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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Berlepsch; Berlichingen; Berlin

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Berlepsch (Sittig Eugen Heinr. Gottlob Aug., Freiherr von) - Berlin (Größe)

irgend Handhaben dafür bot, mit Verordnungen über Sonntagsruhe, Kinderarbeit u. s. w. vor und suchte auch persönlich in diesem Sinne auf die Fabrikanten und Großindustriellen zu wirken. Auf seine Anregung wurde der Bergische Verein für Gemeinwohl gegründet, der, nur aus Arbeitgebern bestehend, eine umfassende arbeiterfreundliche Thätigkeit entwickelte. In versöhnendem Sinne wirkte B. auch bei dem großen Bergarbeiterstreik im rhein.-westfäl. Kohlengebiete, der im Mai 1889 ausbrach. Im Okt. 1889 erhielt B. die Berufung zum Oberpräsidenten der Rheinprovinz und, nachdem Fürst Bismarck von der Leitung des Handelsministeriums zurückgetreten war, wurde er 1. Febr. 1890 zum Minister für Handel und Gewerbe ernannt und seinem Ressort auch die Abteilung Berg- und Hüttenwesen überwiesen. Er eröffnete und leitete die 15. bis 29. März tagende internationale Arbeiterschutzkonferenz (s. d.). Bereits in der 6. Mai beginnenden neuen Reichstagssession konnte eine vom preuß. Handelsministerium und Reichsamt des Innern ausgearbeitete Novelle zur Gewerbeordnung (Arbeiterschutzgesetz) vorgelegt werden, die vielfach umgestaltet nach langwierigen Verhandlungen 6. Mai 1891 die Zustimmung des Reichstags fand. 1893 unterbreitete B. der Öffentlichkeit zur Begutachtung einen Entwurf zur Organisation des Handwerks in Fachgenossenschaften und Handwerkerkammern.

Berlepsch, Sittig Eugen Heinr. Gottlob Aug., Freiherr von, Bienenzüchter, geb. 28. Juni 1818 auf dem Gute Seebach bei Langensalza, studierte Theologie in Greifswald und München, übernahm aber noch ziemlich jung das Gut seines Vaters. Hier unterhielt er einen zahlreichen Bienenstand und unterstützte durch Beobachtungen die Ansichten und Erfahrungen Dzierzons, auch veranlaßte er die Professoren von Siebold, Leukart u. a. zu bedeutungsvollen Untersuchungen über das Bienenleben. 1858 siedelte er nach Gotha, später nach München über, wo er 17. Sept. 1877 starb. Sein Hauptwerk ist «Die Biene und ihre Zucht in honigarmen Gegenden» (3. Aufl., Mannh. 1873); mit Vogel gab er heraus: «Die Bienenzucht nach ihrem jetzigen rationellen Standpunkte» (Berl. 1875; 2. Aufl. 1883).

Berlichingen, Dorf im Oberamt Künzelsau des württemb. Jagstkreises, an der Jagst, hat (1890) 1110 E., Post, Telegraph, eine kath. Pfarrkirche (1845), neue eiserne Brücke über die Jagst; Schneidemühle, Mahl- und Ölmühle. Hier stand die Stammburg der Familie B., 3 km entfernt das Kloster Schönthal, jetzt Seminar.

Berlichingen, altes schwäb. Adelsgeschlecht, das noch jetzt in zwei Linien, der zu Jagsthausen und der zu Rossach, blüht, von denen die letztere Götz von B., die erstere dessen Bruder Hans von B. (geb. 1476, gest. 1553) zum Ahnherrn hat. Die Linie Jagsthausen wird gegenwärtig durch Freiherrn Götz Otto Ernst von B., geb. 27. Nov. 1875, vertreten, die Linie Berlichingen-Rossach hat den Freiherrn Reinhard Götz von B. (geb. 17. Nov. 1853) zum Haupt. – Aus dieser Linie wurde Friedrich Wolfgang Götz von B. (geb. 26. Juni 1826, gest. 23. Mai 1887), Abgeordneter des grundherrlichen Adels und zweiter Vicepräsident in der bad. Ersten Kammer, 17. Juli 1859 in den württemb. Grafenstand erhoben. Er verfaßte: «Geschichte des Ritters Götz von B. und seiner Familie» (Lpz. 1861). Sein Sohn Götz Maximilian Erich, Graf von B., geb. 4. Nov. 1857, ist das Haupt dieses gräfl. Zweiges. ^[Spaltenwechsel]

