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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Carmin - Carnall

Gerechtigkeitssinn bezeichneten C.s Amtsführung; er erwarb sich um die preuß. Gesetzgebung und um die Gerichtsverwaltung die höchsten Verdienste. Schon als Minister in Schlesien hatte er 1770 das landschaftliche Kreditwesen ins Leben gerufen, durch das dem im Kriege verarmten Adel aufgeholfen wurde und das als eine wohlthätige Einrichtung in ganz Preußen verbreitet worden und bis heute bestehen geblieben ist. Coccejis Projekt des Corpus juris Fridericianum wurde durch C. zeitgemäß umgestaltet; 1781 erschien daraufhin eine neue Prozeßordnung. C.s größte That war die Vorbereitung und Einführung eines allgemeinen preuß. Gesetzbuches, des «Allgemeinen Landrechts». Friedrich Wilhelm Ⅱ. ernannte C. 1794 zum Freiherrn, Friedrich Wilhelm Ⅲ. 1798 zum Grafen. C. zog sich 1798 auf sein schles. Gut Rützen zurück und starb da 23. Mai 1801.

Carmin, s. Karmin.

Carmĭna, s. Carmen.

Carmĭna burāna, eine Sammlung mittellat. (auch deutscher und deutschlat.) Lieder, die in einer Handschrift des 13. Jahrh. in der oberbayr. Abtei Benediktbeuern gefunden wurden. Sie sind größtenteils Erzeugnisse von «Fahrenden Leuten» (s. d.), Klerikern des 11. und 12. Jahrh., die etwa unsern Studenten entsprachen und ein unstetes, lockeres Wanderleben führten. In den C. b., die, immer frisch, oft keck, Perlen unserer Lyrik sind, mischen sich christl. Frömmigkeit mit heidn.-naiver Sinnlichkeit, Klosterschulwitz und antik-gelehrter Prunk mit der altnationalen Spruchweisheit und den schlichten Tönen des Naturliedes. Die Formen sind meist moderne Liedmaße mit Endreim, wie bei den lat. kirchlichen Hymnen. Die C. b. sind die Vorläufer unserer Studentenlieder und der burschikosen Lyrik V. Scheffels, der sie bewußt nachahmte. Auswahl der lat. Texte (nebst verwandten) von Gröber (anonym): «Carmina clericorum. Edidit domus quaedam vetus» (7. Aufl., Lpz. 1890); «Gaudeamus! Carmina vagorum selecta» (2. Aufl., ebd. 1879); deutsche Übersetzung von Laistner, «Golias» (Stuttg. 1879); von Pernwerth von Bärnstein mit Urtext, «C. b. selecta» (Würzb. 1879); die vollständige Sammlung gab Schmeller (Stuttg. 1847; 2. Aufl., Bresl. 1883) heraus. – Vgl. Giesebrecht, Die Vaganten oder Goliarden und ihre Lieder (in der «Allgemeinen Monatsschrift für Wissenschaft und Litteratur», Braunschw. 1853); Hubatsch, Die lat. Vagantenlieder des Mittelalters (Görlitz 1870); K. Francke, Zur Geschichte der lat. Schulpoesie des 12. und 13. Jahrh. (Münch. 1879); Ehrenthal, Studien zu den Liedern der Vaganten (Lpz. 1891).

Carmĭna figurāta (lat.), soviel wie Bilderreime (s. d.).

Carminatīva (lat.), blähungtreibende Mittel, s. Blähungen.

Carmōna, Bezirkshauptstadt in der span. Provinz Sevilla, auf hohem Berge, an der Linie Sevilla-Alcala-C., trägt mit den Ruinen des Alcazar auf hohem Fels noch jetzt maur. Charakter, hat (1887) 17459 E., darunter viele reiche Adlige, eine Hauptkirche aus dem 16. Jahrh. und Weinbau. – C., kelt-iber. Ursprungs, ist das Carmo der Römer, an die noch ein wohlerhaltenes Thor erinnert. Seit 1208 als Karmuna Sitz eines arab. Fürsten aus der Dynastie der Beni Birzei, wurde es 1247 von Ferdinand Ⅲ. von Castilien erobert.

