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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Brand (in der Jägersprache); Brand (medizinisch)

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Brand (in der Jägersprache) – Brand (medizinisch)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Brand (des Getreides)'

besonders aber in den weiblichen Blütenständen des Mais und bewirkt die Bildung von sonderbar gestalteten, oft über faustgroßen Beulen, die ganz mit dem schwarzen Sporenpulver erfüllt sind. Der Schmierbrand, auch Faulbrand, Kornfäule, Steinbrand genannt, wird durch Tilletia caries Tul., (früher auch Uredo caries, Uredo sitophila, Uredo foetida u.s.w. genannt, Fig. 2) und Tilletia laevis Kühn gebildet und befällt, außer einigen andern Gräsern, von den Getreidegräsern einzig den Weizen. Er ist am meisten gefürchtet, weil die Brandsporen im Innern der Weizenkörner eingeschlossen bleiben und an letztern äußerlich nur geringe Veränderungen bewirken, sodaß das Vorhandensein des Brandes auf dem Felde in seinem ganzen Umfange schwer zu erkennen ist, und auch die ganze Masse der Brandsporen mit eingeerntet wird. Die Folgen davon sind einerseits die starke Verunreinigung des Mehls, welches ganz besonders noch dadurch entwertet wird, daß es durch den Gehalt der Sporenmasse an Trimethylamin einen widerlich heringsartigen Geruch annimmt, andererseits die Gefahr einer massenhaften Verbreitung, wenn der brandige Weizen als Saatgut verwendet wird. Über den Schutz gegen diesen Pilz s. Beizen des Getreides. Endlich sei der Roggenstengelbrand (Urocystis occulta Rabenh., Fig. 3) erwähnt, welcher hier und da die Halme des Roggens befällt, unter der Oberhaut des Halms in schwärzlich durchschimmernden parallelen Linien, von einem Halmknoten bis zum andern reichend, auftritt und bald die Ähre unberührt läßt, bald aber auch diese erreicht und zerstört.– Vgl. Kühn, Die Krankheiten der Kulturgewächse (Berl. 1859); Frank, Die Krankheiten der Pflanzen (Bresl. 1880); Sorauer, Handbuch der Pflanzenkrankheiten, Bd. 2 (2. Aufl., Berl. 1886).

Brand (Jägerspr.), bei Schrotflinten die auf die Eigenschaft des Pulvers zurückzuführende Fähigkeit, daß das Wild durch den Schuß mehr oder minder rasch verendet (die Flinte hat keinen B., guten B.). Bei Büchsen verwendet man bisweilen, ebenfalls zur Gewinnung größerer Durchschlagskraft des Geschosses, Naß-Brand-Patronen, d.h. solche, die mit einem besonders hergestellten, verhältnismäßig viel Feuchtigkeit enthaltenden Pulver gefüllt sind. – Auch bezeichnet man mit B. den dunkeln Fleck am Bauche des Brunfthirsches.

Brand (mediz.), Gangrän oder Mortifikation (Gangraena, Necrosis), das absolute Aufhören des Lebens, vorzugsweise der Blut- und Säftecirkulation, der Empfindung und Bewegung, d.h. also den örtlichen Tod eines einzelnen Teils des lebenden Organismus, sowie den darauf folgenden Zustand von Fäulnis oder chem. Zersetzung des abgestorbenen Körperteils. So wie sich die Fäulnis in eine trockne (Vermoderung, Mumifikation) und eine feuchte, mit Zerfließen des faulenden Gegenstandes verbundene (Verwesung) unterscheiden läßt, so bildet auch der brandig absterbende (gangränöse) Teil, je nach den örtlichen Verhältnissen, entweder eine trockne bräunliche oder schwärzliche feste Masse, einen Brandschorf (Gangraena sicca, trockner B., Mumifikation), oder einen nassen, mit Brandjauche, d.h. faulenden Flüssigkeiten vermischten Brei (Gangraena humida, feuchter B.). Beide können sich entweder auf einzelne umschriebene Stellen beschränken, begrenzter B. (Gangraena circumscripta), oder weiter und weiter um sich greifen, diffuser B. Die Grenzlinie zwischen dem ↔ abgestorbenen Gewebe und den noch gesunden Teilen ist gewöhnlich durch einen mehr oder minder breiten, meist lebhaft roten Streifen entzündeten oder in Eiterung begriffenen Gewebes (die sog. Demarkationslinie) gebildet; bisweilen nimmt diese Entzündung einen größern Umfang an und wird dann wohl auch als heißer B. bezeichnet, im Gegensatz zu dem gänzlich abgestorbenen und vernichteten Gewebe (dem kalten B., Sphacelus). Der Ausdruck Nekrose wird meist vorzugsweise für den B. der Knochen und Knorpel gebraucht, während man die brandige Zerstörung von Geschwüren als Phagedäna bezeichnet. Oft werden die abgestorbenen Gewebe zu einer geronnenen Masse (sog. Koagulationsnekrose).

