Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Bulgarien (Geschichte)'
Lande mit eiserner Hand niederhielt, bildete sich eine neue bulgar. Emigration in Konstantinopel, Rumänien, Serbien und Rußland.
Verhandlungen mit Rußland durch Vermittelung der Pforte zerschlugen sich, da die Emigranten den Russen versprachen, durch eine
Revolution rascher zum Ziele zu gelangen; aber ein Pronunciamento in Rustschuk und Silistria vom 3. März 1887 mißglückte, und die
Anführer, meist Offiziere, die sich im serb. Kriege ausgezeichnet hatten, wurden sofort kriegsrechtlich erschossen. Desgleichen wurden
die zahlreichen Putschversuche in Burgas leicht unterdrückt. Aber die Regierungskreise selbst waren in Unfrieden; Karawelow wurde aus
der Regentschaft ausgestoßen und durch Schiwkow ersetzt, und der Ministerpräsident Radoslawow bekämpfte offen die Regenten.
Diese Zustände drängten zu einer raschen Fürstenwahl. Die große Nationalversammlung wählte 7. Juli 1887 den Prinzen Ferdinand von
Coburg, Offizier der ungar. Landwehrreiterei, der die Wahl annahm und 14. Aug. in Tirnova den Eid auf die Verfassung leistete. Infolge
des Widerspruchs Rußlands wurde der Prinz weder vom Sultan noch von den Großmächten anerkannt, behauptete sich aber im Lande.
Die Regierung blieb in den Händen des energischen Stambulow als Ministerpräsidenten. Mehrfache Versuche eines Umsturzes
mißlangen; Major Panitza wurde wegen einer Verschwörung 28. Juni 1890 erschossen, und ein Attentat gegen Stambulow 27. März 1891
führte zur Ermordung des Finanzministers Beltschew; die Thäter entkamen zunächst. In die größte Erregung wurde das ganze Land
durch ein abermaliges Attentat auf einen bulgar. Staatsmann versetzt. Am 23. Febr. 1892 wurde Vulkowitsch, der diplomat. Vertreter B.s
bei der Pforte, in Konstantinopel auf der Straße überfallen und getötet. Die Mörder wurden von der Türkei ermittelt und 10. Mai zum Tode
verurteilt, aber die Anstifter des Mordes konnten nicht erlangt werden, da sie nach Rußland geflüchtet waren und von dort nicht
ausgeliefert wurden. Inzwischen hatte sich auch der Tod Beltschews als die Frucht einer weitverzweigten, selbst auf Ermordung des
Fürsten abzielenden Verschwörung herausgestellt, und 19. Juli wurden vier Teilnehmer an derselben zum Tode, acht andere Angeklagte,
darunter der frühere Ministerpräsident Karawelow, zu längern Gefängnisstrafen verurteilt. Gleichzeitig begann die bulgar. Zeitung
«Svoboda» eine Reihe angeblich der russ. Gesandtschaft in Bukarest entwendeter Aktenstücke zu
veröffentlichen, die geeignet waren, die russ. Regierung arg bloß zu stellen, da sie die Beteiligung ihrer Beamten an den mit
Mordanschlägen verbundenen Plänen bulgar. Emigranten zur Beseitigung der gegenwärtigen bulgar. Regierung nachwiesen. Die russ.
Regierung bestritt die Echtheit der Aktenstücke, versetzte aber ihren durch dieselben besonders kompromittierten Gesandten in
Bukarest, Hitrowo, nach Japan. Sehr zur Befestigung der Verhältnisse in B. trug die Vermählung des Fürsten mit der Prinzessin Marie
Luise von Parma (20. April 1893) und die Geburt eines Thronerben (30. Jan. 1894).
