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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bosse; Bosseln; Bossenwerk; Bossi; Bossieren; Bossierwachs; Bossuet

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Bosse (Jul. Rob.) - Bossuet

– Vgl. Duplessis, Catalogue de l’œuvre d’Abraham B. (Par. 1859): Valabrègun, Abraham B. (ebd. 1892).

Bosse, Jul. Rob., Staatsmann, geb. 12. Juli 1832 in Quedlinburg, studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Heidelberg, Halle und Berlin und wurde 1858 Gerichtsassessor. Von 1861 bis 1868 war er gräflich Stolberg-Roßlaischer Kammerdirektor und Konsistorialassessor in Roßla, trat 1868 in den preuß. Staatsdienst zurück und wurde Amtshauptmann in Uchte in Hannover, 1870 Konsistorialrat im hannov. Konsistorium, zugleich Justitiar des Provinzialschulkollegiums, und 1872 Oberpräsidialrat in Hannover. 1876 wurde B. als vortragender Rat in das Kultusministerium in Berlin, 1878 in gleicher Stellung in das Staatsministerium berufen und wurde 1881 Direktor, 1889 Unterstaatssekretär im Reichsamt des Innern. Als solcher leitete er die wirtschaftliche Abteilung desselben und war insbesondere bei der Ausarbeitung und parlamentarischen Vertretung der socialpolit. Gesetzgebung beteiligt. Bei der Wiedereinberufung des Staatsrats im Febr. 1890 zur Vorbereitung der Arbeitsschutzgesetzgebung wurde er zum Staatssekretär desselben und im Jan. 1891 zum Staatssekretär des Reichsjustizamts und als solcher zum Vorsitzenden der Kommission für die Bearbeitung des Entwurfs eines Bürgerl. Gesetzbuchs für das Deutsche Reich ernannt. Nach dem Rücktritt des Ministers Grafen Zedlitz-Trützschler übernahm er 23. März 1892 das preuß. Unterrichts- und Kultusministerium. Mit Eifer nahm er sich auch außeramtlich der Interessen des Beamtenstandes an und ist seit 1882 Herausgeber der «Monatsschrift für deutsche Beamte» (Grünberg). In Gemeinschaft mit Woedtke bearbeitete er einen Kommentar zum Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz (2 Tle., Lpz. 1890‒91 u. ö.). Andere Schriften von ihm: «Grundzüge konservativer Politik. In Briefen konservativer Freunde über konservative Partei und Politik in Preußen» (anonym, Berl. 1868), «Die Vorbildung zum höhern Verwaltungsdienst in den Deutschen Staaten, Österreich und Frankreich» («Schriften des Vereins für Socialpolitik», Bd. 34, Lpz. 1887).

Bosseln (bossen), s. Bossieren.

Bossenwerk, Bossage, Rustika, Bäurisch Werk, heißt eine eigentümliche Vearbeitungsart der Bausteine (Quadern), die darin besteht, daß man die Fugen durch Profilierung zur Geltung bringt und die Vorderseite des Steins nur rauh bearbeitet. Das B. dient zur Charakterisierung eines kräftigen Unterbaues oder sonstiger Bauteile, bei denen es auf den Eindruck von Festigkeit ankommt. Die Römer machten vom B. kunstvollen Gebrauch. Von ihnen nahm es die Renaissance auf, namentlich die florentin. Kunst des 15. Jahrh., der Palazzo Strozzi und Pitti können als glänzendste Beispiele einer durchweg in B. ausgeführten Architektur gelten. Später wurde durch reichere Profilierung des B. der einfache Gedanke weiter gebildet, der rauhe Stein durch künstliches Rauhmachen (Bossage vermiculé) oder durch facettierte Flächen ersetzt (Diamantsteine). Man übertrug das B. selbst auf Säulen und Pilaster, endlich, namentlich in der ersten Hälfte unsers Jahrhunderts, auf den Putzbau, indem man das B. in Kalk nachahmte. G. Semper hat dem B. wieder seine richtige Stellung in der Baukunst zurückgegeben (Museum und Hoftheater in Dresden, Polytechnikum in Zürich u. a.). Das B. galt im Altertum und in den spätern Renaissancestilen als Ausdruck des Ländlichen und wurde demgemäß an Gartenbauten, namentlich auch in vielerlei Verzierung beim Bau der Grotten (s. d.) verwendet. Jetzt verbindet man damit den Begriff der Kraft und macht von ihm daher an besonders stark belasteten Bauteilen Gebrauch.

