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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: China (Ereignisse der letzten Jahre)

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China (Ereignisse der letzten Jahre)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'China (Geschichte)'

dem bis dahin nur die Vertragshäfen offen gestanden hatten. Dieselben Vorteile wurden im folgenden Jahre auch Großbritannien zugestanden, das nach der Annexion von Birma (s. d.) C.s Grenznachbar geworden war. Im Vertrage vom 24. Juli 1886 beanspruchte C. zwar dem Namen nach die Oberhoheit über Birma, erkannte aber die brit. Herrschaft daselbst an. Auch sollte die Grenze von Birma und Jün-nan gemeinsam festgestellt werden. – Im Frühjahr 1886 kamen die vom Papst mit der chines. Regierung angeknüpften Unterhandlungen zum Abschluß, denen zufolge der Vatikan durch einen Nuntius in Peking vertreten sein sollte. Bis zum Kriege mit Frankreich hatten nämlich die röm.-kath. Missionen unter franz. Schutze gestanden und hatten Freibriefe besessen, die ihnen neben persönlichem Schutze das Recht des Grunderwerbes im Innern zugestanden. Nach Beendigung des Krieges aber sah die franz. Regierung nicht nur eine Pflicht in dem 1860 übernommenen Schutze, sondern auch ein Recht, und verhandelte ihrerseits mit dem Vatikan, um das alte Verhältnis wiederherzustellen. Hierdurch wurde die Ausführung des bereits gefaßten Abschlusses nur verzögert, aber nicht verhindert, sodaß jetzt nur noch die kath. Missionen franz. Ursprungs unter franz. Schutz stehen. Inzwischen hatten Italien und das Deutsche Reich Schritte gethan, den Schutz ihrer geistlichen Staatsangehörigen wirksamer zu übernehmen; indes scheint sich erst 1890 eine deutsche röm.-kath. Mission in Schan-tung an ihre Regierung wegen des zu übernehmenden Schutzes gewandt zu haben. Noch im Juni 1886 war die Mission in Pin-lan (Bezirk Kao-tschou), die zum Sprengel des Vikars des südl. Kwang-si gehörte, zerstört worden. Eine Verfolgung, die um dieselbe Zeit in Sze-tschwan ausbrach, scheint ursprünglich prot. Missionaren gegolten zu haben, deren Sommeraufenthalt in einem Buddhatempel zur Aufreizung des Volks benutzt wurde. Die Unruhen erstreckten sich auch auf die Stadt Tschung-king-fu, wo die Wohnungen von Engländern und Amerikanern, später auch die Wohnung und Kirche des kath. Bischofs zerstört und geplündert wurden. Vor einem kräftiger verteidigten Hause fielen 18 der Angreifer, und nach Ankunft von 1000 Mann chines. Truppen wurde die Ruhe wiederhergestellt. Auf dem Lande wurden indessen noch mehrere kath. Missionen zerstört. – Zwischen Portugal und C. wurde endlich Anfang 1887 ein Vertrag abgeschlossen, demzufolge das Besitzrecht Portugals auf Macao anerkannt wurde. Dabei wurde die Errichtung chines. Grenzzollämter und die Behandlung des Opiums nach dem engl.-chines. Vertrage vorgesehen. Nach diesem, der 1885 abgeschlossen und 1887 in Kraft getreten ist, unterliegt das Opium neben dem Einfuhrzoll beim Übergang in die Hände chines. Käufer noch einem zweiten Zoll, dessen Erhebung der Aufsicht der nach europ. Art verwalteten Seezollbehörden übergeben wurde. Die Einfuhr von Opium über die Grenze von Tongking ist durch den franz.-chines. Vertrag verboten.

Ereignisse der letzten Jahre. Am 26. Febr. 1889 fand die Vermählung des Kaisers mit der Tochter eines jüngern Bruders der regierenden Kaiserin statt, und 4. März übernahm der Kaiser die Regierung, da er im Laufe des Jahres, obgleich 1. Juli 1871 geboren, nach chines. Rechnung sein 20. Jahr vollenden mußte. Indessen blieben die Grundsätze der Regierung dieselben, wenn auch die ↔ Kaiserin-Regentin Tze-si, die Mutter des vorigen Kaisers, für die Öffentlichkeit zurücktrat. Am 12. April 1890 starb «Marquis» Tseng (s. d.) in Peking, einer der aufgeklärtesten chines. Staatsmänner, der durch seinen langjährigen Aufenthalt in Europa und die dort empfangenen Eindrücke berufen schien, der europ. Kultur in C. Eingang zu verschaffen.

