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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Britisches Museum

durch Vermächtnis die Bibliothek C. M. Cracherodes hinzu, 1815 wurden die Büchersammlungen des Barons Moll in München und Burneys des Ältern, 1816 die Ginguenés und Burneys des Jüngern angekauft. Weitaus die wichtigste Vermehrung erhielt das Museum 1823 durch die 65 000 Bände zählende Bibliothek Georgs III., die er während seiner 60jährigen Regierung mit einem jährlichen Aufwande von ungefähr 2000 Pfd. St. gesammelt hatte. Seitdem kamen hinzu 1827 durch Vermächtnis die Bibliotheken von Sir Joseph Banks, bestehend aus 16 000 Bänden meist naturgeschichtlicher Werke, und 1847 die von Thomas Grenville, 20 000 Bände stark und besonders reich an älterer span. und ital. Litteratur sowie an ältern Reisewerken. Einen ganz andern Charakter gewann die Bibliothek des Museums, seit sie, von 1838 an, durch großartige Ankäufe planmäßig ergänzt und erweitert wurde. Während sie früher in einzelnen Litteraturgebieten ebenso arm wie in andern reich war, zeigte sie von nun an immer mehr ein durchaus allseitiges Gepräge. Von amerikanischen in engl. Sprache gedruckten Büchern besitzt die Bibliothek des Museums mehr als selbst die größten Bibliotheken der Vereinigten Staaten, und auch die in Australien erschienenen Drucke sind mit ziemlicher Vollständigkeit vertreten, sowie viele deutsche Unica und Seltenheiten. Schon seit ihrer Gründung erhielt die Anstalt das Recht, von jedem Buche, das auf den brit. Inseln zur Veröffentlichung gelangt, die Einsendung eines Freiexemplars zu verlangen; aber dieses Recht wurde bis 1818 sehr nachlässig, bis 1850 wenigstens nicht streng geübt. Dennoch besitzt das B. M. in Bezug auf engl. Litteratur die vollständigste Sammlung.

Die ältern Teile der Bibliothek sind in einer Reihe von 12 Sälen aufgestellt, von denen 4 die durch Geschenke an das Museum gekommenen Sammlungen (von Cracherode, Banks, Grenville und Georg II.) umfassen. Die Bibliothek Georgs III. erfüllt eine imposante Galerie von 92 m Länge und 12 m Weite. Hier und im Grenville-Saal ist eine reiche Auswahl bibliogr. Seltenheiten ausgelegt. Zwei besondere Säle umfassen die hebr. Bibliothek von 9000 und die chines. Bibliothek von fast 20 000 Bänden. Alle neuern Erwerbungen seit 1848 sind in den neuen, auf 800 000 Bände eingerichteten Räumen untergebracht, welche die Lesehalle umgeben. Die Lesehalle selbst, der Kern des ganzen Gebäudes, bildet einen durch 20 große Fenster und nach Eintritt der Dunkelheit elektrisch erleuchteten, sowie mit Luftheizung versehenen, vortrefflich gelüfteten und reich ausgestatteten Rundsaal mit mächtiger Glas- und Eisenkuppel von 43 m Durchmesser und 32 m Höhe, der 70 000 Bände enthält und alle Einrichtungen, Hilfsmittel und Bequemlichkeiten für mehr als 300 Leser bietet. Dieser Bau kostete 150 000 Pfd. St. Der Zutritt ist mit einer vom Oberbibliothekar ausgestellten Karte gestattet, die gegen schriftliche Eingabe verabfolgt wird. Die Leser können eine Sammlung von ungefähr 20 000 Hand- und Nachschlagebüchern, die in der Halle selbst aufgestellt ist, nach Belieben benutzen (vgl. List of the books of reference in the reading room of the British Museum, 3. Aufl., Lond. 1889; Catalogue of books placed in the British Museum, ebd. 1886). Der alphabetische Hauptkatalog des Museums (in etwa 2000 Bänden) ist zur freien Benutzung im Mittelpunkte des Leseraums aufgestellt. Kein Buch oder Manuskript darf vom Leser mit nach Hause genommen werden. Seit 1882 (s. Garnett, R.) ist man damit beschäftigt, einzelne Abteilungen dieses Katalogs drucken zu lassen ("British Museum Catalogue of printed books", Lond. 1882 fg.). Während der Hauptkatalog im allgemeinen nur die Verfasser alphabetisch aufzählt, macht eine Anzahl von Specialkatalogen (subject catalogoues) mit den in jedem Fach erschienenen Hauptwerken bekannt. Der neueste ist der von Fortescue 1891 herausgegebene "Subject index of the modern works added to the library of the B. M. in the years 1885-90".

