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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Caen

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Caen

Kuhhirte bei Whitby in Nordhumbrien, wenig gesanglich begabt. Als er einst im Stalle entschlummert war, erschien ihm ein Fremder und forderte ihn auf, zu singen. Trotz anfänglicher Weigerung begann C. zuletzt von der Schöpfung der Welt zu singen, wovon er früher nie gehört hatte. Erwacht, trug C. das im Schlafe Gedichtete und noch Neues dazu vor. Er ging dann in das benachbarte Kloster zur Äbtissin Hilda, die das Gesungene aufzeichnen und ihm andere Stücke der Bibel vortragen ließ, die er dann in derselben Weise umdichtete. Später trat er auf Bitte Hildas ins Kloster und starb dort um 680. So sang, fährt Beda fort, C. die Geschichte von Genesis und Exodus, von der Menschwerdung Christi, seiner Passion und Himmelfahrt, u. s. w., Dichtungen, die zur Zeit Bedas noch vorhanden gewesen sein müssen. Angelsächs. Dichtungen von der Genesis und Exodus sind überliefert in einer Handschrift des 10. Jahrh. (jetzt in der Bodleyana zu Oxford), die Bischof Usher dem gelehrten Altertumsforscher Franciskus Junius zur Herausgabe einhändigte. 1655 erschien die Ausgabe in Amsterdam, enthaltend Genesis, Exodus, Daniel und das Stück, das Grein "Christ und Satan" nennt. Letzteres ist nicht vom selben Dichter wie die vorigen, auch die andern nicht von einem Verfasser. Sicher hat man darin nicht Werke von Bedas C. zu erblicken, denn die Dichtungen dieses C. sind als Hymnen, nicht als Epen, zu denken. Einen solchen Hymnus, der dem Anfange der erhaltenen Genesis ziemlich genau entspricht, bietet eine Handschrift der Kirchengeschichte Bedas in nordhumbrischem Dialekt und somit wohl das einzige in ursprünglicher Form bewahrte Denkmal des echten C. (am besten bei Zupitza, "Alt- und mittelengl. Übungsbuch", 4. Aufl., Wien 1889). Man wollte auch, da in der jüngern "Præfatio" zum "Heliand" (s. d.) vom Dichter dieses Werkes dieselbe Geschichte erzählt wird, im "Heliand" einen Teil der Dichtung C.s sehen. Sievers ("Heliand und die angelsächs. Genesis", Halle 1875) aber wies nach, daß die Genesis von 235 bis 851 auf einer altsächs. Dichtung beruhe, die vom Dichter des "Heliand" sei (?). Die von Junius herausgegebenen Stücke wurden neu veröffentlicht von B. Thorpe (Lond. 1832, mit Übersetzung), von Bouterwek (2 Tle., Elberf. 1849 - 50, mit umfassender Einleitung), von Grein ("Bibliothek der angelsächs. Poesie", Bd. 1, Gött. 1857), von Hunt (Boston 1883). Eine vollständige Übersetzung gab Grein ("Dichtungen der Angelsachsen", Bd. 1, 2. Aufl., Gött. 1863), Bruchstücke Greverus (Oldenb. 1852 - 54). - Vgl. Götzinger, Über die Dichtungen C.s (Gött. 1860); Watson, C. the first English poet (Lond. 1875).

Caen (spr. kāng). 1) Arrondissement im franz. Depart. Calvados, hat 1102,92 qkm, 188 Gemeinden, (1891) 119848 E. und zerfällt in die 9 Kantone: Bourguébus (141,63 qkm, 7663 E.), Caen-Est (70,47 qkm, 27631 E.), Caen-Ouest (17,65 qkm, 23900 E.), Creully (130,90 qkm, 9325 E.), Douvres (104,07 qkm, 12250 E.), Evrecy (160,16 qkm, 9674 E.), Tilly-sur-Seulles (139,50 qkm, 10205 E.), Troarn (196,84 qkm, 10705 E.), Villers-Bocage (141,70 qkm, 8495 E.). - 2) Hauptstadt des Arrondissements C. und des Depart. Calvados, liegt 15 km vom Meere, an den Linien Mantes-Cherbourg, Dozulé-C. (24 km), Mayenne-Domfront-C., C.-Aunay-Vire der Franz. Westbahn und der anschließenden Lokalbahnlinie C.-Courseulles-sur-Mer (31 Km), am Einfluß des Odon in die hier schiffbare Orne, welche nebst einem 5 m tiefen und 50 m breiten Kanal das geräumige Hafenbassin (für Seeschiffe bis zu 300 t) mit dem Vorhafen bei dem Dünendorf Quistreham an der Rade de C. in Verbindung setzt. C. hat (1891) 37184, als Gemeinde 45201 E., in Garnison das 5. Infanterieregiment.

