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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Chile (Geschichte)

Chiloe, die letzten Punkte, in welchen sich span. Garnisonen noch behauptet hatten.

Bürgerliche Unruhen waren auch in C. die nächsten Folgen der Befreiung vom span. Joche. Schon 28. Jan. 1823 setzte eine Partei den Oberdirektor ab, und General Freyre übernahm die Regierung, mußte aber Juli 1828 ebenfalls weichen. An die Stelle der ersten Konstitution von 1824 trat 6. Aug. 1828 eine zweite. Als Präsident folgte General Pinto und 5. April 1831 General Prieto, der im Innern die Ruhe herstellte und manche nützliche Einrichtungen traf. Die zunehmende Macht des boliv. Präsidenten Santa Cruz, der sich Perus bemächtigt hatte und C. bedrohte, veranlaßte 17. Mai 1837 die Kriegserklärung C.s. Der Kampf dauerte bis zum März 1839 und endete mit dem Sturz des Generals Santa Cruz und der Auflösung der Verbindung von Peru und Bolivia, um derentwillen der Krieg hauptsächlich geführt war. Zwar war C. durch seine außerordentlichen Anstrengungen in Schulden geraten, aber es hatte sich als ansehnliche Kriegsmacht gezeigt und wurde durch einen Vertrag mit Spanien vom 25. April 1844 endlich auch von diesem als unabhängiger Freistaat anerkannt.

Im J. 1841 bestieg General Bulnes, der sich in dem peruan. Kriege hervorgethan hatte, den Präsidentenstuhl, und 1846 berief man ihn abermals zur höchsten Stelle. Seine zehnjährige Verwaltung trug gute Früchte. Die Finanzlage war eine befriedigende geworden, der fortwährend im Steigen begriffene Handel hatte neben dem Abschlusse von vorteilhaften Verträgen durch eine freiere Zollgesetzgebung Förderung erhalten, und durch Begünstigung der Einwanderung, besonders aus Deutschland, waren frische Arbeitskräfte herbeigezogen worden. Am 2. Jan. 1852 ward die erste Eisenbahn zwischen Copiapo und Caldera dem Verkehr übergeben. Nach Ablauf von Bulnes’ Amtsdauer wurde 18. Sept. 1851 Manuel Montt zum Präsidenten gewählt, der dies Amt ebenfalls 10 Jahre bekleidete. Unter ihm erhielt C. ein Civilgesetzbuch, Handelsgerichte, Gemeindeverwaltung, Diskonto- und Depositenbank (in Valparaiso) und eine Hypothekenvorschußkasse. Am 30. Nov. 1856 wurde mit Großbritannien ein Handels- und Schiffahrtsvertrag abgeschlossen. Ackerbau, Bergbau, Handel und Schiffahrt nahmen in erfreulicher Weise zu. Ein Aufstand, der im März 1859 ausbrach, wurde durch den Sieg der Regierungstruppen 29. April bei Serena niedergeschlagen.

