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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Bayern (ältere Geschichte)

Kirchenhoheitsrechte des Königs von B. Gekrönte Preisschrift (Münch. 1884); Gümbel, Geologie von B. (2 Tle., Cass. 1884–94); Das Königreich B., seine Denkwürdigkeiten und Schönheiten, hg. von H. von Schmid (3. Ausg., Münch.1885); Seydel, Bayr. Staatsrecht (7 Bde., Freib. i. Br. 1887–94); Vollständiges Ortschaftenverzeichnis des Königreichs B. (bearbeitet vom königl. bayr. Statist. Bureau, Münch. 1888); Geognost. Jahreshefte, hg. von der geognost. Abteilung des königl. bayr. Oberbergamts München (6 Jahrgänge, Cass. 1888–94); Die Landwirtschaft in B., Denkschrift nach amtlichen Quellen bearbeitet (Münch. 1890); Gemeindeverzeichnis für das Königreich B. Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dez. 1890 (ebd. 1892); Geogr.-histor. Handbuch von B. (ebd. 1895). Kartenwerke: Topogr. Atlas von B. (bayr. Generalstabskarte, 1:50000, 112 Blatt, Münch. 1812–91); Südwestdeutschland bis zu den Alpen (1 : 250000, 25 Blatt, seit 1867); Hypsometrische Karte (1:250000, 16 Blatt, noch unvollendet); Oro-hydrographische Übersichtskarte des Königreichs B. rechts des Rheins (1 : 750000, hg.von der königl. Obersten Baubehörde im Staatsministerium des Innern, Münch. 1888); Diöcesankarte des Königreichs B. nebst seiner neuen Gerichts- und Verwaltungseinteilung vom 1. Okt. 1879 in 4 Blättern und 1 Heft statist. Angaben (1 : 400000, bearbeitet von J. L. Algermissen in Köln a. Rh.).

Geschichte. 1) Ältere Geschichte bis zum Übergang der Herzogswürde an die Wittelsbacher 1180. Im J. 15 v. Chr. begannen und vollendeten die beiden Stiefsöhne des Augustus, Tiberius und Drusus, die Unterwerfung der Alpenvölker. Keltische und rhätische Stämme hatten sich in dem Gebiete zwischen Donau und Alpen niedergelassen. Das eroberte Land wurde röm. Provinz, das Volk romanisiert. In den Alpenländern vervollständigten die neuen Verwaltungsbezirke von Rhätien und Noricum die Grenzen des Römischen Reichs gegen Norden. Vindelicien wurde mit Rhätien zu einer Provinz vereinigt. Östlich schloß sich die Provinz Noricum an, die im Norden vom Donaustrom begrenzt wurde. Während sich hier die röm. Herrschaft befestigte, gelangten im Norden des Stroms die german. Völkerstämme zu engern Verbänden und vermochten so den Zersetzungsprozeß des röm. Staatswesens zu beschleunigen. Aus der Defensive traten die Germanen zur Offensive über. Namentlich die schon zu Augustus' Zeiten besser organisierten Markomannen, dann später die Hermunduren und Quaden schienen berufen, den übrigen german. Völkerstämmen einen festern Rückhalt zu gewähren. Doch auch sie wurden von der Flut der Völkerwanderung und namentlich dem Hunnensturm erfaßt, aufgelöst und zersetzt, und aus einem Teile also namenlos gewordener Völkerreste, die nach Verdrängung der Römer durch Alamannen und Thüringer (um 480) sich in die verödeten Gebiete südlich der Donau ergossen, erwuchs das Volk der Bayern.

