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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Braunschweig (Herzogtum; Verkehrswesen. Verfassung und Verwaltung)

einem Grundkapital von 3½ Mill. Thlrn., kann bis 4½ Mill. Thlr. Banknoten ausgeben und muß behufs deren Einlösung stets für 3½ Mill. Thlr. umlaufende Noten den vierten Teil, darüber hinaus aber den dritten Teil des umlaufenden Mehrbetrags bar vorrätig halten. Nach dem Reichsbankgesetze vom 14. März 1875 beläuft sich die Summe der ungedeckten Noten der Bank, welche ohne Besteuerung in Umlauf gesetzt werden kann, auf 2 829 000 M. Da sich die Bank dem Reichsbankgesetz nicht unterworfen hat, dürfen ihre Noten nur in B. cirkulieren. Seit 1862 besteht im Herzogtum als Hypothekenbank für ländlichen Grundbesitz ein Ritterschaftlicher Kreditverein mit der Befugnis der Aufnahme von Anlehen gegen Schuldverschreibungen.

Verkehrswesen. Das Land besitzt ein vorzügliches Straßennetz in einer Gesamtlänge von 3114 km (worunter 752 km Staatsstraßen). (Über Eisenbahnen s. Braunschweigische Eisenbahnen und Deutsche Eisenbahnen.) Die Privateisenbahnen unterstehen der Oberaufsicht des herzogl. Eisenbahnkommissariats in B. In postalischer Beziehung bildet das Herzogtum (mit Ausnahme des zu dem Oberpostdirektionsbezirk Bremen gehörigen Amtsgerichtsbezirks Thedinghausen) einen Teil des Bezirks der Kaiserl. Oberpostdirektion B. Letzterer umfaßt einschließlich der damit verbundenen preuß. Gebietsteile eine Gesamtfläche von 7449 qkm mit 730 000 E. Im Herzogtum waren Ende 1892: 125 Post- und Telegraphenanstalten und 341 Posthilfsstellen vorhanden; befördert wurden 44 020 094 Briefe, 2 103 794 Pakete, 223 849 aufgegebene und 224 315 eingegangene Telegramme. An Porto- und Telegrammgebühren wurden 2 278 756 M. vereinnahmt; die Summe der ein- und ausgezahlten Postanweisungen belief sich auf 98 346 963 M. An Stadt-Fernsprecheinrichtungen bestanden in B. 536, in Wolfenbüttel 37, in Schöningen 24, in Helmstedt 14 und in Blankenburg 17. Die Zahl der (1892) ausgeführten Verbindungen betrug in B. 2 740 161, Blankenburg 27 364, Heimstest 7250, Wolfenbüttel 48 114 und in Schöningen 20 639.

Verfassung und Verwaltung. Die Verfassung des Staates ist nach der Umwälzung des J. 1830 im konstitutionell-monarchischen Sinne gestaltet und durch das Landesgrundgesetz oder die "Neue Landschaftsordnung" vom 12. Okt. 1832, welche später durch die Gesetze vom 22. Nov. 1851 und vom 26. März 1888 mehrere Änderungen erfahren hat, näher bestimmt. Der Landesversammlung, welche die Gesamtheit der Landesbewohner vertritt, steht das Steuerbewilligungsrecht, die Mitaufsicht über das vom Privatgute des Herzogs geschiedene Kammergut, aus dessen Einkünften dem Landesfürsten eine bestimmte Jahressumme (1 125 322 M.) ausgesetzt ist, und das Recht der Beratung und Zustimmung zu allen Landesgesetzen zu. Sie muß von der Landesregierung regelmäßig alle 2 Jahre berufen werden, kann sich aber auch in gewissen Fällen ohne landesherrliche Anordnung versammeln und ist stets durch einen aus sieben Mitgliedern bestehenden Ausschuß vertreten. Der Landtag besteht seit 1851 aus 46 Abgeordneten, von denen 10 die Stadt-, 12 die Landgemeinden, 21 die Höchstbesteuerten der Hausbesitzer und der Gewerbetreibenden und 3 die evang.-luth. Geistlichkeit entsendet. Die Wahlperioden haben eine Dauer von 4 Jahren. Die höchste Verwaltungsbehörde bildet das Staatsministerium, dem eine in 5 Sektionen gegliederte Ministerialkommission beratend zur Seite steht. Die obere Leitung des Landesfinanzwesens und die Führung der allgemeinen Finanzkontrolle wird durch das Finanzkollegium ausgeübt, während der Kammer mit den drei Direktionen der Domänen, der Forsten und der Bergwerke die Verwaltung des gesamten Kammer- und Klostergutes obliegt; das öffentliche Bauwesen untersteht der Baudirektion. Die Verwaltung der direkten Steuern führt das Steuer-Kollegium, die der indirekten Abgaben u.s.w. die Zoll- und Steuerdirektion. An direkten Steuern werden Grund-, Gewerbe- und Personalsteuern erhoben. - Das Herzogtum zerfällt (1891) in folgende 6 Kreise:

