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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Beust

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Beust (Geschlecht) - Beust (Friedr. Ferd., Graf von)

Linien von Köln nach dem Neckar und von Heilbronn nach Amsterdam gebildet haben, um in dem Dienste der Segelschiffe eine gewisse Regelmäßigkeit der Fahrten zu erzielen und einer angeblich nachteiligen Konkurrenz unter den Schiffseigentümern entgegenzutreten. Unter der Obhut dieser Schiffergilden finden die Reisen der betreffenden Fahrzeuge als Rang-, Reihe- oder Beurtschiffahrt statt, indem die nämliche Flußstrecke von den Schiffen der Vereinigten der Reihe nach befahren wird, und jedes derselben nur eine gewisse Zeit in Ladung liegt, um dann abzusegeln und dem nachfolgenden (dem sog. Buglieger) Platz zu machen. Der einem solchen Vereine angehörige Schiffer wird Beurtmann genannt. Nicht alle derartigen Vereine nennen sich übrigens B. Die Beurtfahrt kommt hier und da auch zur See vor; so z. B. besteht sie für die meisten der zwischen Hamburg (oder Altona) und Norwegen, ferner für die zwischen Amsterdam und Bremen, dann auch für die zwischen Lübeck und Petersburg gehenden Segelschiffe. In Emden besteht eine Schiffergilde, der jeder auf Amsterdam, Hamburg, Bremen, Leer und Halte fahrende Schiffer angehören muß, nach welchen Plätzen wöchentlich eine bestimmte Zahl Schiffe in der Beurt (nach der Reihe) segelt. Diese Vereinigungen verfehlen zwar in der Regel nicht den Zweck, die Konkurrenz unter den Schiffern abzuschwächen, wohl aber den andern, auf den es schließlich doch abgesehen, den Gesellschaften zu angemessenem Verdienst und genügendem Einkommen zu verhelfen. Wenn es den in neuerer Zeit überall auf schiffbaren Strömen und selbst in der Küstenfahrt auftretenden Dampfschleppschiffahrts-Unternehmungen verhältnismäßig da am leichtesten geworden ist, den sog. Kahnschiffern vernichtende Konkurrenz zu machen, wo die letztern sich in B. vereinigt fanden, so liegt der Grund dieser Erscheinung gewiß zum Teil darin, daß in den B. und durch dieselben die einzelnen in eine gewisse Schlaffheit verfielen, sowie darin, daß es den Ladungsinteressenten selbstverständlich nicht zusagen kann, sich immer nur der Schiffer bedienen zu dürfen, die eben im Augenblicke des Bedarfs Buglieger sind. Die Beurtschiffe auf dem Niederrhein sind häufig nur teilweise beladen.

Beust, altes, aus der Altmark stammendes Geschlecht, jetzt in den sächs. Ländern und in Schlesien begütert. - Joachim von B., geb. 19. April 1522 zu Möckern, studierte seit 1539 in Leipzig, erwarb 1548 zu Bologna die jurist. Doktorwürde. Nach der Rückkehr 1550 zum kursächs. Rat ernannt, wurde er 1551 Professor zu Wittenberg, 1580 Konsistorialrat zu Dresden und 1591 Aufseher der Prinzen. 1592 nahm er an der Generalvisitation der sächs. Kirchen und Schulen teil. Er starb 4. Febr. 1597. Von seinen Schriften ist die "Enarratio evangeliorum et epistolarum" oft gedruckt. - Friedrich von B., ein Nachkomme des vorigen, hatte zwei Söhne: Joachim Friedrich von B., geb. 1696, gest. 1771 als dän. Wirkl. Geheimrat und Generalsalineninspektor, der in den Freiherrenstand erhoben wurde, und Karl Leopold von B., der 4. Jan. 1777 die Reichsgrafenwürde erhielt. Diese beiden wurden die Begründer der ältern, freiherrlichen, und der jüngern, gräfl. Linie des Geschlechts. Der Enkelsohn des ersten Freiherrn, Friedrich Karl Leopold von B., starb 20. Dez. 1840 als sächs. Kammerherr und Oberhofgerichtsrat und hinterließ zwei Söhne: Friedr. Konstantin von B. (s. d.) und Friedr. Ferdinand Graf von B. (s. d.), 1868 in den Grafenstand erhoben und dadurch Stifter eines neuen gräfl. Hauses.

