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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Balkanhalbinsel

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Balkanhalbinsel

von der Transkaspischen Eisenbahn, ist 1635 m hoch und bildet mit dem Zuge des Kurjanin-Karr das Nordwestende der ehemals zusammenhängenden, gegenwärtig durch Querbruch und Entstehung des Südbeckens des Kaspischen Meers getrennten Kaukasus-Kopet-Daghkette.

Balkanhalbinsel oder Hämushalbinsel, auch Südosteuropäische Halbinsel, geogr. Bezeichnung der östlichsten der drei großen südeurop. Halbinseln, nach ihrem bedeutendsten Gebirgssysteme, dem Balkan (s. d.). Andere Namen für die B. sind Türkisch-Griechische Halbinsel oder Illyrische Halbinsel. (Hierzu eine Karte: Balkanhalbinsel.) Im W. grenzt sie an das Adriatische und Ionische Meer, im S. an das Mittelländische Meer, im O. an das Agäische Meer, Hellespont, Marmarameer, Bosporus und das Schwarze Meer; im N. an das südruss. Steppenplateau, die Walachische Tiefebene, das Banater Gebirgsland, die Ungarische Tiefebene und die Julischen Alpen. Im Gegensatz zu den beiden westlichern Halbinseln setzt sich die B. ohne scharfe natürliche Grenze mit breiter Masse an den Rumpf des Festlandes an; gewöhnlich nimmt man als Nordgrenze die Flüsse Save und Donau an. Innerhalb dieser Grenze umfaßt sie 474042 qkm und erstreckt sich von 36° 23' bis 45° 35' nördl. Br. und von 14° 30' bis 29° 42' östl. L. von Greenwich. Sie zerfällt in zwei Hauptstücke, einen breiten, trapezförmigen nördl. Teil, die eigentliche B., und einen schmalen von N. nach S. langgestreckten südl. Teil, die Griechische Halbinsel. Die Küsten sind meist reich gegliedert, vor allem diejenigen der Griechischen Halbinsel; einförmiger gestaltet ist nur der mittlere Teil der Westküste (Albanien) und die Küste des Schwarzen Meers. - Zwei große Gebirgssysteme bezeichnen die Hauptzüge ihrer Bodengestalt. Das Balkangebirge steht im Zusammenhang mit den Karpaten und durchzieht als ein großer nach NO. geöffneter Bogen den nordöstl. Teil der Halbinsel. Das Dinarische Gebirge erfüllt dagegen den ganzen Westen derselben. Es steht im NW. im Zusammenhang mit den Julischen Alpen, besitzt ein Nordwest-Südost- bis Nord-Süd-Streichen und zeichnet sich durch seinen regelmäßigen Faltenbau und durch das Vorwiegen des Kalksteins der Kreideformation aus, der häufig Karsterscheinungen verursacht. Es umfaßt die Gebirge Bosniens und Montenegros, dann die Ketten Albaniens mit dem Schardagh und dem Grammos und setzt sich im Pindos nach Griechenland fort. Zwischen diese beiden Gebirge schiebt sich eine ausgedehnte Scholle aus krystallinischen Gesteinen ein, die von Brüchen durchzogen, stellenweise von Eruptivstöcken (in der Hauptsache von Syenit) durchbrochen und von Trachytdecken überlagert ist. Sie umfaßt die Landschaften Macedonien und Thracien mit dem Rhodopegebirge, dem Rilodagh, Istrandschadagh u. a.

Die Flüsse der B. gehören drei großen Stromgebieten an. Nach N. fließen zahlreiche Ströme der Donau und Save und damit dem Schwarzen Meere zu (Kulpa, Una, Vrbas, Bosna, Drina, Morava, Timok, Isker, Vid, Osma, Jantra, Lom); die übrigen Zuflüsse des Schwarzen Meers sind unbedeutend (Kamtschik). Nach S. strömen zum Agäischen Meer bedeutende Flüsse, deren Thäler das Land ausschließen: Maritza, Mesta, Struma, Vardar und Vistritza. Nach W. zum Adriatischen Meer gestatten die Dinarischen Ketten nur eine geringe Stromentwicklung: Narenta, Bojana, Drin, Devol (Semeni), Vojuca. (über die Flüsse Griechenlands s. d.).