In der Verwaltung des Reichs hatten sich inzwischen wichtige Veränderungen vollzogen. Schon 1882 hatten der Oberstatthalter von Kan-su und Schen-si, sowie der Statthalter von Ostturkestan vorgeschlagen, den nördlich der Wüste gelegenen Teil von Kan-su mit Ili und Ostturkestan zu einer Provinz zu vereinigen, und es wurde infolgedessen eine neue Provinz Sin-kiang («neue Grenze») aus diesen Ländern mit Urumtschi als Hauptstadt gebildet (s. Ostturkestan). 1885 war das ehemalige neutrale Gebiet zwischen C. und Korea zu Sching-king geschlagen worden. Der Oberbefehlshaber der Truppen auf Formosa, Lin-ming-tschwang, der den Angriffen der Franzosen nicht ohne Erfolg widerstanden hatte, war bald nach dem Friedensschlusse (1886) zum Statthalter ernannt worden und hatte das von ihm eben angelegte Thai-pe-fu bei Tam-sui statt der jetzt Thai-an-fu (großer Südbezirk) genannten alten Bezirksstadt Thai-wan-fu zur Hauptstadt der neuen Provinz gemacht. Er ließ Telegraphendrähte nach Tam-sui, Ki-lung, Thai-wan-fu und den Pescadoresinseln und ein Kabel von diesen nach dem Festlande legen, sowie eine Eisenbahn nach Ki-lung und Tschang-hwa in Angriff nehmen. Dazu kamen große Befestigungen bei Ki-lung, Takao und auf den Pescadoresinseln, der Bau eines Arsenals in Thai-pe-fu, dessen Verwalter der deutsche Graf Butler wurde, und andere neue Einrichtungen zu ähnlichen Zwecken. Um die großen Ausgaben zu bestreiten, wurde die auf dem Festlande übliche Grundsteuer auch in Formosa eingeführt, das früher schon vorhanden gewesene Kampfermonopol erneuert und die Salzsteuer erhöht. Die Erhebung der Grundsteuer, vielleicht auch Übergriffe der Unterbeamten führten zuerst zu Aufständen, die nebst den sich anschließenden Einfällen der Eingeborenen nicht ohne Mühe unterdrückt wurden. Ende 1889 war die Landesvermessung durchgeführt.

Seit Ende der siebziger Jahre hatte C. durch Gesandtschaften und Konsulate versucht, sich seiner Landesangehörigen in den Ländern anzunehmen, wohin die Auswanderung vorzugsweise gerichtet ist, zuerst durch seine Vertreter in den Vereinigten Staaten von Amerika, seit 1879 in Madrid, Habana, Matanzas und in Peru. (S. Chinesenfrage.) Die ungünstigen Nachrichten veranlaßten die chines. Regierung, Ende 1888 Beamte nach Dehli, Java, Rangun, Pinang, Perak, Singapur, Manila und Australien zu schicken, die die Verhältnisse der chines. Einwanderer untersuchen sollten. In Singapur wurde ein Konsulat errichtet und in Manila erboten sich chines. Unterthanen, die Kosten eines Konsulats zu bestreiten. Im Juni 1887 wurde im russ. Grenzgebiet vorläufig auf 3 Jahre die Ansässigmachung von Chinesen in den Städten untersagt. Andererseits ließen sich Russen in den chines. Goldbezirken am Amur nieder.

Im Sept. 1887 fand einer der furchtbarsten Ausbrüche des Hoang-ho bei Tschöng-tschou im Bezirke von Kai-föng-fu in Ho-nan statt. Der Fluß, welcher, wie der Po, sein Bett hier und da über die seine Ufer begrenzende Ebene erhöht hat, brach durch

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 213.

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