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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Bernsteinkolophonium - Bernsteinschnecke

Lack verarbeitet. An Rohbernstein kaufte 1890 Deutschland etwa für 79300, Österreich für 1300000, Frankreich für 206000, China für 60000, Rußland für 113000, Türkei für 63000, England für 30000, Nordamerika für 63000, Holland für 2000 M. In demselben Jahre waren 1300 Pferdestärken mit einem Verbrauch von 240000 Ctr. Steinkohlen im Betrieb.

Litteratur. Klebs, Die Handelssorten des Bernsteins (Berl. 1883); ders., Gewinnung und Verarbeitung des Bernsteins (Königsb. 1883); Le Panthéon de l'industrie. 9e Année, No. 404 (Par. 1883); Tesdorpf, Gewinnung, Verarbeitung und Handel des Bernsteins in Preußen (in den "Staatswissenschaftlichen Studien", Bd. 1, Heft 6, Jena 1887).

Bernsteinkolophonĭum, durch Erhitzen und Schmelzen veränderter Bernstein. Das B. löst sich im Gegensatz zum ungeschmolzenen Bernstein in Terpentinöl u. dgl. und liefert so für die Firnis- und Lackbereitung vorzügliches Material (s. Bernsteinfirnis). Zur Darstellung wählt man die dunkelsten und geringstwertigen Sorten des Bernsteins, kleine Abfälle von der Verarbeitung u. dgl. Diese werden in einer eisernen mit Helm und weitem Kühlrohre versehenen Destillierblase vorsichtig bis zum Schmelzen erhitzt und dann so lange im geschmolzenen Zustande belassen, bis das anfangs auftretende Aufwallen nachläßt und das Ganze ruhig, ohne mehr Blasen zu werfen, fließt. Es ist hierbei sehr genaue Regulierung der Temperatur erforderlich, da die fertig geschmolzene Masse leicht durch zu starke Wärme verdorben wird. Ist der richtige Grad von Schmelzung erreicht, so läßt man das B. durch ein Abflußrohr in einen eisernen Kasten laufen, in dem es nach dem Erkalten zu einer pechschwarzen, glänzenden, auf dem Bruche muscheligen Masse erstarrt. Während des Schmelzens entweichen reichliche Dämpfe, die sich im Helm und Kühlrohr einesteils zu fester Bernsteinsäure, andernteils zu Bernsteinöl und Wasser verdichten.

Bernsteinküste, die West- und Nordküste des Samlandes, in dem preuß. Reg.-Bez. Königsberg, nördlich der Frischen Nehrung, von Pillau über Brüsterort bis Cranz reichend. Der Auswurf an Bernstein an dieser Küstenstrecke ist überaus reich; in der Gegend von Palmnicken und Nodems wurden in einer Herbstnacht des J. 1862 4000 Pfd. Bernstein gewonnen.

Bernsteinlack, s. Bernsteinfirnis.

Bernsteinöl, ein ätherisches Öl, das man gewinnt, indem man das bei der trocknen Destillation von Bernsteinabfällen entstandene ölige, grünlichblau schimmernde, undurchsichtige Destillat, das empyreumatische B., vom beigemischten Wasser trennt und aus gläsernen Retorten so oft rektifiziert, bis es völlig farblos erscheint. Die Farblosigkeit bewahrt das Öl jedoch nur, wenn es vor der Einwirkung von Luft und Licht auf sorgfältigste Weise bewahrt bleibt; man pflegt daher das Öl unmittelbar nach seiner Bereitung in kleine, ganz davon erfüllte Flaschen zu verteilen, in denen es auch zum Versand kommt, die Aufbewahrung erfolgt an einem dunkeln Orte. Trotzdem ist das Öl im Handel selten farblos zu treffen, meist ist es gelb. Das rektifizierte Öl ist ein Gemenge von isomeren Terpenen von der Zusammensetzung C10H16 ^[C<sub>10</sub>H<sub>16</sub>], die bei der fraktionierten Destillation von 160 bis 260° sieden.

Bernsteinregal, s. Bernstein (S. 840 b).

