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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Blitzableiter

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Blitzableiter

zeigt. Solche B. schlagen zwischen zwei entgegengesetzt elektrischen Wolken oder auch zwischen einer Wolke und einem Gegenstande der Erdoberfläche über. Viel häufiger sind die B. der zweiten Klasse, die Flächenblitze, deren Licht nicht auf eine schmale gebrochene Linie konzentriert ist. Die Unterscheidung in B. erster und zweiter Klasse ist häufig eine rein zufällige. Ein an und für sich linearer B. kann einem Beobachter als Flächenblitz erscheinen, wenn ihm sein unmittelbarer Anblick durch eine dazwischen liegende Wolke entzogen ist, und er nur die durch den B. hervorgebrachte Erleuchtung der Wolken wahrnehmen kann. Die eigentlichen Flächenblitze haben eine längere Dauer der Lichterscheinung. Danach stehen die B. erster und zweiter Klasse in einer ähnlichen Beziehung zueinander wie Funken- und Büschelentladung. Als B. dritter Klasse bezeichnet Arago die höchst selten vorkommenden Feuerkugeln, die während der Gewitter die Atmosphäre mit so geringer Geschwindigkeit durchlaufen sollen, daß man sie oft mehrere Sekunden lang mit den Augen verfolgen können soll, eine Erscheinung, die jedenfalls mit der Dauer des Lichteindrucks auf der Retina zu erklären sein würde. Ihr plötzliches Verschwinden soll bald mit, bald ohne Detonation erfolgen. Das Wesen dieser Kugelblitze ist noch nicht genügend erforscht. Es ist fraglich, ob sie überhaupt eine elektrische Erscheinung sind.

Die mechan. Wirkungen des Blitzschlags sind sehr heftig. Wenn der B. in ein Zimmer schlägt, so werden oft Möbel umgeworfen und zertrümmert, Metallstücke aus der Wand gerissen und fortgeschleudert. Bäume werden vom B. gespalten und zersplittert, gewöhnlich aber kann man vom Gipfel bis zum Boden eine mehrere Centimeter breite und tiefe Furche verfolgen, während die abgeschälte Rinde und die ausgerissenen Späne weit fortgeschleudert sind. Am Boden des Baums findet man öfters ein Loch, durch das sich die Entladung in den Boden verbreitete. Die physik. Wirkungen des B. bestehen vorzugsweise in einer mehr oder minder bedeutenden Temperaturerhöhung, die eine Verkohlung oder Entzündung leicht brennbarer Gegenstände zur Folge hat. Dünnere Metallstücke, durch die der B. hindurchfährt, werden geschmolzen oder verflüchtigt. Wiederholte Blitzschläge bringen an Felsen sichtbare Spuren von Schmelzung hervor. Das beste Beispiel derartiger Schmelzung sind die Blitzröhren (s. d.). Einen Teil des Sauerstoffs der Atmosphäre verwandelt der B. in Ozon (s. d.), auf dessen Vorhandensein der erfrischende Geruch nach Gewittern zurückzuführen ist. Alle den B. begleitenden Erscheinungen lassen sich durch die Entladungen an Leidener Flaschen oder Induktionsapparaten nachahmen. (S. auch Blitzgefahr.) ^[Spaltenwechsel]

Blitzableiter, eine Vorrichtung, die dazu dient, die zerstörende Wirkung des Blitzschlags (s. Blitz und Blitzgefahr) von Gebäuden, Schiffen u. s. w. abzuwenden, indem ein Teil der in den Gewitterwolken enthaltenen Elektricität allmählich neutralisiert, und so entweder eine plötzliche Entladung verhindert, oder, falls eine solche dennoch stattfindet, dieselbe aufgefangen, in die Erde geleitet und somit unschädlich gemacht wird. Der B., 1752 von Benjamin Franklin (s. d.) erfunden und zuerst zum Schutz der Gebäude angewendet, wirkt durch die mit einer oder mehrern Spitzen versehene Auffangstange, die durch die Ableitung mit dem feuchten Erdreich verbunden ist. Die Wirkungsweise der Vorrichtung besteht in Folgendem: Wenn eine mit Elektricität geladene Wolke über dem Erdboden schwebt, wirkt dieselbe durch Influenz verteilend auf die beiden Elektrizitäten der in ihrer Nähe befindlichen Gegenstände, d. h. sie zieht die ihr ungleichnamige Elektricität an und stößt die gleichnamige ab. Die auf diese Weise frei gewordene gleichnamige Elektricität wird durch die metallische Leitung des B. nach unten geführt und verbreitet sich im Erdboden, während die ungleichnamige sich in der Spitze der Auffangstange, als dem der Wolke am nächsten liegenden Punkt, in solcher Menge ansammelt, daß ein Ausströmen von der Spitze gegen die Wolke hin stattfindet, wodurch ein entsprechender Teil der in letzterer enthaltenen Elektricität aufgehoben wird. Man findet diesen Vorgang häufig fälschlich so dargestellt, als ob die Elektricität der Wolke von den Spitzen des B. aufgesaugt würde, und spricht demgemäß von saugender Wirkung der Spitzen, während in Wirklichkeit an der Spitze des B., ähnlich wie an den hervorragenden Spitzen hoher Bäume, der Berge, Türme, Schornsteine, Schiffsmasten u. s. w., ein Ausströmen der Elektricität, die jener der Wolke ungleichnamig ist, stattfindet. Die allmähliche Entladung der Wolke durch den B. findet nun wohl in den wenigsten Fällen so schnell und vollständig statt, daß sie nicht bei zunehmender Annäherung der Wolke an die Fangspitze in Form eines Blitzschlags eintritt. In diesem Fall wirkt der B. in seiner zweiten Eigenschaft als Ableiter, indem er den überspringenden Blitz auffängt und in die Erde führt. Soll die Vorrichtung diesen ihren Hauptzweck vollkommen erfüllen, so muß die Auffangstange in solcher Höhe über dem Gebäude hervorragen und die Spitze derselben so beschaffen sein, daß der Blitz sicher auf dieselbe und nicht auf andere Teile des Gebäudes überspringt; zweitens muß die Ableitung zur Erde ohne Unterbrechung und so stark sein, daß sie durch den Blitz nicht geschmolzen werden kann; ferner ist es unbedingt notwendig, daß diese Ableitung im feuchten Erdreich endigt und an diesem Punkte in einen hinreichend großen Querschnitt übergeht. Alle bedeutendern

^[Abb. Linienblitz, nach einer Photograpie von P. Liebig.]