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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Brüssow; Brust

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Brüssow - Brust

Innern wußte sich diese mehrere Jahre lang unabhängig zu erhalten, bis sie endlich nach Oraniens Ermordung mit Alexander Farnese von Parma, Don Juans Nachfolger, kapitulierte (10. März 1585). Die Geistlichen, besonders die Jesuiten, boten hierauf alles auf, um den Protestantismus, der inzwischen tiefe Wurzeln geschlagen hatte, wieder auszurotten. Isabellas, der Tochter Philipps und Gemahlin Erzherzog Alberts, Regierung, der die treu gebliebenen südl. Provinzen übergeben wurden, forderte die Wiederherstellung geordneterer Verhältnisse, obgleich sie eine Unzahl Mönchsorden hervorrief und einem unwürdigen Bestechungssystem nicht zu steuern vermochte. Viel litt die Stadt in den Kriegen Spaniens mit Ludwig XIV. (Beschießung 1695 unter Villeroy) und Österreichs mit Ludwig XV. (Belagerung und Einnahme 1746 unter dem Marschall von Sachsen), noch mehr aber durch den beständigen Gegensatz zu dem österr. Regierungssystem (Enthauptung des Zunftsyndikus Aneessens 1719), bis endlich nach dem Aachener Frieden Maria Theresias milderes Regiment eintrat. B. erhielt in diesem Zeitraume viele wichtige Anstalten und Bauten und segnet das Andenken des Generalgouverneurs Karl von Lothringen, dem man noch 1848 ein Denkmal errichtete. Mit Joseph Ⅱ. trat wieder eine schwere Zeit, bekannt unter dem Namen Brabanter Revolution (1789), ein. Kaum war nach kurzer Unabhängigkeit (1790) die österr. Herrschaft wieder eingesetzt, so fiel infolge der Schlacht von Jemappes Belgien den Franzosen anheim, und Dumouriez hielt 1792 (14. Nov.) seinen Einzug in B., das den Österreichern seit Beginn des Krieges als Hauptsammelplatz und den franz. Emigranten als Zufluchtsort gedient hatte. Der Sieg der Österreicher bei Neerwinden (März 1793) vertrieb die Franzosen aus der Stadt, und des Kaisers Franz Bruder, Erzherzog Karl, bezog aufs neue den Palast der Generalstatthalterschaft. Selbst Kaiser Franz Ⅱ. erschien 9. April 1794 und beschwor feierlich die sog. Joyeuse Entrée oder Brabanter Verfassung. Einige Monate später brachte jedoch der Sieg Jourdans bei Fleurus aufs neue die Franzosen nach B. (10. Juli 1794), das zur Hauptstadt des Dyle-Departements herabsank und auch unter Napoleons Schutz, der es mehrmals besuchte, nicht wieder den alten Glanz zu erreichen vermochte. Durch die Verbündeten im Febr. 1814 von franz. Herrschaft befreit, ward es 1815 (21. Sept.) mit ganz Belgien dem neugeschaffenen Königreich der Niederlande einverleibt. Abwechselnd mit dem Haag war B. nunmehr Sitz der Generalstaaten und des königl. Hoflagers. Trotz des bedeutenden Aufschwungs, den die materielle Wohlfahrt der Stadt nahm, brach doch nach der Französischen Julirevolution die lange genährte Gärung gegen Holland zuerst zu B. (25. Aug. 1830) in offenen Aufstand aus, und es wurde die denkwürdige viertägige Schlacht zwischen holländ. Militär und den Blusenmännern des Bürgerstandes geschlagen. Der glückliche Ausgang dieser Empörung entschädigte B. mit dem Titel und Range der Hauptstadt des unabhängigen Königreichs Belgien. Am 21. Juli 1831 zog der neue Souverän, Prinz Leopold von Sachsen-Coburg, in B. ein. Ohne erwähnenswerte Störungen ging auch der Sturm von 1848 über B. hinweg, ebenso die übrigen polit. Erschütterungen, die seit jener Zeit die Nachbarstaaten zu bestehen hatten, und 1890 wurde hier unter glänzenden Festlichkeiten das ^[Spaltenwechsel] 60jährige Jubiläum der belg. Unabhängigkeit gefeiert. 1890 tagte in B. der Antisklavereikongreß (s. Sklaverei), 1891 der zweite internationale Arbeiterkongreß, 1892-93 die internationale Münzkonferenz. - Vgl. Henne und Wauters, Histoire de Bruxelles (3 Bde., Brüss. 1845); Hymans, Bruxelles. A travers les âges (2 Bde., ebd. 1885); Guide de l'étranger dans Bruxelles et ses environs (15. Aufl., ebd. 1890); Bruxelles-Guide (10. Aufl., ebd. 1891).

