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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Culman - Culpa
7 Klassen, 75 Schüler, 3 Vorklassen, 43 Schüler),
höhere Mädchenschule und 2 Simultanvolksschulen
(das I. Juni 1776 in C. gegründete Kadettenhaus ist
1. Okt. 1890 nach Köslin verlegt)', eine Gasanstalt,
Wasserwerk, Scklackthaus, Krankenhaus, evang.
Waisenhaus, Martinsstist sür evang. Frauen, kath.
Hosvital und Armenhaus - Eisengießerei, Maschinen-
fabrik, Dampfmühle, je 2 Bierbrauereien und Dampf-
sägewerke; 6 Kram-, Vieh- und Pferdemärkte. -
Das Bistum C. wurde 1243 errichtet; Sitz des
Domkapitels war Culmsee, während der Bischof!
selbst zunächst in C., daraus in Löbau an der
Drewenz residierte, bis 1824 Bischofssitz und Dom-
kapitel nacb Pelplin (s. d.) verlegt wurde. C. ist die
älteste Stadt in Wrstpreußcn und bestand sckon vor
Ankunft der Deutschen Ritter, welche 1232 das
Schloß erbauten. Zur Zeit der Oroensherrsckaft!
hatte es den Vorrang unter den preuß. Städten,
bis es 1466 an Polen kam. Seitdem verfiel die Stadt
und begann erst, nachdem sie 1773 Friedrich 11. in
Besitz genommen, sich zu erholen. Schon 1233 er-
hielten die Städte Thorn und C. eine Urkunde über
ihre Freibeiten, die Culmische Handveste, die
1251 erneuert wurden. Das in derselben der Stadt
verliehene Reckt wurde 1394als CulmischesRecht
in füns Büchern aufgezeichnet. - Vgl. Bandtke, <Iu8
0u1mtM86(Warsch. 1814); Prätorius, Versuche über
die Culmiscke Handfeste (Tborn 1842).
Culman, Lienbart (Leonhard), Theolog und
Dichter, geb. 22. Febr. 1498 zu Crailsheim, wurde
1522 Rektor, 1549 Prediger in Nürnberg, verlor als
Anhänger der Osianderschen Rechtfertigungslehre
sein Amt und starb 1562 als Pastor zu Bernstatt bei
Ulm. Neben theol. Schriften und lebrbaften Reim-
büchlein hat C. Dramen verfaßt, deren Stärke in
der Didaktik liegt. In dem vielbenutzten "Spiel, wie
ein Sünder zur Buhe bekehrt wird" (Nürnb. 1539)
spiegeln sich C.s theol. Anschauungen wider. Das
"Spiel von der Wittfrau und dem Propheten Elisa"
<ebd. 1544) gab Tittmann neu heraus in den "Deut-
schen Dicktern des 16. Jahrh.", Bd. 2 (Lpz. 1868).
Culmerland, Culmische Handveste, Cul
misches Necht, s. Culm.
Culmsee, Stadt im Kreis Thorn des preuß.
Reg.-Bez. Marienwerder, am See von C. und an der
Linie Thorn-Marienburg der Preuß. Staatsbahnen,
hat <1890) 6327 E., darunter 1890 Evangelische
und 269 Israeliten, Amtsgericht (Landgericht
Tborn), Vorschußverein, Volksbank; einen schönen
Dom, 1251 erbaut, 1422 renoviert, große Zucker-
fabrik, Molkerei und Ringofenziegelei.
vniot (frz., spr. küloh; Verkleinerungsform von
cul), letztgedorenes Kind, Nesttücklein, Jüngster; in
der Baukunst stengelartige Verzierung mit Laubwerk.
Culotte lfrz., spr. külött), Hose, Beinkleid (s. auch
Sansculotten).
vnlpa (lat.), Schuld, im gewöhnlichen Sinn
Fahrlässigkeit. Wer durch Außerachtlassung der ge-
botenen Sorgfalt andere sckädigt, wird in den vom
Gesetz bezeichneten Fällen bestraft (s. Fahrlässigkeit).
Sodann erzeugt aber fahrlässiges Handeln oder
Unterlassen eine Verpflicktung zum Sckadenersatz.
Das gilt, wo nicht eine besondere Pflicht des Han-
delnden gegen die Personen, mit welcken er in Be-
rührung kommt, begründet ist, wie bei der Amts-
pflicht (s. d.) oder in Vertrags- oder andern obliga-
torischen Recktsverbältnissen <s. unten), nach Gemei-
nem Reckt n'ckt allgemein. Vielmebr gab das röm.
