Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

176

Chiffrieren, Chiffrierschrift

Vielfach werden auch Zeichen zum Chiffrieren benutzt, z. B. diejenigen, welche sich aus nachstehenden Figuren ergeben: ^[Abb. Textfigur]

Das Wort «Post» hiernach chiffriert würde aus folgenden Zeichen bestehen: ^[Abb.]

Die Buchstaben können in jeder beliebigen Reihenfolge in obige Figuren eingesetzt werden.

Ferner giebt es Schablonenchiffres, bei welchen nur eine Umstellung der Textbuchstaben stattfindet. Ein derartiger Apparat ist z. B. der Flammsche. Die Buchstaben des zu chiffrierenden Textes werden durch die runden Öffnungen der Schablone auf darunter liegendes Papier geschrieben. Sind alle Öffnungen mit Buchstaben versehen, so wird die Schablone gedreht, in der Weise, daß die mit Ⅱ, später die mit Ⅲ und Ⅳ bezeichnete Seite nach oben kommt, und die weitern Textbuchstaben eingetragen. Die am Schluß etwa verbleibenden Lücken werden mit beliebigen Buchstaben ausgefüllt. Die Form einer Schablone ist folgende:

^[Abb. Figur 3]

Der Dechiffreur muß eine gleiche Schablone besitzen, die er auf den chiffrierten Text auflegt, wodurch er die richtige Aufeinanderfolge der Buchstaben findet. Unter den Buchstabensystemen nimmt das des dän.Ingenieurs Köhl den ersten Rang ein, bei dem die 25 Buchstaben des Alphabets zweistellige Zahlen erhalten, wozu jedoch nur fünf Ziffern benutzt werden können. Das Wesentliche dieses Systems besteht darin, daß, nachdem sämtliche Textbuchstaben mit den betreffenden Zahlen versehen sind, stets die zweite Ziffer des einen Buchstaben mit der ersten Ziffer des darauf folgenden verbunden wird und dadurch eine neue Zahl entsteht, welche den Chiffrebuchstaben bildet. Zur Chiffrierung des ersten und letzten Textbuchstaben wird die erste und die zweite Hälfte eines Schlüsselbuchstaben zu Hilfe genommen. Hat man sich erst die Zahlenbesetzung eingeprägt, so ist ein verhältnismäßig schnelles Arbeiten möglich, auch bietet das System genügende Sicherheit gegen unbefugte Dechiffrierung.

Immerhin verursacht das Chiffrieren der einzelnen Buchstaben, wie bei diesem System so auch bei den oben erwähnten einen großen Zeitaufwand, und man ist daher von jeher bestrebt gewesen, die Arbeit zu vereinfachen und abzukürzen. Zu diesem Zwecke hat man schon seit fast 100 Jahren besondere Wörterbücher, teils handschriftlich, teils gedruckt hergestellt, in denen man für jedes Wort eine bestimmte Zahl setzte; bei wichtigern Mitteilungen wurden diese Zahlen noch durch Addition oder Subtraktion einer verabredeten Schlüsselzahl modifiziert. In den auf dem Postwege beförderten geheimen Korrespondenzen deutete man die Wortbeugungen und Veränderungen durch besondere Schriftzeichen an, während man in den durch den optischen Telegraphen beförderten nicht blos die Wörter und ganze Redewendungen, sondern auch die Wortbeugungen durch Zahlen ausdrückte. Eine ausgiebige Verwendung dieser Chiffriermethode für Telegramme trat aber erst nach der in den dreißiger Jahren erfolgten Herstellung der elektromagnetischen Telegraphenverbindungen ein.

Unter den in neuerer Zeit öffentlich bekannt gewordenen Systemen dieser Art, die sich alle mehr oder weniger an frühere Methoden und namentlich an die von Thomas Willis anlehnen, ist hervorzuheben das Sittlersche, welches mit 9999 Zahlengruppen der verhältnismäßig wortarmen franz. Sprache genügt; ferner das 1874 von dem Buchdruckereibesitzer Niethe in Berlin der Öffentlichkeit übergebene, welches mehr als 20000 deutsche Wörter umfaßt, mit der Zahl 5001 beginnt und über 31000 hinausreicht. Der Grundgedanke dieses Systems besteht darin, daß die bei den betreffenden Wörtern stehenden Zahlengruppen nicht als Chiffres benutzt werden, sondern daß letztere erst durch Addition bez. Subtraktion einer oder mehrerer zwischen den Korrespondenten vereinbarten Schlüsselzahlen gefunden werden müssen. Vgl. Niethe, Das bei der Chiffrierabteilung des deutschen Reichskanzleramtes eingeführte telegr. Chiffriersystem (2. Aufl., Berl. 1877).

Neuerdings ist in kaufmännischen und Börsenkreisen ein von dem internationalen Telegraphenbureau in Bern ausgearbeitetes Chiffrier-Lexikon in Gebrauch, das sich von den vorangeführten Systemen dadurch unterscheidet, daß die zu chiffrierenden Wörter nicht durch Zahlengruppen, sondern durch andere Wörter aus den bekanntesten europ. Sprachen dargestellt werden, die bis zu zehn Buchstaben enthalten, die Gegenwerte dieser Wörter werden von den Korrespondenten selbst eingetragen. Das System hat vor dem Nietheschen und ähnlichen im außereuropäischen Taxierungsverfahren den Vorzug der Billigkeit, weil jedes Chiffrierwort nur als ein Taxwort gerechnet wird, während jede Zahlengruppe des Nietheschen Systems, da sie aus mehr als drei Ziffern besteht, doppelt bezahlt werden muß.

Die von Krohn herausgegebenen Chiffriersysteme («Buchstaben- und Zahlensysteme für die Chiffrierung von Telegrammen, Briefen und Postkarten», Berl. 1873), welche die Wahl zwischen 6400 Systemen gestatten, können bestimmten kaufmännischen Zwecken dienen, aber die Verbindung von Buchstaben und Ziffern in einer Depesche hat zur Folge, daß jedes einzelne Zeichen einer chiffrierten Depesche im innern wie äußern Telegraphenverkehr (Internationale Telegraphenkonferenz zu Rom 1872) als ein Wort betrachtet und berechnet wird, während bei geheimen Depeschen, die nur aus Buchstaben oder Ziffern bestehen, im europ. Taxierungsverfahren fünf Zeichen als ein Wort gelten. Erwähnt sei noch als praktisches Werk: «Deutsches Chiffrier-Wörterbuch» von Alexander Katscher (Lpz. 1889), das auf dem System der Anwendung von Buchstaben zur Bezeichnung anderer, einzelner Buchstaben des Alphabets, von Silben, Wörtern und Sätzen, die in dem Wörterbuche enthalten sind, beruht, wozu durch Permutationen «Schlüssel», die nach Millionen zählen, von jedem Schreibenden zu eigenem Gebrauch leicht gebildet werden können. Der neueste sog. Chiffrierapparat zum Gebrauch für überseeische Telegramme besteht aus einer mit

^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]