Bossi, Giuseppe, Maler und Kunstschriftsteller, geb. 11. Aug. 1777 zu Busto-Arsizio im Mailändischen, ging 1795 nach Rom, studierte die Meisterwerke, vorzüglich Raffaels, und kehrte 1800 nach Mailand zurück, wo er Sekretär der Kunstakademie wurde. Vom Vicekönig von Italien Eugen Beauharnais mit der Kopie von Leonardos Abendmahl beauftragt, widmete er dem Gemälde das Prachtwerk «Del cenacolo di Leonardo da Vinci» (Mail. 1810). Vortrefflich gelang seine gleichgroße Zeichnung jenes Werkes, weniger das Gemälde, wonach Rafaelli das Mosaik in der Minoritenkirche in Wien ausführte. Er starb 15. Dez. 1815 in Mailand.

Bossi, Luigi, Graf, ital. Archäolog und Geschichtschreiber, geb. 28. Febr. 1758 zu Mailand, studierte in Pavia Rechts- und Naturwissenschaften. Beim Einrücken der Franzosen wurde er Agent der franz. Regierung in Turin und nach der Vereinigung Piemonts mit Frankreich Präfekt der Archive des Königreichs Italien. Er starb zu Mailand 10. April 1835. Unter seinen antiquarischen Schriften sind am berühmtesten «Observations sur le vase que l’on conservait à Gênes sous le nom de Sacro catino» (Tur. 1807). Von den historischen zeichnen sich aus die sehr bereicherte Bearbeitung von Roscoes «Vita di Leone Ⅹ.» (12 Bde., Mail. 1816‒17), «Vita di Christ. Colombo» (ebd. 1818), «Storia d’Italia» (19 Bde., ebd. 1819‒23) und «Storia della Spagna» (8 Bde., ebd. 1821). Außer zahlreichen Abhandlungen schrieb er über 80 größere und kleinere Werke, auch Trauerspiele (Tur. 1805) und einige Lustspiele. Als Kunsthistoriker besaß er mehr Gelehrsamkeit als Geschmack; indessen ist seine «Introduzione allo studio dell’arti del disegno» ein reichhaltiges und geschätztes Buch.

Bossieren (fälschlich auch boussieren oder gar poussieren geschrieben), bossen, bosseln, bedeutet, erhabene Bilder aus weicher Masse (Thon, Gips oder Bossierwachs [s. d.]) formen, um dadurch ein Modell zu einem in Stein, Metall oder dgl. auszuführenden Kunstwerk zu gewinnen. Die Masse baut man zunächst mit den Händen auf dem Bossierstuhl, einem hohen Schemel mit drehbarer Platte, im Groben auf und arbeitet dann die feinern Formen mit Bossiergriffeln (Bossierhölzern, Bossiereisen)aus. – B. heißt auch das Zuhauen von Bruchsteinen zu Pflastersteinen, sowie die Herstellung von Bossenwerk (s. d.). Vgl. auch Bosse.

Bossierwachs, Modellierwachs, Masse zum Bossieren (s. d.), ist für gröbere Arbeiten ein Gemisch aus 3 Teilen Terpentin, 5 Teilen Wachs und etwas Baumöl oder Schweinsfett; um diese Masse undurchsichtig zumachen, setzt man Mennige oder Zinnober hinzu. Für feinere Arbeiten ist folgende Mischung gebräuchlich: 1000 g reines weißes Wachs, 132 g reines Schweineschmalz, 132 g schwarzes Pech, 66 g Zinnober. Die allerfeinsten Arbeiten erfordern ein festeres B. mit geringerm Fettgehalt.

Bossuet (spr. bossüeh), Jacques Bénigne, franz. Theolog, Kanzelredner und Geschichtschreiber, geb. 27. Sept. 1627 zu Dijon, wurde im dortigen Jesuitenkolleg und im Kolleg von Navarra zu Paris gebildet, folgte in der Philosophie Descartes, in der