Die Bayern treten unter Herzögen auf. In der zweiten Hälfte des 6. Jahrh. wird der Agilolfinger Garibald (s. d.), etwa 560–590, als Herzog (König) der Bayern genannt. Obwohl schon damals eine Abhängigkeit von fränk. Hoheit bestanden haben muß, kam B. zu wirklicher Abhängigkeit erst nach dem Sturze des Langobardenreichs in Italien durch Karl d. Gr. Von Agilolfingern werden ferner genannt um 592 Tassilo Ⅰ., um 612 Garibald Ⅱ., der gegen die Slawen und Avaren im Osten B.s kämpfte. Unter Theodo (690–717) erscheinen die Bayern selbständig. In dieser Zeit fand auch das Christentum Eingang in B. Als fränk. Missionare treten namentlich Rupertus, Emmeram und Corbinianus in B. auf. Aus den Trümmern des alten Iuvavum erhob sich durch Rupertus das neue Salzburg. Theodo ernannte seine Söhne Theodebert, Grimoald und Tassilo Ⅱ. zu Mitregenten. Grimoalds Streben nach Alleinherrschaft in B. stand der fränk. Mission im Wege, während die röm. Kirche in dem Agilolfinger einen Rückhalt gegen die Übermacht der Langobarden und der nun mit ihnen verbündeten Franken suchte. 725 fielen Karl Martell und der Langobardenkönig Liutprand über B. her. Drei Jahre später wiederholte Karl seinen Zug gegen B., durch den Grimoald seinen Untergang fand. Unter fränk. Oberhoheit führte Hugbert, ein Sohn Theodeberts, dann seit 737 Oatilo, ein anderer Enkel Theodos, die Herrschaft in B. Unter ihm teilte Bonifacius die bayr. Kirche in die vier Bistümer Salzburg, Passau, Regensburg und Freising, zu denen 743 Eichstätt hinzukam. Zahlreiche Klöster wurden errichtet, und ebenso scheint die Einrichtung der kleinern kirchlichen Bezirke und Pfarreien damals vollzogen worden zu sein. Gegen Karl Martells Söhne, Karlmann und Pippin den Kleinen, strebte Oatilo nach Unabhängigkeit. 743 aber drangen diese über den Lech und brachten den Bayern eine vollständige Niederlage bei. Das Land wurde fränk. Provinz, doch nach Oatilos Unterwerfung unter dessen herzogl. Leitung. Bis zum Tode Oatilos 748 blieb die Ruhe erhalten. Ein Halbbruder Pippins, Grippo, suchte dann die bayr. Herrschaft zu gewinnen. Pippin bezwang ihn, und so folgte im Herzogtum Oatilos unmündiger Sohn, Tassilo Ⅲ., der letzte Agilolfinger. Durch den Sturz seines Schwiegervaters Desiderius verlor er den einzigen Bundesgenossen, der ihm auf die Dauer gegen die Übermacht der Franken wirksamen Beistand hätte leisten können. Für B. ist Tassilos Herrschaft insofern von Bedeutung, als unter ihm die äußere Politik zum erstenmal energisch geführt wurde. 788 wurde Tassilo auf dem Reichstag zu Ingelheim abgesetzt und in ein Kloster gesperrt. Sein Geschlecht erlosch.

Die Karolinger nahmen nun die Politik der Agilolfinger auf, doch wurde B., obgleich es seine Gesetze behielt, nicht mehr als Herzogtum, sondern als Teil des großen Frankenreichs behandelt. Von den ersten Karolingern tritt in B. keiner besonders hervor, jedoch waren die Siege Karls d. Gr. über die Avaren, welche die Kraft dieses Volks brachen, für B. von großer Wichtigkeit. Solange das Reich Karls d. Gr. bestand, trat B. zurück. Mit der Zersetzung des Reichs aber beginnt auch hier wieder ein selbständigeres Leben, so daß unter Ludwig dem Deutschen B. die Führung der ostfränk. Stämme gewann und als das Kernland der ostfränk. Dynastie angesehen werden muß. Mit Energie traten die Ostfranken offensiv gegen Osten auf. Aber in diesem Vordringen gegen Osten ward B. mehrfach durch die Entwicklung des Westens gestört und zuletzt ganz aufgehalten. Zweimal versuchte Ludwig der Deutsche von B. aus auch die Krone des Westreichs wiederzugewinnen. Nach seinem Tode gewann sein Sohn Karlmann (876–880) die Herrschaft in B., nach ihm Ludwig Ⅲ. (880–882), dann Karl der Dicke. Er wurde 887 abgesetzt, und an seine Stelle trat in Ostfranken Arnulf, der natürliche Sohn Karlmanns,