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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Basel (Stadt)

Untere Realschule (früher Realgymnasium, Rektor Dr. Werder, 22 Lehrer, 600 Schüler), ferner eine höhere Mädchenschule und die Volksschulen, deren Unterricht auf 4 Elementar- und 4 Sekundärklassen verteilt ist. Im 15. und 10. Jahrh, blühte in B. die Buchdruckerkunst, die durch Namen wie Amerbach, Frobenius, Oporin vertreten war, und auch jetzt noch sind sowohl die Buchdruckerei wie der Buchhandel nicht unbedeutend. In der Geschichte der deutschen Kunst wird B. als Wohnsitz der Künstlerfamilie Holbein mit Auszeichnung genannt, und sein Museum ist reich an Handzeichnungen und Gemälden der beiden Holbein, Niklaus Manuel, Hans Baldung und Martin Schön. Unter den Baseler Künstlern der neuesten Zeit sind die Maler Böcklin und E. Stückelberg, der Bildhauer Schlöth und der Kupferstecker Weber die bekanntesten. Für die Pflege der Wissenschaften und Künste, namentlich der Musik, wird viel gethan. Von den wissenschaftlichen Vereinen sind zu nennen die Naturforschende und die Historische Gesellschaft und der Verein für vaterländische Altertümer; von andern die 1777 begründete Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinnützigen, die in edelster und erfolgreichster Weise eine vielseitige Thätigkeit entwickelt, Schulen und Rettungsanstalten, Blinden- und Taubstummenasyle u. s. w. leitet und unterhält.

Wohlthätigkeitsanstalten. Ihre Zahl war von jeher bedeutend: das städtische Spital, das Waisenhaus, die allgemeine Armenpflege und die allgemeine Krankenpflege. Berühmt ist das seit 1816 bestehende Seminar für Missionare, ebenso die Bibelanstalt (seit 1804), die älteste Europas. Beide verdanken ihr Bestehen der werkthätigen, stark pietistisch gefärbten Frömmigkeit der Bürger, die ebenso sprichwörtlich geworden ist wie der Reichtum derselben.

Industrie, Handel. B. ist seit Jahrhunderten eine der wichtigsten Fabrikstädte und die erste Handelsstadt der Schweiz. Die Seidenhandweberei, die seit etwa 200 Jahren im großen und fabrikmäßig betrieben wird, beschäftigt in der Stadt allein 8000 Arbeiter und 1000 Bandstühle und in B. sowie der Umgebung mitsamt den Hilfsindustrien gegen 40000 Menschen. Von andern Industriezweigen sind zu erwähnen die Gerberei, die Papierfabrikation, die Seidenfärberei, die Fabrikation von Anilinfarben, der Maschinenbau, die Tabakverarbeitung, die Bierbrauerei und als besonders berühmt die Fabrikation der unter dem Namen «Baseler Leckerli» bekannten Honigkuchen. Im ganzen ernährt die Industrie 49 Proz. der Bevölkerung. Für den Handel ist die Lage der Stadt an der Grenze von Elsaß, Baden und der Schweiz, am Rhein, der hier schiffbar wird, und an der Vereinigung dreier Thäler sehr günstig. Mehr als die Hälfte der schweiz. Einfuhr geht durch diese «goldene Pforte» der Schweiz. Ebenso wichtig als der Transit- und Speditionshandel sind der Warenhandel namentlich mit Produkten der einheimischen Industrie und der Goldhandel, dem eine Diskonto- und Notenbank, 12 Handelsbanken, eine Hypothekenbank und mehrere Privatbankhäuser dienen. B. ist der größte Wechselplatz der Schweiz.

