglichste Nähe des Ortes erwünscht ist. B. am Vereinigungspunkt zweier oder mehrerer Bahnlinien heißen Anschluß- oder Übergangsbahnhöfe. Bei der gewöhnlichen Form (s. Fig. 4) liegen Empfangsgebäude und Bahnsteig (Perron) auf derselben Seite der Bahnlinien.

^[Abb. Fig. 4. Anschluß- oder Übergangsbahnhof.]

Bei der keilförmigen Anordnung (s. Fig. 5) befinden sich Empfangsgebäude und Bahnsteig in dem durch die zusammenlaufenden Li-^[folgende Seite]