Anlage und Bauten. Die Stadt ist architektonisch interessant durch die aus der Zeit Wilhelms des Eroberers stammende Kirche von St. Etienne, eine der schönsten der Normandie, mit zwei 90 m hohen Türmen (s. Tafel: Französische Kunst II, Fig. 3 u. 4), und die Dreifaltigkeitskirche (im roman. Stil) der gleichnamigen Frauenabtei, mit drei Türmen, 1066 von Wilhelms Gemahlin, Mathilde, gegründet, deren 1819 restauriertes Grab sie in der Krypta enthält. Andere Kirchen sind: die got. St. Peterskirche mit dem 78 m hohen Turm; die Kirche St. Jean, ein spätgot. Bau; St. Sauveur mit sehenswerter Apsis aus dem 16. Jahrh.; die Benediktinerkirche mit prachtvollem Glockenturm und die Schloßkirche. Unter den öffentlichen Plätzen zeichnen sich aus die Place de la République mit dem Rathaus, der Bronzestatue Ludwigs XIV. und dem Denkmal Aubers; die Promenaden an der von vier Brücken überspannten Orne, die belebten Quais am Hafen; unter den Gebäuden die Universität mit den Statuen von Malherbe und Laplace, die Präfektur, der Justizpalast (13. Jahrh.) und die Börse (ehemals Hôtel de Valois, aus dem 16. Jahrh.). Die Befestigungen des alten Schlosses (jetzt Artilleriekaserne) stammen von Wilhelm dem Eroberer, sind aber später erweitert und umgebaut worden. Von den alten Stadtmauern ist fast nichts mehr zu sehen. Auf dem rechten Ufer der Orne befindet sich die Kirche von Vaucelles (15. und 16. Jahrh.); 1 km östlich von C. Ruinen der Maison des Gendarmes, einer Burg aus dem Beginn des 16. Jahrh.

Behörden und Anstalten. C. ist Sitz der Departementsbehörden, eines Appellhofs mit Assisen für drei Departements, eines Gerichtshofs erster Instanz, zweier Friedensgerichte, eines Handelsgerichts, Handelskammer, Gewerberats, Filiale der Bank von Frankreich, Remontedepots und des 12. Infanterie-Brigadekommandos. Die Universität, welche an Stelle der 1431 von den Engländern gegründeten, später eingegangenen getreten ist, hat eine jurist., mathem.-naturwissenschaftliche, philos. Fakultät, eine mediz.-pharmaceutische Schule und eine Bibliothek (33510 Bände). Außerdem bestehen eine öffentliche Bibliothek (80000 Bände und 250 Manuskripte), Gemäldegalerie, botan. Garten und ein Naturalienkabinett mit den Sammlungen von Dumont d'Urville und Deslongchamps; ein Lyceum in der ehemaligen Abtei St. Stephan, hydrogr. Schule, Handels- und Gewerbeschule, Lehrerseminar, eine Ackerbau-, Zeichen-, Bau- und Bildhauerschule, Taubstummenlehranstalt, Korrektionshaus, Irrenanstalt und ein großes Krankenhaus, ferner eine Akademie der Wissenschaften und Künste, ein Konservatorium für Musik, die Gesellschaft der normann. Altertumsforscher mit Museum und andere Vereine; endlich bestehen ein Theater und drei Zeitungen. C. ist Geburtsort von Tanaquil Faber (Lefèbre), Pierre Huet, Auber, Malherbe und Segrais.

Industrie und Handel. Die Gewerbthätigkeit erstreckt sich auf Obst- und Blumenzucht, Verfertigung berühmter Blonden und Spitzen, Baumwoll-^[folgende Seite]

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