Die eigentliche nächste Ursache des B. ist völlige und dauernde Aufhebung des Blutlaufs in den Haargefäßen einer Stelle und damit des Ernährungsprozesses überhaupt. Daher entsteht er häufig durch bei Erfrierung (sog. Frostbrand), bei Verbrennungen und der Einwirkung ätzender Substanzen, ferner bei hohen Graden von Entzündung (d.h. Haargefäßblutstockung) in einem Teile, oder bei gänzlicher Verstopfung seiner sämtlichen zu- oder hinwegführenden Blutgefäße, z.B. durch Gerinnsel, durch Druck von Geschwülsten und festen Verbänden auf die Gefäße u.s.w., am leichtesten natürlich dann, wenn das Blut ohnedies zur Zersetzung geneigt ist (bei septischer Blutmischung), oder wenn faulig zersetzte Stoffe einwirken (z.B. Milzbrandgift, Pestkontagium). Endlich giebt es auch Fälle, bei welchen die brandige Zerstörung auf den Einfluß der trophischen (der Ernährung dienenden) Nerven zurückzuführen ist, z.B. der bei schlecht ernährten Kindern vorkommende Wasserkrebs, die brandige Zerstörung der Wangen (s. Noma), das sog. Mal perforant du pied, eine eigentümliche Gangrän der Fußsohle, manche bei Rückenmarkslähmungen vorkommende Formen von Decubitus u.a.

Eine eigentümliche Art des trocknen B., der sog. Alters- oder Greisenbrand, (Gangraena senilis), entsteht bei alten Leuten besonders an den untern Gliedmaßen, namentlich an den Zehen, die dadurch wie verbranntes Leder einschrumpfen, und kann sich von da aufsteigend verbreiten. Er hat seinen Ursprung in der Undurchgängigkeit der zuführenden Blutgefäße (Pulsadern), welche bei Greisen oft infolge von atheromatösen oder entzündlichen Vorgängen in den Gefäßhäuten (s. Arterienentzündung) verdickt und verknöchert, auch wohl durch Blutgerinnsel verstopft sind. Wenn sich nun in irgendeiner Stelle des Blutgefäßsystems Gerinnsel bilden, so werden dieselben leicht von dem kreisenden Blute mit fortgerissen und oft in ganz entfernte Pulsadern getrieben, wo sie sich einkeilen, das Gefäß verstopfen, somit die Blutcirkulation in den betreffenden Körperteilen aufheben und mehr oder minder ausgedehnten B. erzeugen können. (S. Embolie.) Auch nach dem reichlichen Genuß von mutterkornhaltigem Roggen entsteht, bisweilen epidemisch, B. der Extremitäten, wahrscheinlich infolge krampfhafter Verengerung der kleinern Arterien (s. Kriebelkrankheit).

Man erkennt das Eintreten des B. daran, daß ein Körperteil, bisweilen unter heftigen Schmerzen, durch und durch dunkelblaurot, später bleigrau oder schwarz wird, auch wohl gelbliche, mit Jauche gefüllte Brandblasen aufschießen, und daß der Kranke sehr bald in dem brandigen, sich eiskalt anfühlenden Teile jedwede Empfindung verliert. Nicht selten

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 412.