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Kreise qkm Wohnhäuser Haushaltungen Einwohner pro qkm

Braunschweig 543,08 11 535 31 699 141 632 260

Wolfenbüttel 734,57 8 859 16 834 75 168 102

Helmstedt 797,81 7 475 14 680 65 501 82

Gandersheim 548,15 5 699 10 163 45 021 82

Holzminden 573,87 5 719 9 839 47 095 82

Blankenburg 474,70 3 782 6 921 29 356 61

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Herzogtum 3672,18 43 069 90 136 403 773 111,5

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An ihrer Spitze stehen Kreisdirektoren als Verwaltungs- und Polizeibehörden. Die Kreise zerfallen in Amtsgerichtsbezirke.

Ortspolizeibehörden sind in den Städten die Magistrate (in der Hauptstadt B. die Polizeidirektion), in den Landgemeinden die Gemeindevorsteher. Durch die Kreisordnung vom 5. Juni 1871 ist das Land zu Zwecken der Selbstverwaltung in acht mit Korporationsrechten versehene Kreiskommunalverbände eingeteilt, welchen insgesamt 15 Mill. M. Dotationsgelder durch den Staat überwiesen sind. Für das Herzogtum bestehen ein Oberlandesgericht in B. und, nachdem 1890 das zu Holzminden aufgehoben wurde, ein Landgericht in B. und 24 Amtsgerichte. Im Bundesrate führt B. zwei Stimmen. B. zerfällt in drei Reichstagswahlkreise: Braunschweig-Blankenburg (Abgeordneter Blos, Socialdemokrat), Helmstedt-Wolfenbüttel (Schwerdtfeger, Hospitant bei den Nationalliberalen) und Holzminden-Gandersheim (Krüger, nationalliberal).

Landeskirche ist die evangelisch-lutherische. Dieselbe enthält (1891) 228 Pfarrbezirke mit 331 Kirchen, 70 Kapellen und 26 Betsälen. Die Zahl der Geistlichen beträgt 256. Die Kirchengewalt steht dem Landesfürsten zu und wird unter Beirat und Mitwirkung des Konsistoriums zu Wolfenbüttel sowie der durch Gesetz vom 31. Mai 1871 errichteten Landessynode ausgeübt. Letztere besteht aus 14 geistlichen und 18 weltlichen Abgeordneten, von denen je 2 der Landesherr als Summus episcopus ernennt. Die Landessynode tritt jedes vierte Jahr zu ordentlicher Versammlung zusammen und ist ständig durch einen aus 5 Mitgliedern bestehenden Synodalausschuß vertreten. Neben der luth. Kirche ist nur eine reform. Gemeinde in B. Die Katholiken gehören zum Sprengel des Bischofs von Hildesheim. Für den israel. Kultus besteht ein Landesrabbinat zu B.

An Orden und Ehrenzeichen hat B. den Orden Heinrichs des Löwen mit fünf Klassen und das Verdienstkreuz mit zwei Klassen, mehrere militär. Dienstauszeichnungen und eine Rettungsmedaille.

Das Wappen des Herzogs zeigt in vertikal geteiltem Schilde rechts übereinander zwei schreitende goldene Leoparden in rotem Felde, links einen blauen Löwen in goldenem mit roten Herzen besäten Felde. Als Landeswappen wird ein springendes weißes Pferd in rotem Felde geführt. Auf dem um