In derselben Weise wie die Bücher werden die Handschriften, mit Ausnahme einiger weniger ganz besonders wertvoller, an die Besucher der Lesehalle in einem eigens dafür hergerichteten Raume verabfolgt. Der Manuskriptenschatz des Museums ist aus 9 verschiedenen Privatsammlungen und den durch Ankauf (besonders seit 1827) erworbenen Handschriften zusammengesetzt. Die erstern umfassen die Sloanesche Sammlung von 4000 Bänden, die unschätzbare Cottonsche von 900, die Harleysche von 7639, die alte königl. Sammlung (Georgs II.) von 1950, die neue königl. Sammlung (Georgs IV.) von 438 Bänden, endlich die Sammlungen von Lansdowne, Hargrave, Burney und Arundel, zusammen mit 2818 Bänden. Hierzu kommen noch die Egerton-Sammlung (durch Ankauf seit 1829 aus dem Egerton-Fund entstanden), die 1873 bereits 2510 Bände zählte, und die allmählich hinzugekommenen "Additional manuscripts", deren Zahl 1873 27 900 betrug und seitdem durch neue Ankäufe beständig vermehrt wurde. Außerdem besitzt die Anstalt noch eine Sammlung von 33 000 Urkunden und Dokumenten. Besonders reich ist das Museum an Handschriften für die Geschichte Englands und die ältere engl. und franz. Litteratur; doch giebt es kein Gebiet der Geschichte oder Litteratur, das nicht durch einzelne wertvolle handschriftliche Werke vertreten wäre. Unter den 6-7000 orient. Handschriften finden sich mehr als 1000 Bände arabische und etwa ebensoviel persische; die aus den Klöstern an den Natronseen stammende syr. Sammlung umfaßt in 620 Bänden mehr als 1200 verschiedene Schriften. Nach der abessin. Expedition von 1867 wurde eine beträchtliche Anzahl äthiopischer in Magdala gefundener Handschriften hinzugefügt. Das Juwel des ganzen Handschriftenschatzes ist der berühmte, aus dem 5. Jahrh. stammende Codex Alexandrinus der Heiligen Schrift, der Karl I. vom Patriarchen von Konstantinopel geschenkt ward. Von kleinern ist die Handschrift von Aristoteles' Schrift über Athens Verfassung (1891 entdeckt) zu nennen.

Die Antiquitätensammlung zerfiel bis vor kurzem in drei große Abteilungen: in die ägyptisch-assyrische, die griechisch-römische oder klassische und die Abteilung für brit. und mittelalterliche Altertümer und für Ethnographie. 1879-80 wurden diese vermehrt durch die vorher in dem India-Museum aufbewahrte merkwürdige Sammlung ind. Antiquitäten.

Die Ägyptische Sammlung, die eine Galerie von 92 m Länge und mehrere kleinere Räume erfüllt, besteht aus Denkmälern, die 1801 durch die Kapitulation von Alexandria von der franz. Armee überlassen wurde, aus Ankäufen aus den Sammlungen von Athanasi, Salt und Sams und aus Geschenken des verstorbenen Herzogs von Northumberland u. a. Sie