Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

770

Dänemark (Geschichte)

für die gemeinschaftlichen innern Angelegenheiten der Monarchie bestand nur von 1855 bis 1858; seine Geschäfte wurden dann dem Finanzministerium überwiesen.) Die ursprüngliche Absicht bei Aufstellung jener Grundzüge ging dahin, einen gemäßigten Absolutismus walten zu lassen. Die erste (oktroyierte) gemeinschaftliche Verfassung vom 26. Juli 1854 bestellte nämlich nur eine Repräsentation mit beratender Stimme, den Reichsrat, dessen Mitglieder fast zur Hälfte der König ernennen sollte. Aber dagegen erhob sich eine so lebhafte Opposition in D., daß der König das gesamtstaatliche Ministerium entließ. Darauf vereinbarte man mit dem dän. Reichstage die zweite gemeinschaftliche Verfassung vom 2. Okt. 1855: ein Reichsrat, bestehend aus zwei Kammern, Landsthing und Folkething, mit beschließender Kompetenz, im ganzen 80 Mitglieder, von denen 20 durch den König, 30 durch die Einzelpräsentationen und 30 durch direkte Wahlen, alles im Verhältnis der Volkszahl der einzelnen Reichslande, gewählt werden sollten. So waren die Herzogtümer von vornherein einer dän. Majorität unterworfen. Den Ständen der Herzogtümer legte man diese Verfassung nicht zur Begutachtung vor.

Nachdem abermals ein Jahr vergangen war, erhoben zuvörderst die Stände des Herzogtums Lauenburg beim Bundestag Beschwerde, weil die dän. Regierung zur Veräußerung der lauenb. Domänen zum Vorteil des Gesamtstaates schritt (Okt. 1857). Gleichzeitig machten Preußen und Österreich beim Bundestag im Interesse Holsteins Vorlagen, sodaß nun der Deutsche Bund 29. Okt. 1857 sich mit der Holstein-Lauenburgischen Frage zu beschäftigen begann. Die Sache ward an einen Ausschuß verwiesen und 11. Febr. 1858 beschloß der Bundestag: daß die gemeinschaftliche Verfassung von 1855 sowie einzelne Abschnitte der holstein. Sonderverfassung, weil diese mit den Landständen nicht beraten worden, als in verfassungsmäßiger Wirksamkeit stehend nicht angesehen werden könnten; daß überhaupt die Zusage der Gleichberechtigung und Selbständigkeit für die Herzogtümer nicht erfüllt sei. Die dän. Regierung gab jedoch darauf eine abweisende Antwort und ging auf derselben Bahn vorwärts. Sie ließ sich auch durch die weitern Bundesbeschlüsse vom 20. Mai und 12. Aug., welche eine Bundesexekution in Holstein-Lauenburg in Aussicht stellten, nicht einschüchtern, sondern trachtete nur dahin, die Verhandlungen in die Länge zu ziehen, während sie zugleich unter der Hand die außerdeutschen Großmächte zur Einmischung aufforderte. Erst unter dem Eindrucke des Umschwungs in Preußen (Regentschaft des Prinzen Wilhelm, Okt. 1858) ward man in Kopenhagen nachgiebiger, und es erfolgte nun das Königliche Patent vom 6. Nov. 1858, wodurch die gemeinschaftliche Verfassung von 1855 für Holstein-Lauenburg ausgehoben und für diese Lande in gemeinschaftlichen Angelegenheiten die absolute Königsgewalt wiederhergestellt wurde. Für Dänemark-Schleswig sollte dagegen die gedachte Verfassung und der Reichsrat unverändert fortbestehen bleiben. Gleich darauf, Jan. 1859, erfolgte eine Berufung der holstein. Stände, um mit denselben wegen eines Wiederanschlusses an die Gesamtstaatsverfassung zu verhandeln. Die Stände lehnten jedoch die Regierungsvorlagen ab und arbeiteten ihrerseits einen Entwurf aus, wonach der Reichsrat vollends wegfallen und die Regierung in allen gemeinschaftlichen Angelegenheiten direkt mit den Repräsentationen der einzelnen Reichslande verhandeln sollte. Natürlich ward aber der Vorschlag in Kopenhagen verworfen. Da schritt der Bundestag wieder ein und forderte, daß, solange eine Gesamtrepräsentation fehle, dem holstein. Landtage in allen gemeinschaftlichen Angelegenheiten dieselbe legislative und finanzielle Befugnis eingeräumt werde wie dem dän.-schlesw. Rumpf-Reichsrat (8. März 1860). Als die dän. Regierung, namentlich in der Budgetfrage, diese Forderung nicht zugestehen wollte, drohte ein weiterer Bundesbeschluß mit der Exekution (7. Febr. 1861). Die dän. Regierung machte nun eine Konzession, indem sie die holstein. Stände wieder berief und diesen neue Entwürfe zu einer Gesamtverfassung vorlegte; allein zu einer Verständigung konnte es bei den entgegenstehenden Ansichten auch diesmal nicht kommen. Dies war der letzte Versuch zu einer Rekonstruktion der gemeinschaftlichen Verfassung. Die Verbindung zwischen Dänemark-Schleswig wurde indessen durch Gesetze und administrative Maßregeln immer enger und mitten in Schleswig wurden große Fortifikationen gegen Deutschland, das Danewerk und die Schanzen bei Düppel, angelegt. Man suchte eine Stütze an den Nachbarreichen Schweden-Norwegen zu gewinnen, deren König, Karl XV., mit Friedrich VII. befreundet war.

