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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Biele; Bielefeld; Bielenstein

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Biele - Bielenstein

wärtig sind an seine Stelle das Certifikat (s. d.) und der Meßbrief (s. d.) getreten.

B. wurde auch diejenige Urkunde genannt, durch welche bei einem über ein Schiff geschlossenen Kaufvertrag zur Sicherung der künftigen Zahlung des Kaufpreises das Schiff von dem neuen Eigentümer dem Verkäufer besonders verpfändet wurde.

Endlich versteht man unter B. die Urkunde, welche über ein Darlehn errichtet wird, welches zum Bau eines Schiffs oder zur Ausrüstung eines solchen unter Verpfändung des Schiffs oder auch nur gegen die Zusicherung, daß das Schiff nicht früher vom Stapel laufen darf, als bis das Darlehn zurückgezahlt sei, dem Eigentümer gegeben wird. Wenn ausgemacht ist, daß im Falle Auslaufens des Schiffs vor der Rückzahlung der Schuldner zu der Rückzahlung nur verpflichtet sein soll, wenn das Schiff wohlbehalten ankommt, liegt ein Fall der uneigentlichen Bodmerei (s. d.) vor. In diesem Falle wird der B. auch Bodmereibrief genannt.

Biele, Nebenfluß der Glatzer Neisse (s. d.).

Bielefeld. 1) Landkreis, ohne die Stadt B., im preuß. Reg.-Bez. Minden, hat 261,47 qkm, (1890) 48 130 (23 825 männl., 24 305 weibl.) E. und 34 Landgemeinden. - 2) Stadtkreis (l2,21 qkm) und Kreisstadt im Landkreis B. im preuß. Reg.-Bez. Minden, in anmutiger Gegend am Nordfuße des Teutoburger Waldes, in 120 m Höhe, an der Linie Löhne-Hamm der Preuß. Staatsbahnen, durch den Bach Lutter in die Altstadt und Neustadt geteilt, hat (1890) 39 950 (19 070 männl., 20 874 weibl.) E., darunter 4599 Katholiken und 681 Israeliten, in Garnison das 2. Bataillon des Infanterieregiments Graf Bülow von Dennewitz Nr. 55; einen Oberbürgermeister, Bürgermeister, 8 Magistratsmitglieder und 36 Stadtverordnete. Unter den 5 (4 evang., 1 kath.) in B. vorhandenen Kirchen besitzt die Neustädter Marienkirche ein schönes Altarbild (14. Jahrh.) und das Grabmal des Grafen Otto III. von Ravensberg und seiner Gemahlin Hedwig, die Altstädter Kirche einen geschnitzten Altar (1508). B. ist Sitz des Landratsamtes für den Landkreis, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Hamm) mit 14 Amtsgerichten (B., Bünde, Gütersloh, Halle, Herford, Lübbecke, Minden, Oeynhausen, Petershagen, Rahden, Rheda, Rietberg, Vlotho, Wiedenbrück) und einer Kammer für Handelssachen, eines Amtsgerichts, Zoll- und Steueramtes, einer Handelskammer, Reichsbankstelle und der Westfälischen Bank. Ferner bestehen ein königl. und städtisches evang. Gymnasium mit einem Realgymnasium, 1558 gegründet, 2 höhere Mädchenschulen, 7 Bürgerschulen, ein städtisches Krankenhaus, Franciscushospital, Augenheilanstalt, Gasanstalt, Schlachthof sowie in der nahen Vorstadt Gadderbaum (s. d.) das Diakonissen-Mutterhaus für die Provinz Westfalen, die Diakonenanstalt Nazareth und die Anstalt Bethel für Epileptische der Provinzen Westfalen und Rheinland (1500 Kranke) mit Kirche, beide umgeben von zahlreichen Häusern und Gehöften für fast sämtliche Zweige der Innern Mission, alle durch freiwillige Gaben erbaut und unterhalten (Leiter: Pastor von Bodelschwingh). Ferner ist B. Sitz des deutschen Vereins "Arbeiterheim" zur Beschaffung eigener Häuser für Fabrikarbeiter. B. ist einer der wichtigsten Plätze Deutschlands für Leinweberei und Flachsspinnerei. Die Leinenindustrie ward im 16. Jahrh. durch Einwanderer aus den Niederlanden begründet, die in und um B. die Fabrikation der Schleier, der sog. klaren Leinwand, und die Flachsspinnerei einführten. Der neue Erwerbszweig blühte besonders seit den Zeiten des Großen Kurfürsten rasch auf. Die Batist- und Damastweberei, worin B. ebenfalls einen vorzüglichen Ruf genießt, kam seit dem Siebenjährigen Kriege in Aufnahme. Gegenwärtig liefert B. besonders feinere Sorten Leinen. Außerdem ist die Fabrikation fertiger Wäsche, in der 160 Firmen arbeiten (zum Teil mit Dampf getriebene Nähmaschinen) und 3500 Personen beschäftigt sind, in schwunghaftem Betrieb. Von hervorragender Bedeutung sind die Ravensberger Spinnerei mit der Filiale in Wolfenbüttel (30 200 Spindeln), die Spinnerei Vorwärts (10850 Spindeln), die beide zusammen für 9 Mill. M. jährlich fertig stellen, und die 1863 begründete mechan. Weberei (950 Stühle und 200 009 Stück Jahresproduktion). Die großartigen Bleichen um B. sind meist nach irländ. und belg. Systeme eingerichtet. In neuerer Zeit wird auch mit bestem Erfolge Seiden-, Sammet-und Plüschweberei betrieben.

