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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Christusakazie; Christusbilder

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Christusakazie - Christusbilder

dem Vater, die von der Kirchenversammlung zu Nicäa (325) beschlossen und auf der zu Konstantinopel (381) bestätigt wurde. Die Gegenlehre des Arius, daß der Sohn nur das erstgeschaffene Geschöpf und als solches freilich nicht Gott, aber der vorweltliche Vermittler der Schöpfung und der Erlöser sei, unterlag nach harten Kämpfen (s. Arianer). Die weitern kirchlichen Streitigkeiten bezogen sich nur auf das Verhältnis dieser zweiten göttlichen Persönlichkeit zu der Menschheit in C. Die Alexandrinische Schule sprach nur von einer Erscheinung der ewigen Logospersönlichkeit in menschlicher Daseinsform oder von einer Hinzunahme menschlicher Eigenschaften zu der Einheit einer gottmenschlichen Natur; die Antiochener lehrten ein Einwohnen des göttlichen Logos in dem Menschen Jesus. Letztere Lehre ward zu Ephesus (431), die Lehre von einer Vermischung göttlicher und menschlicher Natur zu Chalcedon (451) verdammt. Die seitdem kirchlich feststehende Lehre war die, daß in der Person Jesu Christi seit der Menschwerdung zwei ungetrennte und unvermischte Naturen, die göttliche des ewigen Sohnes und eine menschliche, verbunden seien.

Noch in der Reformationszeit wiederholte sich in dem Lehrstreite zwischen Lutheranern und Reformierten über Christi Person der alte Gegensatz zwischen Alexandrinern und Antiochenern in subtilerer Weise. Die luth. Dogmatik bildete die Lehre von der Mitteilung göttlicher Eigenschaften an die menschliche Natur in C., vor allem der Allgegenwart und der "Majestät", in der feinsten und künstlichsten Weise aus. Aber schon in der Reformationszeit haben die Socinianer, danach die Deisten und Rationalisten die Gottheit Christi bestritten, und letztere fanden das Göttliche in ihm nur in seiner "Weisheit und Tugend". Der Versuch der Hegelschen Schule, die Menschwerdung Gottes als tiefe spekulative Wahrheit zu begründen, schien nur zu einer Menschwerdung Gottes in der Gattung zu führen, und endete in Strauß mit dem Eingeständnisse, daß die göttliche "Idee" niemals ihre Fülle über ein einziges Individuum ausschütte, um gegen die andern zu geizen. Schleiermacher setzte das "Sein Gottes in C." in die Kräftigkeit seines Gottesbewußtseins oder in seine religiös-sittliche Urbildlichkeit, wurde aber ebenfalls von Strauß bekämpft, und in der spekulativen, von Hegel und Schleiermacher ausgegangenen Theologie wurde über die Möglichkeit der Annahme eines schlechthin unsündlichen Menschen gestritten. Die freiere Theologie der Gegenwart hat das Göttliche, dessen Offenbarung in C. der christl. Glaube festhalten muß, nur als den höchsten Ausdruck der in einem vollkommen gotteinigen Menschenleben offenbarten göttlichen Liebe gefaßt. Unter Festhaltung der wesentlich menschlichen Persönlichkeit Christi pflegt die Ritschlsche Schule seine "Gottheit" von neuem zu betonen, versteht aber darunter nur die Offenbarung des auf die Gründung des Gottesreichs gerichteten Willen Gottes in Christi Person und Werk. (S. Christentum und Jesus.) - Vgl. Baur, Die christl. Lehre von der Dreieinigkeit und Menschwerdung Gottes (3 Bde., Tüb. 1841-43); Dorner, Entwicklungsgeschichte der Lehre von der Person Christi (2. Aufl., 2 Bde., Berl. 1845-56); H. Schultz, Die Lehre von der Gottheit Christi (Gotha 1881); Herm. Schmidt, Zur Christologie (Berl. 1892).

Christusakazie, s. Gleditschia.