Das Klima der B. birgt große Gegensätze in sich. Im allgemeinen ist es kontinental, d. h. mit starken Kälte- und Hitzegraden; während der Sommer überall sehr heiß ist (Julimittel 23-27° C.), herrscht im Winter im nördl. Teil (Bulgarien, Serbien) starke und andauernde Kälte mit Schneefall (Januarmittel Bulgarien -1°), während auf der Südseite des Balkans und an der Adria Schneefall zu den Seltenheiten gehört und in Südgriechenland das Januarmittel +10° C. beträgt. Die B. liegt zwischen den Jahresisothermen von 11 und 19° C. Die höhern Gebirgsländer weisen natürlich niedrigere Temperaturen auf. Die Niederschläge fallen auf der Westseite der B. reichlich, im O. spärlicher. Im N. verteilen sie sich auf das ganze Jahr, sind aber im Spätsommer gering; je weiter nach S., desto ausgesprochener wird die sommerliche Trockenperiode. Das Klima der B. weist also einen allmählichen Übergang vom mitteleuropäischen zu dem mittelländischen Charakter auf. Dem entsprechend verhält sich auch die Vegetation. Die Mittelmeerflora nimmt indessen von der B., soweit sich bis jetzt beurteilen läßt, weniger Flächenraum ein als in Italien oder Spanien, da vom Norden her über das Balkangebirge hinaus bis zum Rhodope und weiter mitten in die Halbinsel hinein Waldungen von mitteleurop. Charakter sich erstrecken. Tannen, von naher Verwandtschaft mit der deutschen Edeltanne, sind dort herrschend; ihnen gesellt sich als wilder Baum die Roßkastanie hinzu, deren Heimat, trotz der Beliebtheit dieses schönen Baums in nordischen Parks, bis in die Neuzeit unbekannt geblieben war; auch der Walnußbaum soll dort zugleich mit der edeln Kastanie einheimisch sein. Der Wein gedeiht hier wie überall in den Mittelmeerländern in Fülle; aber von besonderer Bedeutung für den Welthandel sind die Korinthen. Über die Tierwelt der B. und namentlich über die ihrer centralen Teile weiß man noch sehr wenig, doch scheint sie namentlich hinsichtlich der Säugetiere und Vögel derjenigen der Karpaten ähnlich zu sein. Es finden sich Wölfe, Schakale, Bären, Wildkatzen, Luchse und Gemsen. Unter den großen Raubvögeln finden sich neben Lämmergeier und Steinadler auch Mönchs- und Gänsegeier (Vultur monachus L. und filvus Gm.), sonst von Alpenvögeln nur Mauerläufer, Steinhühner, Alpenkrähen und Alpendohlen. An Insekten, besonders an Käfern und unter diesen wieder an schönen Laufkäfern (Carabus), hat der Balkan keinen Mangel, hingegen soll er auffallend arm an Landmollusken sein.

Die Bevölkerung der B. wird (mit den Inseln) auf 15,3 Mill. E. geschätzt (32 auf 1 qkm). Sie ist äußerst bunt zusammengesetzt: 1) Südslawen; sie zerfallen in die Serben und Kroaten, die den NW. der B. (Serbien, Bosnien, Dalmatien, Montenegro) und die Bulgaren, die den NO. (Bulgarien, Ostrumelien, Thracien) und zum Teil Macedonien bewohnen. 2) Romanen: a. Italiener an der dalmat. Küste, b. Rumänen oder Walachen in Ostserbien, Dobrudscha, im Pindosgebirge und in einzelnen Teilen Macedoniens. 3) Albanesen in Albanien und im östl. Griechenland. 4) Griechen in Griechenland und an den Küsten des Agäischen und Schwarzen Meers. 5) Türken in einzelnen Gebieten Macedoniens, Thraciens und des östl. Bulgariens. 6) Tataren und sog. Gagausen