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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Corneille; Corneītis; Cornelĭa

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Corneille (Thomas) - Cornelia

mäßigkeit der klassischen Tragödie bezeichnet. In seinen folgenden Trauerspielen fügte sich C. den Forderungen der Akademie, auch bearbeitete er von nun an in der Regel aus der Geschichte des Altertums entlehnte Stoffe. 1640 trat C. mit zwei Dramen: "Horace" und "Cinna", hervor, durch die er den gegen ihn erhobenen Vorwurf mangelnder Schöpferkraft glorreich widerlegte. Von der franz. Kritik ward "Cinna" für sein bestes Werk gehalten, doch dürfte "Polyeucte" (1642) höher zu stellen sein. In dem "Mort de Pompée" (1643) tritt ein seinen spätern Schöpfungen zum Nachteil gereichender Hang zum Schwülstigen schon stark hervor. C.s Bearbeitung des "Menteur" (1644) nach Ruiz de Alarcon bedeutet den Anfang der Charakterkomödie in Frankreich. Schon in seinem Lieblingsstück, der Tragödie "Rodogune" (1647), ist C.s Dichterkraft nicht mehr auf der Höhe. Von da ab bewegt sich C.s dichterische Kraft in niedersteigender Linie; da er die Charakterzeichnung mehr und mehr vernachlässigt und seine Stärke in überraschenden Situationen und künstlichen Verwicklungen sucht, wird das Interesse, das die Handlung und die Personen seiner Tragödien hervorrufen, immer schwächer. Von diesen Stücken der letzten Periode (1645-74) verdienen nur "Don Sanche d’Aragon" (1650) und "Nicomède" (1651) noch Erwähnung. C. war 1647 Mitglied der Französischen Akademie geworden, hatte dann, nach dem Mißerfolg des "Pertharite" (1652), der Bühne den Rücken gewandt und seine Muse der geistlichen Dichtung ("Imitation de Jésus-Christ", 1656) gewidmet. Durch den Oberintendanten Fouquet wurde C. bewogen, seine Thätigkeit als Dramatiker wieder aufzunehmen, und so erschienen, mit "Oedipe" (1659) beginnend, noch zahlreiche nach derselben Schablone gearbeitete Stücke. Von seinem jüngern Zeitgenossen Racine wurde C. jetzt gänzlich verdunkelt. Seit 1662 lebte der Dichter in Paris, wo er 1. Okt. 1684 starb. Seine letzten Lebensjahre wurden durch dramat. Mißerfolge, ökonomische Sorgen und Todesfälle in der Familie vielfach getrübt. In seiner Vaterstadt wurde ihm 1834 ein Standbild (s. Tafel: Französische Kunst IV, Fig. 2) errichtet.

C. war der eigentliche Schöpfer der dramat. Poesie und der heroischen regelmäßigen Tragödie in Frankreich; von seinen 33 Stücken werden die vorzüglichsten noch immer mit Beifall gegeben. Sein Beiname "der große C." ist unangetastet geblieben und sein Ansehen hat durch die Zeit gewonnen, obschon Voltaires und Laharpes Kritik es zu schmälern geeignet war. Die Schwächen in der Anlage mehrerer seiner Stücke zeigte Lessing mit schlagender Kritik. Das einseitig Heroische seiner Charaktere und der Mangel an innerer Wahrheit sind nicht mehr bestrittene Mängel seiner Tragödien. Seine wenigen Prosaschriften behandeln dramaturgische Fragen. Unter den zahlreichen Ausgaben der Werke sind hervorzuheben: C.s eigene wichtige (2 Bde., Par. 1648; 4 Bde., 1664; 4 Bde., 1682), die von Voltaire kommentierte (12 Bde., Genf 1764; neue Aufl., 8 Bde., ebd. 1774), die grundlegende Gesamtausgabe von Marty-Laveaux (12 Bde.,Par. 1862-68; neue Aufl. 1887). Der "Cid" erschieß deutsch zuerst von Greflinger (1679), sämtliche Stücke von J. J.^[Johann Jeremias] Kummer (Gotha 1779-81). - Vgl. Taschereau, Histoire de la vie et des ouvrages de C. (Par. 1829; 3. Aufl., 2 Bde., 1869); Saint-René Taillandier, C. et ses contemporains (ebd. 1864); Picot, Bibliographie Cornélienne (ebd. 1875); Levallois, C. inconnu (ebd. 1876); Guizot, C. et son temps (7. Aufl., ebd. 1880); Faguet, Corneille (ebd. 1886); Bouquet, Points obscurs et nouveaux de la vie de P. C. (ebd. 1888); Lieby, C. Études sur le théâtre classique (ebd. 1892).

