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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Brandenburg

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Brandenburg (Stadt)

Urkunde, datiert Ofen 8. Juli 1411, zu "einem rechten obersten und allgemeinen Verweser und Hauptmann" in den brandenb. Landen ein und übertrug ihm alle markgräfl. Gewalt mit Ausnahme der Kur. (Vgl. Riedel, Zehn Jahre aus der Geschichte des Ahnherrn des preuß. Königshauses, Berl. 1851.) Durch Urkunde, datiert Konstanz 30. April 1415, wurde dem Burggrafen auch die brandenb. Kurwürde und das Erzkämmereramt erblich mit dem Vorbehalt der Wiedereinlösung gegen 400000 Goldgulden verliehen, und 18. April 1417 erhielt er auf dem Konzil zu Konstanz die feierliche Belehnung, ohne daß von dem kaiserl. Wiederkaufsrecht weiter die Rede war, worauf er sich als Kurfürst von B. Friedrich I. nannte. Von hier an beginnt die eigentliche Entstehung und Entwicklung des preuß. Staates. (S. Preußen [Königreich], Geschichte.)

Litteratur. Küster, Bibliotheca historica Brandenburgensis (Bresl. 1743), nebst Accessiones (2 Bde., Berl. 1766), und dessen Collectio opusculorum historiam marchicam illustrantium (2 Bde., ebd. 1731-33); Raumer, Codex diplomaticus Brandenburgensis (2 Bde., ebd. 1831 - 33) und dessen Regesta historiae Brandenburgensis (Bd. 1, ebd. 1836); Riedel, Codex diplomaticus Brandenburgensis (41 Bde., ebd. 1838 - 68). Über die älteste Geschichte und Verfassung der Kurmark B., insbesondere der Altmark und Mittelmark (von Raumer; Zerbst 1830); Riedel, Diplomat. Beiträge zur Geschichte der Mark B. (Berl. 1833); Zimmermann, Beitrag zur Geschichte der märkischen Städte (ebd. 1837); Bassewitz' zum Teil anonym erschienene Werke: Die Kurmark B., ihr Zustand und ihre Verwaltung unmittelbar vor dem Ausbruch des Krieges im Okt. 1806 (Lpz. 1847), Die Kurmark B. im Zusammenhang mit den Schicksalen des Gesamtstaates während der Zeit vom 22. Okt. 1806 bis zu Ende des J. 1808 (2 Bde., ebd. 1851 - 52) und Die Kurmark B. im Zusammenhang mit den Schicksalen des Gesamtstaates Preußen während der J. 1809 und 1810 (hg. von Reinhard, ebd. 1860); F. Voigt, Geschichte des brandenb.-preuß. Staates (3. Aufl., Berl. 1878); Scholz, Die Erwerbung der Mark B. durch Karl IV. (Bresl. 1874); Fontane, Wanderungen durch die Mark B. (Bd. 1, 4. Aufl., Berl. 1883; Bd. 2, 3. Aufl. 1880; Bd. 3, 2. Aufl. 1880; Bd. 4, 2. Aufl. 1886; neue wohlfeile Ausg. Berl. 1892). Eine vollständige geogr.-histor.-statist. Beschreibung gab Berghaus im "Landbuch der Mark B." (3 Bde., Brandenb. 1853 - 56). Im "Gemeindelexikon für das Königreich Preußen" wurde als 3. Heft: Stadtkreis Berlin und Provinz B. (Berl. 1888) vom königl. Statistischen Bureau veröffentlicht. Der Verein für die Geschichte der Mark B. giebt die "Märkischen Forschungen" (20 Bde., Berl. 1841 - 87), seit 1888 u. d. T. "Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte", Bd. 1 - 5 (Lpz. 1888 - 92), heraus.

