Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

576

Bayern (neuere Geschichte 1864-71)

Jahre wurden die Konferenzen der Nürnberger Kommission, die 1856 auf Anregung des Königs vom Bundestage zur Beratung eines Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs ernannt worden war, geschlossen, und das Handelsgesetzbuch trat in Wirksamkeit. Am 28. Febr. 1863 wurde die Kammer aufgelöst, und der neue Landtag am 15. Juni 1863 einberufen, aber 30. Sept. auf unbestimmte Zeit vertagt. Derselbe billigte mit großer Mehrheit die Haltung des Ministeriums in der Zollfrage, forderte aber vergeblich Abkürzung der Finanzperioden.

Bald nach der Vertagung des Landtags erlangten die schlesw.-holstein. und die deutsche Frage eine neue Gestalt. Die Haltung der Regierung war eine den Herzogtümern entschieden günstige, und von allen Seiten Deutschlands richtete man die Blicke auf B. und seinen König. Allein sein Eintreten für den Augustenburger brachte den Konflikt mit den Großmächten, die nun über den Bundestag hinweg die Leitung der deutschen und dän. Angelegenheit in die Hand nehmen zu wollen erklärten. Der Kampf des Gewissens mit der ihm gegenüberstehenden Übermacht zerstörte den letzten Rest der wankenden Gesundheit des Königs. Er starb mitten in den diplomat. Verhandlungen am 10. März 1864.

7) Unter Ludwig Ⅱ. bis zur Errichtung des Deutschen Reichs. 1864–71. Maximilians Ⅱ. Sohn Ludwig Ⅱ. war bei dem Tode des Vaters 18½ J. alt, somit volljährig. Scharfe Fassungsgabe und rasche Entschlußkraft paarte er mit durchaus selbständigem, idealem Streben, aber den polit. Geschäften war er fremd. Die handelspolit. und die schlesw.-holstein. Verhandlungen wurden immer dringender. Preußen verlangte Entscheidung in der Angelegenheit des Handelsvertrags, den es 1862 mit Frankreich geschlossen. In München zögerte man. Am 2. Mai 1864 fehlten die Gesandten von B., Württemberg, Hessen-Darmstadt und Nassau bei der Wiedereröffnung der Berliner Zollkonferenz. Am 21. Mai ließ B. in Wien wegen eines süddeutschen Zollvereins verhandeln, kam aber zu keinem Resultat. Da befahl König Ludwig dem Minister Schrenck, in Berlin den Beitritt zum Zollverein anzuzeigen. Dies geschah am 28. Sept., drei Tage vor dem letzten Termin. Die Kammern genehmigten die neuen Zollvereinsverträge im April 1865. Am 9. Nov. 1865 erklärte B. die Anerkennung des Königreichs Italien und unterzeichnete schon am 31. Dez. in Berlin den ital. Handelsvertrag zugleich mit sämtlichen Zollvereinsregierungen.

Vergebens hatte B. 1864 den Antrag auf Anerkennung des Prinzen von Augustenburg als Herzog von Holstein beim Bunde gestellt. Österreich und Preußen wollten, da sie den Krieg in Dänemark allein führten, den Einspruch des Bundestags gegen ihre Maßnahmen nicht gelten lassen.