Berlichingen, Götz oder Gottfried von, mit der eisernen Hand, ein rechter Typus des Raubrittertums, war 1480 zu Jagsthausen im Württembergischen auf dem Stammschlosse seines Geschlechts geboren. Seit 1498 in das Kriegsleben eingeführt, diente er anfangs dem Markgrafen Friedrich Ⅳ. von Brandenburg-Ansbach; hierauf trat er im Landshuter Erbfolgekrieg (s. Albrecht Ⅳ. von Bayern) zu Albrechts Partei. In diesem Kampfe verlor er bei der Belagerung von Landshut die rechte Hand, sie wurde künstlich durch eine eiserne ersetzt, die noch in Jagsthausen gezeigt wird. Seither führte er dem Landfrieden zum Trotz zahlreiche Fehden, u. a. mit Nürnberg, Köln, Kurmainz. B. stand 1519 dem Herzog Ulrich von Württemberg gegen den Schwäbischen Bund bei und verteidigte Möckmühl. Wahrscheinlich nicht durch Verrat, sondern bei einem Ausfall gefangen, saß er bis 1522 in Haft zu Heilbronn. Am großen Bauernkriege (s. d.), 1525, nahm er, wie er selbst sagt, gezwungen als Hauptmann der Aufständischen Anteil, entwich indessen, als der entscheidende Zusammenstoß mit dem Heere des Schwäbischen Bundes bevorstand. Vom Kammergericht für schuldlos erklärt, wurde er doch 1528 von Dienern des Schwäbischen Bundes niedergeworfen und, als er seinem Gelöbnis treu sich in Augsburg stellte, dort 2 Jahre in Haft gehalten, worauf er die nächsten 11 Jahre in einer Art von halber Gefangenschaft auf Schloß Hornberg zubringen mußte. Der Kaiser verwendete ihn nach seiner Befreiung 1542 im türk. und 1544 im franz. Feldzuge. B. starb 23. Juli 1562. Seine Selbstbiographie wurde zuerst hg. von Pistorius (Nürnb. 1731; Neudruck von Bieling, Halle 1886), später von Schönhuth (2. Aufl., Heilbr. 1859); sie wurde die Quelle für Goethes «Götz». – Vgl. F. W. Götz Graf von Berlichingen-Rossach, Geschichte des Ritters Götz von B. mit der eisernen Hand (Lpz. 1861).

Berlin (hierzu zwei Karten: Berlin, Stadtplan, und Berlin und Umgegend), Hauptstadt des Königreichs Preußen und des Deutschen Reichs und erste Residenzstadt des Deutschen Kaisers und Königs von Preußen, nach London und Paris die größte Stadt Europas, liegt unter 52° 30' 17" nördl. Br. und 13° 23' 54" östl. L. von Greenwich in einer von niedrigen Anhöhen umsäumten, sandigen Ebene, in 32 m (Spreespiegel) bis 49 m (Teltowerstraße) Höhe an beiden Ufern der hier schiffbaren Spree (18 km von ihrer Mündung in die Havel), die sich in mehrere Arme teilt und die Panke inmitten der Stadt aufnimmt. Die Durchschnittsluftwärme betrug 1890: +9,1° C. (+31,8° Maximum, -17,0° Minimum), die Bodenwärme +9,3° (in der Tiefe von 0,5 m), +10,3° (1 m), +10,3° C. (3 m), der Luftdruck 761,7 mm, die Niederschlagsmenge 486,8 mm, der mittlere Grundwasserstand 31,38 m. ^[Abb: Wappen von Berlin]

Größe. Das Weichbild von 38,08 qkm mußte 1861 auf 59,19 qkm (1,77 Wasserläufe) erweitert werden; die Gemeinden Moabit und Wedding nebst Teilen von Charlottenburg, Schöneberg, Tempelhof und der Hasenheide, wo 1852 erst 6238,