Brandenburg an der Havel, das alte Brennaburg oder Brendanburg, später verderbt Brennaborch oder Brennabor, Stadt und Stadtkreis (78,11 qkm) im preuß. Reg.-Bez. Potsdam, in 35 m Höhe, an der Linie Berlin-Magdeburg der Preuß. Staatsbahnen, wird durch die Havel, die 4 km unterhalb den Plaueschen See bildet, in die Alt- und Neustadt geteilt; einen dritten Teil bildet der sog. Dom oder Burg B. auf einer Insel des Flusses. Alt- und Neustadt waren früher getrennte Städte, wurden aber 1715 unter einen Magistrat vereinigt. Unmittelbar neben der Altstadt erhebt sich, etwa 63 m über der Havel, der Marien- oder Harlungerberg, auf dessen Gipfel einst ein heidn. Tempel des Triglaff, später die berühmte Marienkirche mit dem zugehörigen Kloster stand und seit 1880 ein 30 m hohes Denkmal für die in den Kriegen 1864, 1866 und 1870/71 gefallenen Kurmärker sich erhebt. Die Stadt ist Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Potsdam), einer Strafanstalt, zweier Superintendenturen, eines Hauptsteueramtes, eines Katasteramtes, der Kommandos der 6. Division, der 11. und 12. Infanterie- und der 6. Kavalleriebrigade, sowie einer Reichsbanknebenstelle und hat (1890) 37817 (19863 männl., 17954 weibl.) E., darunter 1978 Katholiken, 288 andere Christen und 243 Israeliten, in Garnison (3202 Mann) das 35. Füsilierregiment Prinz Heinrich von Preußen, das 6. Kürassierregiment Kaiser Nikolaus I. von Rußland und die 2. und reitende Abteilung des 3. Feldartillerieregiments General-Feldzeugmeister; 2407 Wohnhäuser, 8654 Haushaltungen und 36 Anstalten, ferner einen Oberbürgermeister, Bürgermeister, 16 Magistratskollegiumsmitglieder, 45 Stadtverordnete; Post erster Klasse mit zwei Zweigstellen, Telegraph, Fernsprecheinrichtung; eine königl. Ritterakademie, 1705 eröffnet (Direktor Dr. Heine, 11 Lehrer, 7 Klassen, 99 Schüler), ein städtisches und königl. Gymnasium, 1797 eröffnet (Direktor Dr. Rasmus, 12 Lehrer, 8 Klassen, 141 Schüler), ein städtisches von Saldernsches Realgymnasium, 1589 gegründet (Direktor Dr. Hochheim, 20 Lehrer, 11 Klassen, 290 Schüler, 3 Vorklassen, 96 Schüler), je eine städtische und private höhere Mädchenschule, ein städtisches Krankenhaus; Gasbeleuchtung. Unter den Gebäuden sind bemerkenswert die Katharinenkirche in der Neustadt, ein got. Backsteinhallenbau, Langhaus 1381 - 1401, Chor um 1410, Turm der Westseite 1583 - 85 erbaut, mit einer Fronleichnamskapelle an der Nordseite, einem Holzschnitzaltar (1410), einem ehernen Taufbecken (1440) und mehrern Denkmälern; die frühgot. Petrikirche (14. Jahrh.); die Domkirche, ursprünglich roman. Pfeilerbasilika, um 1170 erbaut, mit einer vor 1235 vollendeten Krypta im Übergangsstil, im 14. Jahrh. in einen got. Gewölbebau umgewandelt, 1834 von Schinkel neu eingerichtet, mit gutem Altarbild (1465) auf Goldgrund, an den Wänden aufgestellten Grabsteinen, u. a. dem des Bischofs Theodorich von Schulenburg (gest. 1393), Altarleuchtern (Engelsstatuen) von 1441 und einer großen Sammlung mittelalterlicher Meßgewänder; die Gothardskirche, halb romanisch um 1160 erbaut, halb gotisch von 1348; die nicht mehr benutzte roman. Nikolaikirche (12. und 13. Jahrh.); ferner das ehemalige Altstadt-Rathaus (13. und 14. Jahrh.), in dem sich jetzt das Bezirkskommando befindet, das neue Realgymnasium, das Rathaus in der Neustadt, davor eine Rolandssäule (5,6 m hoch). Die Industrie erstreckt sich auf die Fabrikation von Woll-und Seidenwaren, Öl, Goldleisten, Tuch, Korbwaren, Stärkezucker, Leder und Sirup; ferner bestehen Loh- und Weißgerbereien, Schneide-, Mahl- und Ölmühlen. Die Schiffahrt und die Fischerei in der Havel und dem nahe gelegenen Plauer- und Beetzsee sind beträchtlich; auch der Gartenbau steht auf hoher Stufe.

Geschichtliches. Die Burg Brennaburg wurde im Winter 927 auf 928 von König Heinrich I.

^[Abb: Wappen von Brandenburg]