Um diese Vermählung zu ermöglichen, hatte schon im Dez. 1892 die Sobranje eine von der Regierung vorgeschlagene
Verfassungsänderung angenommen, wonach nicht nur der erwählte Fürst, sondern auch sein erster Thronfolger ihren Glauben
beibehalten dürfen. Die nach der Verfassung ↔ berufene und 15. bis 30. Mai 1893 tagende Große Sobranje bestätigte
diese wie eine Reihe anderer Verfassungsänderungen (Herabsetzung der Mitgliederzahl der Sobranje, Verlängerung der Wahlperioden
u.s.w.). In der nach diesen neuen Bestimmungen gewählten und 27. Okt. zusammengetretenen Sobranje zählte die Opposition nur neun
Vertreter. Einen großen Erfolg errang die Regierung auch durch ein für die bulgar. Wünsche günstiges Abkommen mit der Pforte über die
bulgar. Kirchen- und Schulverhältnisse in Macedonien. Inzwischen waren aber Mißhelligkeiten zwischen den sehr selbstbewußt und
rücksichtlos auftretenden Ministerpräsidenten Stambulow und dem Fürsten Ferdinand eingetreten und veranlaßten 31. Mai 1894 den
Rücktritt Stambulows. Der zur liberalen Opposition gehörige, auf dem Boden der Verfassung stehende, aber doch Rußland freundlicher
gesinnte frühere Justizminister Stoilow bildete darauf ein Kabinett.
Litteratur. Hilferding, Geschichte der Serben und Bulgaren (aus dem Russischen, 2 Abteil., Bautz.
1856 u. 1864); Wutzer, Reise in den Orient Europas (2 Bde., Elberf. 1860–61); Heinr. Barth, Reise durch das Innere der europ. Türkei
(Berl. 1864); Dumont, Les Bulgares (2. Aufl., Par. 1872); Kanitz, Donau-Bulgarien und der Balkan (3 Bde., 2. Aufl., Lpz. 1882); Jireček,
Dĕjiny národa bulharského (Geschichte des bulgar. Volks, Prag 1875; deutsch, 1876); Huhn, Der
Kampf der Bulgaren um ihre Nationaleinheit (Lpz. 1886); Tuma, Die östl. Balkanhalbinsel, militär-geographisch, statistisch und
kriegshistorisch dargestellt (Wien 1886); Govčević, B. und Ostrumelien (Lpz. 1886); Samuelson,
B. Past and Present (Lond. 1888); von Mach, Elf Jahre Balkan (Bresl. 1889); Hungerbühler, Die
schweiz. Militärmission nach dem serb.-bulgar. Kriegsschauplatz (Frauenfeld 1886); Möller, Der Serbisch-Bulgarische Krieg (Hannov.
1888); Toula, Reisen und geolog. Untersuchungen in B. (Wien 1890); Prinz Franz Joseph von Battenberg, Die volkswirtschaftliche
Entwicklung B.s von 1879 bis zur Gegenwart (Lpz. 1891); Jireček, Das Fürstentum B. (Wien 1891); Lamouche,
La Bulgarie dans le passé et le présent (Par. 1892); Kriwoschiew, Karte von B. (in bulgar. Sprache),
1:420000 (10 Blätter, Wien 1893).
Bulgárin, Fadéj (Thaddäus) Wenediktowitsch, russ. Schriftsteller, geb. 1789 in Litauen,
machte in der russ. Armee 1805 den Feldzug in Preußen mit sowie dann den Krieg gegen Schweden in Finland. Hierauf trat er in die
poln. Armee ein und nahm an den Feldzügen in Spanien, Deutschland und Frankreich teil. Nach Napoleons Fall kehrte er nach
Warschau zurück. Dann lebte er in Petersburg und begann 1823 das «Nordische Archiv» sowie 1825 in Verbindung mit Gretsch die
«Nordische Biene». In letzterer trat er als Gegner Puschkins und der Romantischen Schule sowie als blinder Verehrer des
absolutistischen Systems auf. Er starb 13. Sept. 1859 in Dorpat. Den eigenen humoristischen und satir. Arbeiten B.s fehlt es an jeder
tiefern Auffassung. Es erschienen von ihm «Sämtliche Schriften» (Petersb. 1827; deutsch, 4 Bde., Lpz. 1828); die Romane «Iwan
Wyshigin, oder der russ. Gilblas» (Petersb. 1829; deutsch, 4 Bde., Lpz. 1830) mit der Fortsetzung desselben: «Peter Iwanowitsch
Wyshigin» (Petersb. 1830; deutsch, 3 Bde., Lpz. 1834), «Demetrius» (1830) und «Mazeppa» (1832); ferner «Rußland in histor., statist.,
geogr. und litterar. Hinsicht»
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 725.