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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bilderstreit; Bilderverehrung; Bildgewebe

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Bilderstreit - Bildgewebe

Als Träger der B. wurden bei den Eskimos an der Küste des Eismeers Holz und Elfenbein (Knochen, Walroßzahn), bei den Stämmen des östl. und nördl. Amerika Baumrinde, bei den Prairie-Indianern Tierhäute, bei den kultivierten Stämmen des mittlern Amerika ein Papier aus den Blattfasern der Agave americana L. benutzt. Vielfach auch wurden zubehauene Steinplatten zu Inschriften benutzt. Die Bilder, die eingeritzt oder farbig aufgetragen wurden, sind ausgeführte oder angedeutete Nachbildungen der natürlichen Gegenstände oder Symbole derselben. Die Wahl der Symbole ist innerhalb eines Stammes ziemlich einheitlich und gleichartig. So wurde bei den Lenape (den Delawaren) ein Mensch durch einen kleinen Kreis mit schräg abstehendem Strich - Wiedergabe des Kopfs mit der Skalplocke - bezeichnet, Krieg durch ein schräg gestelltes Kreuz, der Himmel durch einen Halbkreis über einem wagerechten Strich. Die Dakota malen einen Huf, wenn sie ein Pferd oder den Diebstahl eines Pferdes zum Ausdruck bringen wollen. Ein Mann mit aufrecht gehaltener Tabakspfeife bedeutet Aufbruch zu einem Kriegszug. Ein Kreuz oder ein mit parallelen Querstrichen bedeckter Oberarm bezeichnet einen Cheyenne-Indianer, weil diese vor dem Aufbruch zum Kriege, als Opfer für die Gottheit, sich Querschnitte in das Fleisch des Oberarms beizubringen pflegten. Von B., die Mitteilungen persönlicher Art darstellen, ist besonders bekannt geworden die Bittschrift, die eine Abordnung von Odschihwe-Indianern 28. Jan. 1849 beim Bundespräsidenten in Washington einreichte, worin sie ihre Ansprüche auf gewisse Landstriche am Obern See geltend machten. Mitteilungen persönlicher Erlebnisse - meist Aufzählungen der Heldenthaten sind die Malereien, mit welchen die Prairie-Indianer die nichthaarige Seite ihrer Fellmäntel zu verzieren pflegen. Auch verschiedene der Felsinschriften an gewissen hervorragenden Plätzen, Quellen, Flußübergängen, Steinbrüchen, wo die Besucher das Wappentier ihres Geschlechts einzumeißeln pflegen, fallen in diese Kategorie. Von hervorragendem histor. Interesse ist das Walam Olum, "das bemalte Brett", eine Reihe von in einfachen Umrissen gezeichneten (eingeritzten) Bildern, die die Erlebnisse der Lenape, ihre Auswanderung aus einer nördlich gelegenen Heimat, ihre Kriege mit den Falligewi, ihre Niederlassung im östl. Pennsylvanien bis zur Ankunft der Weißen schildern. Rafinesque erhielt diese, mit erklärendem Text in Lenape-Sprache, von einem Herrn Ward in Indiana, wie es scheint, 1812. Näheres ist über den Ursprung und die Aufzeichner dieser Geschichte nicht bekannt. Aber auch unter den Prairie-Indianern hat man in neuerer Zeit Aufzeichnungen fortlaufenden histor. Inhalts aufgefunden, die waniyetu wo'wapi oder "Winter-Zählungen" der Dakota. Sie reichen bis in den Anfang des vorigen Jahrhunderts zurück und bezeichnen jedes Jahr durch ein Ereignis, das dem betreffenden Stamm besonders merkwürdig erschien, und nach welchem infolge feierlichen, am Ende des Winters angenommenen Ratsbeschlusses das Jahr fortan bezeichnet wurde. Die einzelnen die Jahre bezeichnenden Bilder werden in Form einer Spirale, vom Mittelpunkt ausgehend, auf die haarlose Seite eines Fellmantels mit schwarzer und roter oder mehr Farben aufgemalt. Versinnbildlichung von Texten, Liedern und Gesängen sind die "bemalten Bretter" der Odschihwe, von welchen Schoolcraft eine Anzahl publiziert hat. Vgl. Schoolcraft, Historical and statistical Information respecting the History, Condition and Prospects of the Indian Tribes of the United States, Bd. 1 (Philad. 1851): Brinton, The Lenâpé and their Legends (ebd. 1885); Garrick Mallery, Pictographs of the North American Indians ("Fourth Annual Report Bureau of Ethnology", Washingt.1886). - Über die höher entwickelte B. der Kulturvölker Centralamerikas s. Mexikanische Hieroglyphen und Maya-Hieroglyphen. - Die B. (Felsinschriften), die an verschiedenen Punkten Südamerikas, den Südsee-Inseln u. s. w. gefunden worden sind, sind noch wenig erforscht. Eine B. moderner Erfindung ist u. a. der Katechismus in Zeichenschrift, den ein Indianer in Sampaya in Bolivia erfand, und der von J. J. von Tschudi (Reisen durch Südamerika, Bd. 5, Lpz. 1869) abgebildet ist.