Christusbilder. C. werden zuerst bei einer gnostisch-häretischen Gemeinschaft im 9. Jahrh. erwähnt. Ein authentisches Bildnis Christi giebt es nicht. Die Kirchenväter haben Christus bald nach Joh. 52, 13; 53, 1, 3, 12 für häßlich, bald nach Ps. 45 für schön gehalten, und Augustinus spricht von der Veränderung der C. je nach der Verschiedenheit der Ideale. In vorkonstantinischer Zeit hat die christl. Kunst Christus in symbolisch-allegorischer Weise dargestellt, als Guten Hirten nach Joh. 10, 12 (s. Tafel: Altchristliche Kunst II, Fig. 4), als Fisch (s. Ichthys und Christusmonogramm) oder als Lamm. Seit dem 2. Jahrh. erscheint in den C. Christus als Jüngling von idealer Schönheit, aber im 4. Jahrh. kommt neben diesem Typus ein realistischer auf, der seit dem 6. Jahrh. vorherrscht und die übermenschliche Würde Christi zum Ausdruck bringt: das Antlitz ist ernst und bärtig, die ganze Haltung feierlich. Eine echte Christusstatue behauptete die palästinische Stadt Cäsarea Philippi zu besitzen. Seit dem 6. Jahrh. werden C. erwähnt, die von dem Evangelisten Lukas gemalt oder auf wunderbare Weise entstanden sein sollten. Edessa rühmte sich eines solchen Bildes, das angeblich von Christus an Abgar (s. d.) gesandt war, als Palladium der Stadt galt und von dort nach Konstantinopel und endlich nach Genua gekommen sein soll. Die abendländ. Parallele dazu bildet die Legende vom Schweißtuch (s. d.) der heil. Veronika. Ein apokrypher Brief mittelalterlichen Ursprungs, den Lentulus, der angebliche Vorgänger des Pilatus, an den röm. Senat gerichtet haben soll, schreibt Christus eine männlichschöne Gestalt und Gesichtsbildung zu. Ähnlich ist die Schilderung, welche um die Mitte des 8. Jahrh. Johannes von Damaskus nach alten Schriftstellern abgefaßt haben will. Christus sei hiernach von stattlichen Wuchs gewesen, mit zusammengewachsenen Augenbrauen, schönen Augen, regelmäßiger Nase, lockigem Haupthaar, mit schwarzem Bart und weizengelber Gesichtsfarbe, ähnlich wie seine Mutter u. s. w. Diese und andere Äußerungen haben natürlich keinen Anspruch auf Glaubwürdigkeit, ebensowenig irgend welche ältere bildliche Darstellungen. Das Mittelalter ist bei dem spätern Typus verblieben, ja es gestaltet ihn noch strenger; die Idee des Weltrichters ist die maßgebende. Dagegen hat die Renaissance schon im 15. Jahrh. diese Härte aufgelöst und, ohne die Hoheit des Heilandes aufzugeben, seine Züge weicher und menschlicher gestaltet.

Zu den schönsten Christusköpfen der klassischen Kunst gehört der aus dem Abendmahl von Leonardo da Vinci, der von Raffael in der Grablegung, ferner in der deutschen Kunst Dürers Christushaupt mit der Dornenkrone und die Christusköpfe von Tizian, wie z. B. auf dem Zinsgroschenbilde in der Dresdener Galerie. Unter den Spätern zeichnen sich Guido Reni (Dresden, Wien, Paris) und Lodovico Carracci durch charaktervolle Christusköpfe aus. Unter den Schöpfungen der Plastik ragen Brunelleschis Crucifix in Sta. Maria-Novella zu Florenz und Michelangelos Pietàgruppe durch die ergreifenden Christusköpfe hervor, von den Neuern sind in dieser Hinsicht Thorwaldsen, Dannecker und Rietschel zu erwähnen. Als Vertreter verschiedenartiger Auffassungen Christi in neuester Zeit seien die Maler H. Hosmann, E. von Gebhardt und F. von Uhde genannt. - Vgl. W. Grimm, Die Sage vom Ursprung der C. (Berl. 1843); A. Hauck, Die Entstehung des Christustypus in der abendländ. Kunst (Heidelb. 1880); V. Schultze, Die Katakomben (Lpz. 1882).

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