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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bibalien; Bibamus; Bibân; Bibân el-Meluk; Bib(b)iena,; Bibbiena; Bibe; Bibel

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Bibalien - Bibel (Entstehung des Kanons)

20 km nördlich von Bellinzona, in 296 m Höhe, am Eingang in das Bleniothal, an der Vereinigung des Brenno mit dem Ticino, an der Gotthardstraße und -Bahn, an die sich hier die Lukmanierstraße anschließt, hat (1888) 2088 E., darunter 105 Protestanten. Der Ort besteht aus dem auf der linken Thalflanke gelegenen eigentlichen B. und dem 1/2 km weiter westlich gelegenen Ponte bei der Steinbrücke über den Brenno und hat eine alte roman. Kirche auf einem Hügel (339 m) und eine zu der hochgelegenen St. Petronillakapelle führende Via Crucis, neben der der Bach Froda einen prächtigen Wasserfall bildet. B. ist häufigen Überschwemmungen durch den Brenno und den Ticino ausgesetzt und wurde namentlich 1514, 1745 und 1868 stark verwüstet.

Bibalien (lat.), Trinkgelage, Trinkgelder, Sporteln.

Bibamus (lat.), laßt uns trinken!

Bibân (Plural von Bab, d. h. das Thor), eine Gebirgskette im W. der algier. Provinz Constantine, führt ihren Namen von zwei engen Pässen, durch die der Überlandverkehr zwischen den Provinzen Algier und Constantine vermittelt wird. Die von den Türken auch "Eisernes Thor" genannten Pässe sind tiefe Erosionsthäler, von denen das größere in 438 m Höhe zwischen 700 m hohen steilen Felswänden eingelassen ist. Durch das östliche kleinere Thor führt eine Straße, durch die westliche, ehemals sehr gefürchtete Enge jetzt auch die Eisenbahn von Algier nach Constantine. In ihrer Nähe liegt der 80 qkm umfassende Bibân-Wald, aus Aleppofichten, Oliven und Lentisken bestehend.

Bibân el-Meluk (d. h. Königsthore), Gebirgsthal bei dem ägypt. Theben, etwa 3,5 km im WNW. von Qurnah, mit Felsengräbern der Könige der 19. und 20. Dynastie (u. a. Ramses' II.).

Bibbiena, Stadt im Kreis und in der ital. Provinz Arezzo, auf einem Hügel in 418 m Höhe, an der Linie Arezzo-Pratovecchio-Stia der Venetianischen Baugesellschaft am Arno herrlich gelegen, hat (1881) 2460, als Gemeinde 6136 E., Post, Telegraph und regen Handel. Die Kirche San Lorenzo besitzt zwei große Basreliefs von der Hand der Künstler della Robbia. In der Umgebung Wein-, Oliven- und Maulbeerpflanzungen sowie das Kloster La Verna.

Bib(b)iena, eigentlich Bernardo Dovizio (oder Divizio), ital. Dichter, geb. 4. Aug. 1470 in Bibbiena, ward Privatsekretär des Kardinals Giovanni de' Medici, zu dessen Wahl zum Papste (Leo X., 1513) B. besonders beigetragen haben soll. Jener ernannte ihn zum Schatzmeister und bald zum Kardinal. 1518 ging er als päpstl. Gesandter nach Frankreich und starb bald nach der Rückkehr, 9. Nov. 1520, wie man glaubte, an Gift. Künste und Wissenschaften hat er eifrig gefördert. Seine Komödie "Calandria" (Siena 1521 u. ö.), mit die älteste, gefiel bei der ersten Aufführung am Hofe von Urbino (1513) und dann in Rom sehr. Sie modelt geschickt das Grundmotiv von Plautus' "Menaechmi"; die starke Schlüpfrigkeit liegt im Wesen der Zeit. Neuester Abdruck im "Teatro italiano antico", hg. von Jarro, I (Flor. 1888). - Vgl. Bandini, Il B. ossia il Ministro di Stato (Livorno 1758).

Bibbiena, Künstlerfamilie, s. Bibiena.

Bibe (lat.), trinke!