Bernsteinsäure, Succinylsäure, eine zweibasische organische Säure von der Zusammensetzung C4H6O4 ^[C<sub>4</sub>H<sub>6</sub>O<sub>4</sub>] oder COOH · CH2 · CH2 · COOH ^[COOH · CH<sub>2</sub> · CH<sub>2</sub> · COOH] die schon 1550 von Agricola durch trockne Destillation des Bernsteins erhalten wurde. Sie findet sich in einigen Braunkohlen, Harzen, Terpentinölen, in pflanzlichen und tierischen Säften. Sie bildet sich bei der Oxydation von Fetten mit Salpetersäure, bei der Gärung von apfelsaurem Calcium, von weinsaurem Ammonium und von Zucker. Sie entsteht ferner bei zahlreichen chem. Prozessen auf synthetischem Wege. Zur Darstellung der B. destilliert man Bernstein aus eisernen Retorten, wobei man im Destillate B., Wasser und Bernsteinöl (s. d.) erhält, während sog. Bernsteinkolophonium (s. d.) geschmolzen zurückbleibt. Die rohe Säure ist von beigemengten Ölen und Harzen tiefbraun gefärbt und kann nur durch wiederholtes Umkristallisieren aus heißem Wasser unter Zusatz von Holzkohle und durch Erhitzen der Lösung mit etwas Salpetersäure (zur Zerstörung der Verunreinigungen) vollkommen gereinigt werden. Eine andere Darstellungsweise gründet sich auf die Gärung von apfelsaurem Calcium. (S. Apfelsäure.) Dasselbe wird mit Wasser angerührt, dann mit faulendem Käse als Fermentträger versetzt, worauf man die Mischung 8 - 14 Tage lang an einem warmen Orte, am besten bei einer Temperatur von 20 - 30° stehen läßt. Die Apfelsäure spaltet sich dabei bei normalem Verlauf der Gärung in B., Essigsäure, Kohlensäure und Wasser:

3C4H6O5 = 2C4H6O4 + C2H4O2 + 2CO2 + H2O.

^[3C<sub>4</sub>H<sub>6</sub>O<sub>5</sub> = 2C<sub>4</sub>H<sub>6</sub>O<sub>4</sub> + C<sub>2</sub>H<sub>4</sub>O<sub>2</sub>+ 2CO<sub>2</sub> + H<sub>2</sub>.]

Nach beendigter Gärung hat sich ein körnig krystallinischer Niederschlag, ein Gemenge von bernsteinsaurem und kohlensaurem Calcium gebildet, das mit Schwefelsäure zersetzt wird. Die vom schwer löslichen schwefelsauren Calcium abfiltrierte Flüssigkeit liefert nach dem Verdampfen unreine Krystalle von B., die durch wiederholte Krystallisation gereinigt werden. Die reine B. krystallisiert in großen gut ausgebildeten, farblosen, rhomboidischen Prismen von intensiv saurem Geschmack. Sie ist löslich in 23 Teilen kaltem, in etwa 1 Teil heißem Wasser, leicht in Alkohol, schwierig in Äther, schmilzt bei 180°, siedet bei 235° unter Verbreitung eines erstickend wirkenden Dampfes und geht dabei zugleich in Bernsteinsäureanhydrid über, das durch Kondensation des Dampfes als Sublimat erhalten wird. Mit Basen verbindet sich die B. zu bernsteinsauren Salzen oder Succinaten; da sie eine zweibasische Säure ist, so bestehen zwei Reihen, neutrale und saure Salze; die neutralen Salze der Alkalien und der Magnesia sind löslich und krystallisierbar, die der übrigen Basen fast ausnahmslos unlöslich. Die B. war früher offizinell und findet sich noch in der ersten Ausgabe der Pharmacopoea Germanica von 1872 als Acidum succinicum oder Sal succini volatile aufgenommen, aber nicht mehr in der 2. Ausgabe.

Bernsteinsaure Ammoniakflüssigkeit (Liquor Ammonii succinici, Ammoniacum succinicum solutum, Liquor cornu cervi succinatus), ein erregendes Nervenmittel, das aus 1 Teil Bernsteinsäure, 1 Teil empyreumatischem kohlensaurem Ammoniak und 8 Teilen Wasser besteht. Die B. A. war noch in die erste Ausgabe der Pharmacopoea Germanica (1872) aufgenommen, findet sich aber schon in der 2. Ausgabe (von 1882) nicht mehr.

Bernsteinschnecke (Succinea), Gattung der Lungenschnecken (s. d.) mit ovalen, länglichen, wenig Kalk enthaltenden, durchscheinend bräunlichen Gehäusen, deren Mündung sehr weit, eiförmig und