Reckt eme Klage auf Sckadenersatz wegen fahrlässi-
Brocthaus' Konversationslexikon. 14. Aufl.. IV.
ger Verletzung nur bei der Sachbeschädigung (s. d.),
und wegen fahrlässiger Körperverletzung ss. d.), die
durch die Praxis auf eine Haftung für fahrlässige
Tötung ausgedehnt ist. Jene Haftung wurde ein-
geführt durch eine 1.6X ^uilia (s. d.). Weil hier
wegen auch einer geringen Fahrlässigkeit (0. i6vig),
d. h. der Außerachtlassung der Sorgfalt eines ordent-
lichen Hausvaters gehaftet wird, bezeichnet man das
Maß dieser Fahrlässigkeit als aquilische 0. Auf die-
sem Standpunkt steht auch das Vürgerl. Gesetzbuch
für Sachsen, §§. 122,1483,1506 fg. Andere neuere
Gefetze sind weiter gegangen. Das Preuß. AUg.
Landr. 1,3 unterscheidet zwischen verschiedenen Gra-
den: ein Versehen, welches bei gewöhnlichen Fähig-
keiten ohne Anstrengung der Aufmerksamkeit vermie-
den werden könnte, nennt es ein grobes Versehen;
das ist die grobe Fahrlässigkeit des Gemeinen Rechts
((^.lata). EinmäßigesVersehenheihtnachAllg.Land-
reckt dasjenige, welches bei einem gewöhnlichen Grad
von Aufmerksamkeit vermieden werden konnte; ein
geringes Versehen ist dasjenige, welches nur bei vor-
züglichen Fähigkeiten oder bei einer besondern Kennt-
nis der <^ache oder des Geschäfts oder durch eine
ungewöhnliche Anstrengung der Aufmerksamkeit ver-
mieden werden konnte. Das letztere soll nur von
solcken Personen vertreten werden, welche die Ge-
setze besonders verpflichten, vorzügliche Fähigkeiten
oder Kenntnisse oder eine mehr als gewöhnliche Auf-
merksamkeit bei einer Handlung anzuwenden. Das
Allg. Landrecht verpflichtet sodann aber jeden zum
Ersatz des gesamten Schadens und des entgangenen
Gewinns, wenn er einen andern ohne Recht Scha-
den aus grobem Versehen zugefügt hat (1, 6, §. 10).
Wer aus mäßigem Versehen geschädigt hat, soll nur
für den wirtlichen Schaden haften, und wer für ge-
ringes Versehen haftet, nur für den unmittelbaren
Sckaden (§ß. 12,15). Über die weitergehenden Be-
stimmungen des franz. Rechts, des Österr. Vürgerl.
Gesetzbuchs und des Deutschen Entwurfs s. Arglist.
In Vertrags- und andern obligatorischen Verhält-
nissen wird gemeinrechtlich mit wenigen Ausnahmen
auck für geringes Versehen gehaftet; umgekehrt aus-
gedrückt: der Verpflichtete muß die Sorgfalt eines
ordentlichen Hausvaters (äiliFentig. doui Mti-i8 lg.-
inNia8) anwenden und dafür aufkommen; nach dem
Deutschen Handelsgesetzbuch Art. 282 hat jeder bei
einem Geschäft, welches auf seiner Seite ein Han-
delsgeschäft ist, die Sorgfalt eines ordentlichen
Kaufmanns anzuwenden.
Hat der Kontrahent die Bewachung (cu8tock'a)
ausdrücklich oder nach der Natur des Vertragsver-
hältnisses übernommen, so haftet er, wenn er hierin
etwas versehen, insonderheit keine zuverlässigen
Wächter angestellt, die zu verwahrenden Sachen
nicht unter ordnungsmäßigen Verschluß gebracht
hat, bei Schaden durch Diebe oder Feuer u. dgl.
für (^. iu eugtoäißiiäo.
Wer bloß im Interesse des Gläubigers eine Schuld
übernimmt, wie der röm. Depositar, welcher kein
Entgelt für seine Dienste nahm, soll nur für grobe
Verschuldung haften. Dagegen haftet der, welcher
fremde Gesckäfte führt, wie der Beauftragte auch für
geringes Verschen. Der Gesellschafter, der Vormund
und der Ehemann bei Verwaltung der Sachen seiner
Ehefrau sollen nach Gemeinem Recht nur für sog.
l^. iu c(iuci-6t0, d. h. diejenige Sorgfalt haften, welche
sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen.
Wer sich eines Gehilfen oder eines Stellvertreters
bedienen darf, haftet gewöhnlich nur für die sorg-
40.