Bibel (vom griech. ta biblia, d. h. die Bücher, gleichsam das Buch der Bücher, das vornehmste Buch) oder Heilige Schrift, die Sammlung derjenigen heiligen Schriften, die von den Christen als Urkunden ihrer göttlich geoffenbarten Religion angesehen werden. Nach Sprache und Inhalt sind diese Bücher in zwei sehr ungleiche Teile geschieden, in das Alte und das Neue Testament, jenes, soweit es vom Judentum anerkannt wird, in hebr. und aramäischer, dieses in griech. Sprache; doch gehören zum Alten Testament nach der Auffassung des hellenistischen Judentums wie der alten Kirche auch Bücher in griech. Sprache (s. Apokryphen).

1. Entstehung des Kanons. A. Das Alte Testament ist die Sammlung der von den Juden und danach auch von der christl. Kirche als die Urkunden der göttlichen Offenbarung an das alte Bundesvolk Israel heilig gehaltenen Bücher. Nach der jüd. Tradition soll der Kanon des Alten Testaments kurz nach dem Exil durch Esra, mit Hilfe von 120 jüd. Gelehrten, die sich unter ihm in Jerusalem versammelt hatten (die große Synagoge), zusammengestellt worden sein. Aber damals war eine Reihe von Schriften des Kanons noch gar nicht geschrieben, und eine mit solcher Aufgabe betraute Körperschaft hat es in der jüd. Gemeinde nach Ausweis der Geschichte nie gegeben. Vielmehr ist das Alte Testament nur zu begreifen als Kanon des Judentums, d. h. als die Sammlung der vom Judentum als Urkunden der Gottesoffenbarung anerkannten Schriften. Es hat sich also mit dem Judentum gebildet, ist wie dieses ein Erzeugnis der innern Entwicklung des Volks Israel und der jüd. Gemeinde, wie ihrer äußern Geschichte. Von der Litteratur des alten Israel sind nur Trümmer in ihm zu finden, nämlich solche, die für den religiösen Aufbau des Judentums notwendig oder verwendbar waren.

Eigentlich zerfällt der alttestamentliche Kanon in drei Kanones: die Thora oder der Pentateuch, die Propheten (hebr. nebiim) und die Hagiographen (hebr. kethubim). Von diesen hat jeder seine besondere Entstehungsgeschichte. Sie sind nacheinander entstanden; die Grundlage der ganzen Kanonbildung hat die Thora abgegeben. Nur ihre Geltung ruht auf einer öffentlichen, rechtsverbindlichen Beschlußfassung, die beiden andern haben sie durch Anlehnung an die Thora erreicht. Auch noch jetzt cirkulieren sie in der handschriftlichen Überlieferung vielfach einzeln, und erst spät hat der gleichmäßige Gebrauch aller drei als heiliger Schriften dazu geführt, sie zu einem Buche zusammenzufassen. Der jetzige Pentateuch (s. d.) ist aus zwei Gesetzbüchern, dem unter König Josia 621 v. Chr. entstandenen 5. Buch Mose und dem unter Esra (s. d.) um 444 v. Chr. verfaßten Priestercodex unter Einfügung anderer zum Teil weit älterer geschichtlicher und gesetzlicher Stücke entstanden. - Der Prophetenkanon ist niemals durch einen öffentlichen Beschluß als heilige Schrift anerkannt worden, hat diesen Charakter vielmehr durch die Gewöhnung der jüd. Gemeinde erlangt. Er zerfällt in zwei ganz verschiedene Teile, die sog. Vordern Propheten, d. h. die geschichtlichen Bücher Josua, Richter, Samuelis, Könige, und die Hintern Propheten. Diese enthalten die Reste der prophetischen Litteratur. Sie zerfallen wieder in die drei Großen Propheten (Jesaias, Jeremias, Ezechiel) und die zwölf Kleinen Propheten. Daß diese verschiedenartigen Bestandteile in dem zweiten Kanon vereinigt wurden, setzt voraus, daß der Begriff der "Heiligen Schrift" sich schon gebildet hatte. Die Aufnahme der histor. Schriften wird dadurch verständlich, daß sie die Erzählung von Israels Erziehung durch Jahwe da fortsetzen, wo der Penta-^[folgende Seite]