Carmontelle (spr. -mongtéll), Louis Carrogis, genannt C., franz. Dichter, geb. 25. Aug. 1717 zu Paris, war Vorleser bei dem Herzog von Orléans ^[Spaltenwechsel] und starb 26. Dez. 1806. Ausgezeichnet durch geistreichen Dialog und gute Beobachtung waren seine «Proverbes dramatiques» (8 Bde., Par. 1768–81; beste Ausg., 4 Bde., ebd. 1822) und «Nouveaux proverbes dramatiques» (2 Bde., ebd. 1811; Auswahl aus beiden deutsch von W. Graf Baudissin, 2 Bde., Lpz. 1875), die von Gesellschaftsbühnen viel aufgeführt und manchem Theaterdichter eine reiche Fundgrube wurden. Außer seinen gedruckten Sachen, unter denen noch das «Théâtre de campagne» (4 Bde., Par. 1775) hervorzuheben ist, hinterließ C. zahlreiche Manuskripte (über 100 Bde.). (S. Proverbe.)

Carn, s. Cairn.

Carna, eine der zahlreichen röm. Gottheiten, die den einzelnen Momenten, Stufen und Verhältnissen des Lebens vorstanden. Der Bedeutung des Wortes entsprechend (von caro, d. h. Fleisch) sollte sie den Leib kräftigen. Sie hatte auf dem Cälischen Hügel in Rom ein Heiligtum, das ihr der Sage nach von Brutus errichtet worden war, und am 1. Juni pflegte man ihr zu Ehren die alten Hauptspeisen: gepökeltes Schweinefleisch und Bohnenbrei, zu opfern und zu speisen. Infolge einer Verwechselung und Vermischung mit der Göttin Cardea wird sie in Ovids «Fasten» auch als Göttin der Thürangeln geschildert und von ihr erzählt, sie habe die Liebe des Gottes Janus genossen und von ihm die wunderthätigen Schutzmittel gegen jede Vezauberung zum Geschenk erhalten. Damit habe sie einst den nachmaligen sagenhaften König von Alba longa, Procas, als Kind vor den Strigen oder Hexen, welche den kleinen Kindern das Blut aussaugen, zu schützen gewußt, indem sie eben die abergläubischen Mittel anwandte, die im Gebrauche waren: ein Ferkelopfer, einen Erdbeerbaumzweig, mit dem man Pfosten und Schwelle berührte, und einen Weißdornzweig, den man ins Fenster legte.

Carnac, Flecken im Kanton Quiberon, Arrondissement Lorient des franz. Depart. Morbihan, 30 km südöstlich von Lorient, auf einer Anhöhe in der Nähe des Meers, hat (1891) 606, als Gemeinde 2901 E., ein Museum, eine interessante Kirche und Fischhandel. C. ist merkwürdig durch Druidendenkmäler, bestehend aus 8–900 (früher angeblich 12–15000) rohen Granitobelisken, die mit der Spitze in der Erde ruhen, 3,3–4 m über dieselbe emporragen und in Kolonnaden geordnet sind, welche auf die Küste zulaufen. Im Süden der Granitkolonnaden befindet sich ein konischer Tumulus von 20 m Höhe mit einer Kapelle des heil. Michael. Im Sept. 1862 hat man durch Nachgrabungen unter demselben eine Art Krypta aufgefunden mit menschlichen Gebeinen und kelt. Altertümern. – Vgl. Galles, Fouilles du Mont-St.-Michel (2.Aufl., Vannes 1862).

Carnage (frz., spr. -nahsch'), Gemetzel, Blutbad.

Carnall, Rud. von, Berghauptmann, geb. 9. Febr. 1804 zu Glatz, erlernte in den Neuroder und Waldenburger Revieren die praktischen bergmännischen Arbeiten, studierte 1823–24 in Berlin und wurde hierauf bei dem Bergamte zu Tarnowitz und später als Obereinfahrer bei der Friedrichsgrube in Oberschlesien beschäftigt. In diese Zeit fallen seine ersten schriftstellerischen Arbeiten: «Über Sprünge im Steinkohlengebirge» und «Geognostische Beschreibung des Waldenburger Steinkohlenbeckens». Zum Bergmeister ernannt, bemühte er sich um die Hebung und Ausdehnung des Betriebes in den metallurgischen Distrikten Oberschlesiens, wo namentlich der Galmei-Bergbau wesentliche Fort-^[folgende Seite]

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