Graf Karl Leop. von B., der Stifter der jüngern Linie, hinterließ zwei Söhne. Der ältere, Graf Gottlob von B., starb als herzogl. sachsen-gothaischer Wirkl. Geheimrat und Konsistorialpräsident zu Altenburg 4. April 1796. Er hatte vier Söhne: 1) Graf Heinrich Gottlob von B. (geb. 29. Mai 1777, gest. 13. Febr. 1850 zu Dresden ohne Nachkommen). Seine Gemahlin, Philippine Wilhelmine (geb. 4. April 1786, gest. 16. April 1834), als Schriftstellerin bekannt, veröffentlichte u. a.: "Die Familie Willmore" (Bresl. 1829). 2) Graf Karl Leopold von B., geb. 26. Sept. 1780, gest. 12. Juni 1849 als großherzoglich sachsen-weimar. und herzoglich sächs. Wirkl. Geheimrat und vormaliger Gesandter der sächs. Herzogtümer am Bundestage. 3) Graf Traugott Friedrich von B., auf Serba (geb. 19. Juni 1782, gest. 10. April 1852 als herzoglich sachsen-altenb. Kammerherr und Oberjägermeister), Vater des Grafen Karl Louis von B. (s. d.). 4) Graf Ernst August von B. (geb. 21. Nov. 1783, gest. 5. Febr. 1859), preuß. Oberberghauptmann und Direktor der Abteilung für Bergwesen im preuß. Ministerium.

Beust, Friedr. Ferd., Graf von, Staatsmann, geb. 13. Jan. 1809 zu Dresden, studierte 1826-30 in Göttingen und Leipzig die Staatswissenschaften, erlangte 1831 die Zulassung zum Ministerium des Auswärtigen in Dresden, trat 1832 als Assessor in die Landesdirektion ein und wurde nun gleichzeitig in diesem Kollegium und in dem Auswärtigen Amte beschäftigt. Nachdem er 1834 eine Reise nach der Schweiz, Frankreich, England u. s. w. unternommen hatte, wurde er 1836 zum Legationssekretär in Berlin, 1838 in Paris und 1841 zum Geschäftsträger in München ernannt. Beim Ausbruch der Revolution von 1848 lebte er in London, wo er seit 1846 Ministerresident war, ging aber im Mai als sächs. Gesandter nach Berlin. Nach dem Rücktritt des Ministeriums Braun übernahm er 24. Febr. 1849 unter dem Vorsitz Helds die Verwaltung der auswärtigen Angelegenheiten. (S. Sachsen, Königreich.) Eine der ersten Handlungen des Ministeriums, an der auch B. teilhatte, war die Veröffentlichung der von der Deutschen Nationalversammlung zu Frankfurt beschlossenen Grundrechte des deutschen Volks. Dagegen widerriet B. dem Könige die Anerkennung der Reichsverfassung vom 28. März 1849, wodurch die Sprengung des Ministeriums herbeigeführt wurde. Gegen den darauf in Dresden ausgebrochenen Aufstand rief B. 3. Mai preuß. Hilfe an, die, mit der Aufforderung, die Reichsverfassung nicht anzuerkennen, von Preußen bereits angeboten worden war.

In dem nach Niederwerfung des Aufstandes neu gebildeten Ministerium Zschinsky übernahm B. zu dem Departement des Auswärtigen noch das des Kultus (14. Mai). Am 30. Mai ward der Abschluß des sog. Dreikönigsbündnisses mit Preußen oder der Union durch eine von B. mit unterzeichnete königl. Proklamation verkündigt. Aber schon nach wenigen Monaten trat B. auf Grund eines früher geheimgehaltenen, gleichzeitig von Stüve für Hannover gemachten Vorbehalts, wonach im Fall des Nichtbeitritts des Südens neue Verhandlungen eröffnet werden sollten, thatsächlich von der Union wieder zurück, rief den Gesandten aus dem Verwal-^[folgende Seite]