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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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China (Ereignisse der letzten Jahre)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'China (Ereignisse der letzten Jahre)'

hielt, war ein gefährlicher Aufstand, der Mitte November in dem nördlich der Mauer befindlichen Teile der Provinz Pe-tschi-li ausgebrochen war und die chines. Regierung ernstlich bedrohte. Dort befinden sich die Weidegründe mongol. Stämme, gegen welche die chines. ackerbauende Bevölkerung immer mehr vordringt und zwar oft ohne Genehmigung der Behörden. Auch christl., namentlich kath. Missionen, befinden sich dort. Der Anstifter des Aufstandes, Jang-jüe-tschun, war seit lange das Haupt eines Geheimbundes vom «Steine der Weisen» (Kin-tan-tao) und Pächter von Ländereien des Mongolenstammes der Aokhan. Der Fürst des letztern, zugleich an der Spitze von elf Mongolenstämmen stehend, hatte seinen Sitz in Pei-tze-fu, dem der erste Handstreich galt. Am 10. Nov. 1891 überfiel Jang-jüe-tschun mit einer Schar Anhänger Pei-tze-fu, vertrieb den Pei-tze der Aokhan und ließ die Bewohner niedermetzeln. Darauf überfiel er mit seinen sich immer mehrenden Anhängern sengend und mordend die zum Bezirke Tscheng-te-fu gehörigen Kreise Tschao-jang, Tschi-föng, Kien-tschang und Ping-tsüan-tschou. Am 14. Nov. nahmen sie das unbefestigte Tschao-jang ein, am 17. und 18. hausten sie in San-schi-kia-tze (südlich von Kien-tschang), wo sie durch einen Teil der umliegenden Bevölkerung verstärkt wurden. Diese lebte seit einiger Zeit mit den dortigen Christen in Feindschaft, und so wandte sich die vorher vorzugsweise den Mongolen geltende Bewegung auch gegen die einheimischen Christen. Die Mission in San-schi-kia-tze wurde zerstört, am 19. auch das weiter westlich gelegene Ping-tsüan eingenommen und die dortige Mission niedergebrannt, sodaß außer vielen Mongolen und Heiden auch viele chines. Christen das Leben verloren. Die Aufständischen streiften in einer Anzahl von 20 bis 30000 Mann überall umher, und da das Land sehr gebirgig ist, hätte der Aufstand noch lange dauern können, wenn nicht die Eisenbahn zur Beförderung der Truppen gute Dienste geleistet hätte. Mit der Bahn wurden Soldaten vom Süden bis Kai-ping herbeigeführt, während vom Nordosten die Truppen des Befehlshabers in Mukden heranrückten. So wurden die Aufständischen in einer Reihe von Gefechten geschlagen, ein großer Teil fiel im Kampfe. Ende Dezember wurden die Aufständischen in Pei-tze-fu und dem nahen Hia-tschang-kao belagert und großenteils getötet oder gefangen genommen, unter ihnen der Urheber des Aufstandes Jang, der in Tien-tsin hingerichtet wurde. Damit hatte der Aufstand sein Ende erreicht, und die chines. Regierung zeigte ihre Bereitwilligkeit, Genugthuung für die Ermordung der Christen zu geben und die Missionen für ihre Verluste zu entschädigen. Am 31. Jan. 1892 erschienen in der Pekinger Zeitung die Berichte der Behörden über die Verfolgung des Ko-lao-Bundes, aus denen sich ergab, daß Waffen im Auslande bestellt, daß eine Menge solcher in Ngan-lu-fu am Han-kiang gefunden waren, daß der Aufstand 16. Nov. 1891 in Scha-schi hatte beginnen sollen, um sich in mehrern der Jang-tse-Häfen gleichzeitig zu verbreiten, daß man eine Liste und Mitgliederkarten gefunden und daß ein Zusammenhang mit Flußräubern auf dem Han-kiang bestanden hatte. Zugleich wurde mitgeteilt, daß eine Anzahl von Hinrichtungen stattgefunden hatte, und bald darauf wurde vom Oberstatthalter von Hu-nan die Entschädigung für die beim Aufruhr von Wu-süe geschädigten brit. Unterthanen an den engl. Konsul in Han-kou ↔ überwiesen und der kath. Mission zu I-tschang 100000 Taels als Schadenersatz gezahlt.

Trotz dieser Aufstände und Unruhen, die das Reich erschütterten, hatte C. auch in den letzten Jahren weitere Fortschritte in der Annäherung an die europ. Kultur zu verzeichnen. Leider starb 1. Jan. 1891 in Peking der Vater des Kaisers, Prinz Tschun, der seit 1885 mit Li-hung-tschang und dem verstorbenen Marquis Tseng an der Spitze des Marineministeriums gestanden und sich dem Fortschritt im allgemeinen geneigt gezeigt hatte. Am 31. Dez. 1890 wurde eine kleine Strecke (30 Li) der von Kai-ping nach dem Schan-hai-kwan im Bau befindlichen Bahn eröffnet (s. oben). Ein Streitpunkt über den Empfang der Gesandten durch den Kaiser, der zwischen den ausländischen Mächten und C. schon seit langen Jahren schwebte, scheint endlich beseitigt und in das Pekinger Hofceremoniell eine Bresche gelegt zu sein. Stets hatte man sich geweigert, den fremden Gesandten bei der bestehenden Sitte des Fußfalls eine Audienz vor dem Kaiser zu gewähren, und einem 1873 erzwungenen Empfang war kein zweiter gefolgt, bis ein Edikt des jungen Kaisers 1891 einen jährlichen Empfang der Vertreter der fremden Mächte anordnete. Allerdings fand dieser zum erstenmal 5. März 1891, wie auch schon früher, im Tze-kwang-ko statt, einer Halle, wo auch Lehnsleute des Kaisers empfangen zu werden pflegen, doch wurde auf den Protest der Gesandten der Bau eines besondern Audienzgebäudes zugesagt.

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Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 215.

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