Bilderstreit, s. Bilderdienst.

Bilderverehrung, s. Bilderdienst.

Bildgewebe, gemusterte, façonnierte, dessinierte, figurierte Stoffe, diejenige Art von Geweben, in denen durch eigentümliche Verschränkung der Ketten- und Einschlagfäden, mit oder ohne Farbenverschiedenheit, eine Zeichnung (Muster, Dessin, Figur) hergestellt ist; daher ist Bildweberei soviel wie Musterweberei. Die Zeichnung ist entweder in regelmäßiger Anordnung auf der ganzen Fläche wiederholt verwirklicht oder, in Form und Größe dem Gebrauch des Stoffs entsprechend, gleichsam architektonisch innerhalb eines bestimmt abgegrenzten Raums mit Bordüre oder Einfassung, Mittelstück, Eckstücken u. s. w. angeordnet, also nur einmal ausgeführt. Stoffe der letztern Art werden abgepaßte genannt; zu ihnen gehören Tafeltücher, Servietten, Handtücher, Teppiche u. s. w. Der Grund, der öfters einen größern, zuweilen aber auch einen kleinern Teil der Fläche als die Figur einnimmt, ist entweder leinwandartig, gazeartig, atlasartig oder geköpert; das Muster selbst bietet entweder innerhalb seines Umfangs eine geköperte oder atlasartige Fläche dar, oder es besteht überhaupt aus größtenteils freiliegenden Ketten- oder Einschlagfäden, die nur an passend verteilten einzelnen Punkten durch rechtwinklig über sie hinlaufende Einschlag- oder Kettenfäden befestigt sind. Um das Muster möglichst hervortreten zu lassen, wird dasselbe öfters in feinem, glänzendem, lebhaft farbigem, sogar von dem Stoff des Grundes verschiedenem Material hergestellt, namentlich aber wird das Sichtbarwerden der Zeichnung durch das Freiliegen (Flotten) der dieselben bildenden Fäden erreicht. Principiell soll die Fadenverbindung des Musters eine wirkungsvollere, gefälligere als die des Grundes sein, mindestens darf sie dieser in Glanz und Farbe nicht nachstehen; daher kommen wohl geköperte oder atlasartige Muster in Köper- oder Atlasgrund, sowie Atlasmuster in Taffetgrund u. s. w., nicht aber taffet- oder leinwandartige Muster in Köper- oder Atlasgrund u. s. w. vor. In manchen Fällen ist das gemusterte Zeug ohne eigentlichen Grund, indem die Figur mit ihren hinsichtlich der Fadenverbindung voneinander abweichenden Teilen die ganze Fläche ausfüllt; doch werden derartige Muster in der feinern (höhern) Bildweberei nur selten angewendet. - Die Kunst der Bildweberei reicht bis in die älteste Zeit zurück. Ihre Erfindung schreiben die Griechen der Pallas zu, die Juden der Gattin Noahs, die Perser ihrem König Thammraz. Auf ägypt. und assyr. Denkmälern sieht man gewobene Bildwerke dargestellt.