Auch die Eisenindustrie (34 Anlagen, über 3000 Arbeiter) ist sehr bedeutend, darunter namentlich die Nähmaschinenfabrikation; endlich noch Fabrikation von Cigarren, Glas, Asphalt, Filzpappe, Cement, Leder und Ziegeln. B. ist Sitz der Leinen-Berufsgenossenschaft und deren 3. Sektion sowie der 8. Sektion der Berufsgenossenschaft der Schornsteinfegermeister des Deutschen Reichs. Ganz nahe bei der Stadt der Sparrenberg mit der nach dem Brande von 1877 wieder aufgebauten alten Feste Sparrenburg, die, 1177 vom Grafen Bernhard von der Lippe erbaut, jetzt der Stadt B. gehört. In derselben befinden sich Festsäle und ein histor. Museum der Grafschaft Ravensberg. Von ihr sowie von dem gegenüberliegenden, mit schönen Anlagen versehenen Johannisberge genießt man eine weite Aussicht. In der Nähe der zur Erinnerung an das Dreikaiserjahr 1888 errichtete Dreikaiserturm. - B. kam um die Mitte des 9. Jahrh. an das Kloster Corvei, erhielt 1250 die ersten Stadtgesetze und trat 1270 der Hansa bei. Die Reformation fand 1541 Eingang; 1609 kam die Stadt mit der Grafschaft Ravensberg an Preußen. - Vgl. Fricke, B. und Umgegend (Bielef.1891); ders., Geschichte der Stadt B. und der Grafschaft Ravensberg (ebd. 1887); ders., B.s Sparrenburg (2. Aufl., ebd. i893).

^[Abb.]

Bielenstein, August, lettischer Sprachforscher, geb. 4. März (20. Febr.) 1826 in Mitau, besuchte das Gymnasium in Schulpforta, studierte in Dorpat Theologie, ward 1852 Pfarrer in Neu-Autz in Kurland und 1867 Pastor der deutschen Gemeinde in Doblén. Sein großes Werk "Die lettische Sprache nach ihren Lauten und Formen" (2 Tle., Berl. 1863-64) ist eine der ausgezeichnetsten Grammatiken innerhalb des Kreises der indogerman. Sprachen. Eine kürzere Fassung der Sprachlehre enthält das "Handbuch der lettischen Sprache. I. Grammatik" (Mitau 1863), und ein kurzer Leitfaden sind "Die Elemente der lettischen Sprache" (ebd. 1866). B. giebt außerdem eine große Sammlung lettischer Volkslieder heraus und veröffentlichte "Tausend lettische Rätsel, übersetzt und erklärt" (Mitau 1881). Die von ihm revidierte lettische Bibel erschien Mitau 1877; unter seiner Leitung erschien Ulmanns "Lettisches Wörterbuch" (Tl. 1: "Lettisch-deutsches Wörter-^[folgende Seite]