Corneille (spr. -néj), Thomas, Bruder von Pierre C., geb. 20. Aug. 1625 zu Rouen, gest. 8. Dez. 1709 zu Les Andelys. Ein Lustspiel in lat. Versen, das er als Schüler in dem Kollegium der Jesuiten gefertigt und das die Ehre der Aufführung erhielt, sowie der Beifall, den seines Bruders Werke fanden, veranlaßten ihn, sich der dramat. Dichtkunst zu widmen. Nachdem sein erstes, nach Calderon bearbeitetes Lustspiel "Les engagements du hasard" (1647) Beifall gefunden, schrieb er mehrere diesem ähnliche Stücke nach span. Vorbildern. Die meisten seiner Dramen (42) sind jetzt vergessen, obschon sie zu ihrer Zeit zum Teil mehr Interesse erregten als die seines Bruders, nach dessen Muster sich C. auch als Tragiker versuchte. Sein "Timocrate" (1656) und "Camma et Pyrrhus" (1661) fanden lange andauernden Beifall. Von seinen übrigen dramat. Werken sind zu erwähnen: "Stilicon" (1660), das heroische Lustspiel "L’inconnu" (1675) und vor allen "Ariane" (1672) und "Le comte d’Essex" (1678), die sich auf der Bühne erhalten haben. Auch als Mitarbeiter am "Mercure galant" machte sich C. beliebt; im Geiste der akademischen Sprachregelung schrieb er "Observations sur les remarques de Vaugelas" (2 Bde., Par. 1687). Nachfolger seines Bruders in der Akademie, arbeitete er nicht nur für das Wörterbuch derselben, sondern verfaßte auch das "Dictionnaire pour servir de supplément au dictionnaire de l’Académie française" (Par. 1694; neue Aufl., 2 Bde., 1732) und ein "Dictionnaire universel géographique et historique" (3 Bde., ebd. 1708), das als Grundlage der nachmaligen "Encyclopédie" angesehen werden kann und ihm die Mitgliedschaft in der Akademie der Inschriften eintrug. Seine "Poèmes dramatiques" erschienen in 5 Bdn., Paris 1692 u. ö. Als die vollständigste der ältern Ausgaben gilt die von 1722, von den neuern ist zu nennen "Théâtre complet" (Par. 1880), hg. von Thierry. - Vgl. Reynier, Thomas C.: sa vie et son théâtre (Par. 1893).

Corneītis, die Hornhautentzündung (s. d.).

Cornelĭa, eine edle Römerin aus dem Cornelischen Geschlecht, die jüngere Tochter des ältern Publius Scipio Africanus; sie war verheiratet an Tiberius Sempronius Gracchus, der 177 und 163 v. Chr. Konsul und 169 Censor war. Als Witwe schlug sie die Hand des Königs Ptolemäus Physcon von Ägypten aus. Ihre Tochter Sempronia war an den jüngern Publius Scipio Africanus verheiratet; ihre beiden Söhne sind die berühmten Tiberius und Gajus Sempronius Gracchus (s. d.), die sie beide überlebte. Als einst eine mit ihrem schmucke prangende Römerin den Schmuck der C. zu sehen verlangte, stellte sie ihr ihre Knaben als ihr edelstes Kleinod vor. Beim Heranwachsen der Söhne wurde sie voll Eifersucht gegen ihren Schwiegersohn erfüllt, dessen Ruhm nach der Bezwingung Karthagos den ihrer Kinder überragte. Als nun noch polit. Gegnerschaft zwischen diesen und Scipio hinzutrat, wurde ihr Haß so leidenschaftlich, daß, als Scipio am Tage, nachdem er die Erschlagung des Tiberius gefeiert, ermordet wurde, die öffentliche Meinung vielfach sie als Veranstalterin der Greuelthat bezeichnete. Ihre Briefe rühmt Cicero wegen

^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]