An Montts Stelle trat 18. Sept. 1861 José Joaquin Perez. Während seiner Regierung wurde C. 1865 in einen Krieg mit Spanien verwickelt, das mit Peru in Konflikt geraten war. In diesen Händeln hatte sich C. nach Ansicht der span. Regierung ein völkerrechtswidriges Benehmen zu Schulden kommen lassen. Der span. Admiral Mendez Nuñez blockierte im Herbst 1865 die Häfen Valparaiso und Caldera und bombardierte 31. März 1866 die Stadt Valparaiso. Inzwischen hatten Peru, Ecuador und Bolivia für C. Partei ergriffen. Infolgedessen verließ das span. Geschwader 14. April 1866 Valparaiso, um Callao, jedoch ohne Erfolg, anzugreifen. Damit hatten die Feindseligkeiten ein Ende, aber erst im Juli 1869 wurde durch Vermittelung der Vereinigten Staaten, unter Festsetzung eines Schadenersatzes für das Bombardement von Valparaiso, ein Waffenstillstand auf 2 Jahre geschlossen und 12. April 1871 auf 3 Jahre erneuert unter gleichzeitiger Eröffnung der Friedensverhandlungen in Washington. Von nachteiligem Einfluß auf die Entwicklung der südl. Provinzen waren die Einfälle der Araukaner, die unter ihrem Häuptling Quilapan die Gegenden am Biobio verwüsteten, zwar 1868-69 wiederholt geschlagen wurden, auch 22. Jan. 1870 am Rio Tolten einen förmlichen Frieden schlossen, aber schon im Februar desselben Jahres von neuem eine feindselige Haltung annahmen, nachdem ein franz. Abenteurer sich zum zweitenmal als König Orélie Antoine I. an ihre Spitze gestellt hatte. (S. Araukaner.) Als Präsidenten folgten 1871 Federigo Errazuriz und 1876 Anibal Pinto. Bis zu dieser Zeit war das Land wenig entwickelt, trug aber die Keime zu einem kräftigen nationalen Leben in sich. Die Bevölkerung, die 1875 2075000 Seelen betrug, bestand aus einer rauhen, kräftigen Mischrasse, die Regierung befand sich in den Händen einer kleinen, aber intelligenten herrschenden Klasse, die es wagte, 1879 einen Krieg gegen die beiden nördl. Nachbarn Peru und Bolivia zu unternehmen. Die Veranlassung dazu bot die mangelhafte Festlegung der polit. Grenzen und der Umstand, daß durch die Auffindung großer Guanomassen und Salpeterlager der Wert des streitigen Grenzgebietes im nördl. Teile der Wüste Atacama zwischen dem 23. und 24. Breitengrade plötzlich gewaltig gestiegen war. Zwar war die Ausbeutung der dortigen Naturschätze zwischen C. und Bolivia vertragsmäßig geregelt, doch legte Bolivia zu Anfang 1878 entgegen einem 1874 mit C. geschlossenen Vertrage einen so hohen Ausfuhrzoll auf Salpeter, daß die im streitigen Gebiete entstandene blühende chilen. Salpeterindustrie vernichtet werden mußte. C. protestierte vergeblich gegen diesen offenen Vertragsbruch und besetzte 14. Febr. 1879 Antofagasta sowie die Hafenplätze Mejillones, Cobija und Tocopilla. Hierauf begann man in C. und Bolivia zu rüsten. Peru versuchte zunächst zu vermitteln, lehnte aber die von C. verlangte Neutralitätserklärung und Einstellung seiner Rüstungen ab, worauf C. am 4. April auch an Peru den Krieg erklärte. Die erste Kriegsthätigkeit fiel den beiderseitigen Flotten zu, weil die Landheere in der wasserlosen Wüste nur mit Unterstützung der Flotte verpflegt werden konnten und in allen drei Ländern so wenig Waffen vorhanden waren, daß die Heere nur mittels Zufuhr auswärtigen Kriegsmaterials ausgerüstet werden konnten. Die chilen. Flotte unter Admiral Williams Robelledo blockierte zunächst die peruan. Küste bis Mollendo und schloß namentlich Iquique vollständig vom Meere ab. Am 13. April fand unweit der Mündung der Loa das erste, für C. glücklich verlaufende Seegefecht statt, und 17. Mai ging das chilen. Panzergeschwader von Iquique nach Callao. Diese Zeit benutzte der Präsident von Peru, Prado, um die Besatzung von Iquique zu verstärken und neu zu verproviantieren. Zwar nahm die chilen. Flotte 30. Mai die Blockade wieder auf, doch fügte ihr der sehr schnelle peruan. Widder Huascar unter Admiral Gran so viel Schaden zu, daß gegen Ende Juli wieder die Aufhebung der Blockade von Iquique erfolgte, worauf dorthin zur See große Vorräte und die peruan. Armee transportiert wurden, die mit den sich bei Arica sammelnden Truppen Bolivias in Verbindung trat. In einem Seegefecht wurde der Huascar 8. Okt. 1879 nach tapferm Widerstande von den Chilenen genommen, womit C. zur unbestrittenen Herrschaft auf der See gelangt war. Nun konnte auch das Landheer größere

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