Verkehrswesen. In B. vereinigen sich die Linien Colmar-Grenze-B. (75,50 km) der Elsaß-Lothr., Müllheim-B.-Säckingen (65,2 km) und B.-Zell (29,43 km) der Bad. Staatsbahnen, letztere durch die Verbindungsbahn (5 km) mit dem linken Reinufer verbunden, sowie B.-Olten-Luzern (95 km) der Schweiz. Centralbahn, Bruck-B. (Bötzbergbahn, 58 km) der Schweiz. Nordostbahn, Biel-Delsberg-B. (89,58 km) der Jura-Simplonbahn, von denen die letztere durch die Linie B.-Delemont-Delle auch den direkten Verkehr mit Frankreich vermittelt und die erste die wichtigste Zufahrtslinie zum St. Gotthard bildet. Die schmalspurige Birsigthalbahn (13 km) vermittelt den Lokalverkehr mit dem Birsigthal. Die früher bedeutende Rheinschiffahrt beschränkt sich nur noch auf die Holzflößerei.

Vgl. Streuber, Die Stadt B. (Basel 1854); Berlepsch, B. und seine Umgebung (2. Aufl., ebd. 1870); R. Hotz, B., eine Schilderung für Einheimische und Fremde (ebd. 1882).

Geschichte. Die Stadt B. erwuchs allmählich aus dem röm. Lagerposten Basilia, (zuerst 374 n. Chr. erwähnt) in der Nähe der röm. Kolonie Augusta Rauracorum, deren Name noch in dem heutigen Dorfe Basel-Augst fortlebt. Nachdem B. seit 406 unter alamann. Herrschaft gestanden hatte, kam es mit Alamannien um 500 unter die Herrschaft der Franken und bei der Teilung des Fränkischen Reichs 843 an Lothar, 870 an Ludwig den Deutschen, 912 an Burgund und mit diesem, erst als Pfand 1006, dann durch Erbvertrag 1033 an das Deutsche Reich. B. wurde früh der Sitz eines Bischofs und eines Reichsvogtes; der Bischof erweiterte seine Macht immer mehr, mußte sich aber seit dem 12. Jahrh, mit mehrern adligen Geschlechtern und der Bürgerschaft in die oberste Gewalt teilen. Unter manchen innern und äußern Wirren ward die Macht des Adels allmählich gebrochen, der Bischof in seinen Rechten beschränkt und damit die Gewalt der Bürgerschaft, die sich zünftisch organisierte, immer mehr ausgedehnt. Zugleich zerstörte oder erkaufte man die umliegenden Burgen, so daß sich die Herrschaft der Stadt über die Landschaft erweiterte. 1431-38 tagte in der Stadt das große Baseler Konzil (s. d.). In zahlreiche Fehden mit den Habsburg. Dynasten verwickelt, schloß sich B. nach Gründung des Schweizerbundes diesem enger an, besonders 1444 nach der Schlacht bei St. Jakob an der Birs. (S. Schweiz.) Endlich trat es nach dem Frieden zwischen Kaiser Maximilian I. und der Eidgenossenschaft dieser 1501 förmlich bei. Schon 1460 war es Universitätsstadt geworden. Als dann 1528 und 1529 besonders durch Ökolampadius die Reformation zum Durchbruch kam, wanderten Domkapitel und Bischof sowie ein Teil der Universitätsprofessoren aus. Die Gewalt lag nun ganz in den Händen der Bürgerschaft und wurde von einem Großen und einem Kleinen Rate unter dem Vorsitze wechselnder Bürgermeister und Oberzunftmeister ausgeübt. Beide Räte ergänzten sich aus den durch das Los bestimmten Genossen der 15 Zünfte der Großen Stadt und der drei Quartiere der Kleinen Stadt. Nach und nach ging das Regiment fast ganz an den kleinen Rat über. Der Landschaft gegenüber war die Stadt souverän und beherrschte diese trotz mehrmaliger Aufstände (1525, 1594, 1598, 1653) bis zum 20. Jan. 1798, wo unter dem Einfluß Frankreichs und des den neuen Ideen ergebenen Oberstzunftmeisters Peter Ochs die Staatsverfassung von Grund aus geändert, das Unterthanenverhältnis des Landes beseitigt und die Rechtsgleichheit aller Bürger anerkannt wurde. Der Kanton nahm hierauf teil an den Schicksalen der Helvetischen Republik und an der Mediation, wurde einer der sechs Vororte und erhielt in dieser Periode eine Verfassung, die das Princip der Rechtsgleich-[^folgende Seite]