Am 30. März 1865 trat der Landtag wieder zusammen, der bezüglich der Herzogtümer mit der Regierung die gleichen Anschauungen vertrat. Ein Gesetzentwurf für zweijährige Finanzperioden wurde angenommen. Den Kammern gegenüber gab von der Pfordten, als die Ausweisung des Augustenburgers bekannt wurde, die Erklärung ab, daß, wenn das Bundesrecht in Schleswig-Holstein nicht geachtet würde, B. nicht mehr Mitglied des Bundes bleiben könne. Im August kam es in Gastein zwischen Österreich und Preußen zu dem Vertrag betreffs der provisorischen Verwaltung der Herzogtümer. Im Febr. 1866 war es mit der preuß.-österr. Allianz zu Ende. Von der Pfordten war weder für Österreich noch für Preußen; am 8. März 1866 machte er in einer Depesche an Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt und Nassau den Vorschlag, daß, wenn Österreich und Preußen ihre Streitigkeiten mit Umgehung des Bundes ausmachen wollten, die übrigen Staaten sich jeder Teilnahme enthalten müßten; daß aber, wenn der Bund von einem der streitenden Teile angerufen würde, kein Bundesglied zurückbleiben dürfe. Schon am 16. März forderte eine vertrauliche österr. Cirkulardepesche für den Fall, daß Bismarck eine ausweichende Antwort auf die Frage, ob Preußen den Bundesfrieden gewaltsam zu stören beabsichtige, gäbe, die Mobilmachung des ganzen Bundesheers gegen Preußen. Am 24. März fragte Preußen in gleicher Weise an, ob es, im Falle die österr. Rüstungen zum Kriege führten, auf Beistand der Bundesgenossen zählen könne. Dieser Depesche lagen für B. Auseinandersetzungen Bismarcks über die von Preußen beabsichtigte Bundesreform und die damit verbundene Berufung eines deutschen Parlaments bei. Doch von der Pfordten glaubte B.s Interesse zu vertreten, wenn er zwischen beiden Mächten vermittelte. Von der Pfordtens Verbesserungspläne kamen denen Bismarcks sehr nahe: drei Gruppen, nämlich Österreich, Norddeutschland unter preußischem, Süddeutschland unter bayr. Heerbefehle. Nur in der Ausführungsweise widersprachen sich die Pläne beider Staatsmänner: Bismarck wollte Ausschließung Österreichs, B. forderte Verhandlung mit Österreich und demzufolge ebenso Zulassung österr. Abgeordneter zum deutschen Parlament. Am 9. April brachte Preußen seinen Antrag, ein Parlament zu berufen, beim Bundestage ein. Von der Pfordten sorgte dafür, daß er nicht direkt abgewiesen, sondern einem Ausschuß zur Beratung übergeben wurde. Doch schon hatte auch B. seine Rüstungen begonnen; am 9. April verfügte König Ludwig die Mobilmachung. Am 14. Mai nahm von der Pfordten an der Konferenz der mittelstaatlichen Minister in Bamberg teil. Die Stimmung war gegen Preußen. Auch von der Pfordten war durch die Eröffnung Österreichs, die schlesw.-holstein. Sache an den Bundestag zu bringen, nun ganz für Österreich gewonnen. Der Landtag wurde zum 23. Mai einberufen. An demselben Tage wurde der greise Prinz Karl, Bruder Ludwigs Ⅰ., zum Oberbefehlshaber, und General von der Tann zu seinem Generalstabschef ernannt. Der Bundestag stimmte 24. Mai dem zu Bamberg beschlossenen Antrage der Mittelstaaten bei, daß eine allgemeine Abrüstung erfolgen solle. Am 10. Juni ging General von der Tann zu Benedek nach Olmütz, den gemeinsamen Kriegsplan zu beraten, denn schon die Stimmung der Kammern und des Volks gegen Preußen hätte der Regierung jede andere Stellung unmöglich gemacht. Zwar zögerte von der Pfordten immer noch mit einer direkten Erklärung und gestand dem preuß. Gesandten nur, B. könne nicht in einen Bund mit nur einer Stimme der beiden Großmächte eintreten, da dies seiner Mediatisierung gleichkäme, ja wenn Preußen aus dem Bunde austreten wolle, würde B. das gleiche thun. Am 14. Juni fiel in Frankfurt die Entscheidung. Am gleichen Tage, wo in Frankfurt die Mobilmachung des Bundesheers beschlossen worden war, hatte B. mit Österreich den Vertrag von Olmütz geschlossen, laut welchem die bayr. Armee in Verbindung mit den andern süddeutschen Kontingenten unter dem