Brüssow, Stadt im Kreis Prenzlau des preuß. Reg.-Bez. Potsdam, 21 km nordöstlich von Prenzlau, am Brüssowersee, hat (1890) 1439 meist evang. E., Post, Telegraph, Amtsgericht (Landgericht Prenzlau) und Ackerbau. Die nahe Domäne B., Amtsbezirk, hat 80 E.

Brust (Pectus) heißt der zwischen Hals und Unterleib liegende Teil des Rumpfes, welcher zahlreiche wichtige Organe in sich einschließt und zugleich die Verbindung der obern Extremitäten mit dem Stamm vermittelt, vornehmlich gebildet durch das Brustbein (Sternum) und die Rippen, welche die Brusthöhle umschließen und den Brustkasten (Thorax) bilden. Das Brustbein läuft als ein länglicher, flacher, nach unten spitzer Knochen vom Halse an, der Länge nach, durch die Mitte der B. hinab; die 24 Rippen sind hinten an den 12 Brustwirbeln des Rückgrats durch ein Gelenk befestigt und wölben sich nach dem Brustbein hin, mit welchem sie sich mittels eines Knorpels fest verbinden. Dieses knöcherne Gerüst wird nach außen und oben durch die Zwischenrippenmuskeln sowie die übrigen Brust- und Rückenmuskeln, nach abwärts durch das muskulöse Zwerchfell (s. d.) geschlossen, wodurch die geräumige, für die Aufnahme der wichtigen Centralorgane des Atmungs- und Kreislaufsystems bestimmte Brusthöhle entsteht. Dieselbe wird von zwei sackförmigen, serösen Häuten, dem Brustfell (Pleura), welches gleichmäßig die Oberfläche der Lungen sowie die Innenfläche der Brustwandung überzieht und der leichten Ausdehnung und Bewegung der Lungen dient, in zwei voneinander ganz unabhängige Hälften geteilt, innerhalb welcher die Lungen frei in der Brusthöhle aufgehängt sind. Denjenigen Teil des Brustfells, welcher die Oberfläche der Lungen überkleidet, pflegt man als Lungenfell (Pleura pulmonalis) zu bezeichnen, im Gegensatz zu dem sog. Rippenfell (Pleura costalis), welches die Innenfläche des Brustkorbs überzieht. Zwischen den beiden Lungen, zum Teil von der linken bedeckt, liegt an der vordern Brustwand, dicht hinter dem Brustbein, das vom Herzbeutel eingeschlossene Herz, sodaß der Herzstoß gewöhnlich unterhalb der linken Brustwarze im fünften Zwischenrippenraume deutlich gefühlt und gesehen wird. Außerdem finden sich in der Brusthöhle die großen Stämme der Blutgefäße, eine Anzahl wichtiger Nerven, die Speiseröhre und der untere Teil der Luftröhre sowie der Milchbrustgang, welche hinter den Lungen, dicht vor der Brustwirbelsäule verlaufen. (S. Tafeln: Die Brusteingeweide des Menschen Ⅰ und Ⅱ.) Der Bau und Habitus der B. bietet bei beiden Geschlechtern gewisse charakteristische Verschiedenheiten dar. Während der Brustkorb des Weibes entsprechend der geringern Entwicklung der Lungen kürzer, schmäler und enger erscheint, ist der des Mannes breit, kräftig und gut gewölbt; auf der vordern Brustwand springen bei ihm die Wülste der Brustmuskeln scharf hervor, wohingegen beim Weibe die Brüste (s. d.) als halbkugelige Hervorragungen