Unterdessen erlangte die dän. Regierung eine Einstellung des Bundesexekutionsverfahrens, indem sie versprach, in betreff des holstein. Beitrags zum Gesamtbudget sich mit den Positionen des Normalbudgets begnügen zu wollen; die so gewonnene Frist sollte zu internationalen Verhandlungen zwischen D. und den deutschen Großmächten benutzt werden. Der Bundestag beruhigte sich dabei (12. Aug. 1861). Allein eine preuß. Cirkulardepesche vom 27. Juni 1862 führte Beschwerde darüber, daß die holstein. Quote zum Mehrbedarf aus dem Reservefonds dieses Herzogtums entnommen wurde. In den internationalen Verhandlungen (Okt. 1861 bis Nov. 1862) kamen dann auch die Verhältnisse des Herzogtums Schleswig zur Sprache, und eine preuß. Denkschrift stellte die Klagen über die dortigen Zustände, die längst in der deutschen Presse einen Widerhall gefunden hatten, in offizieller Weise dar. Aber D. beharrte in einer ablehnenden Haltung und verweigerte aufs entschiedenste jede Verhandlung über das Herzogtum Schleswig. Da machte England in einer Note vom 24. Sept. 1862 Vergleichsvorschläge, die zum Teil an den Entwurf der holstein. Stände von 1859 anknüpften, und die russ. Regierung erklärte sich bereit, diese Vorschläge zu befürworten. Die deutschen Großmächte gingen ebenfalls darauf ein (27. und 29. Okt.), D. jedoch wies 6. Nov. die engl. Vorschläge in Kopenhagen auf das allerbestimmteste zurück; eine zweite Note Russells vom 20. Nov. und eine dritte vom 21. Jan. 1863 blieben gleichfalls ohne Wirkung. So schlossen die internationalen Verhandlungen. Die holstein. Ständeversammlung vom Jan. 1863 hielt daran fest, daß sie nur in einer Wiedervereinigung der Herzogtümer eine befriedigende Lösung der Verwicklungen finden könnte; ihre Adresse an den König wurde zurückgewiesen, worauf sie den Schutz des Bundestags für die Rechte und Interessen des Landes anrief (7. März). Die Regierung antwortete darauf mit der allerhöchsten Bekanntmachung vom 30. März, wodurch die schon längst von der dän. Presse empfohlene Aussonderung Holsteins nunmehr angeordnet ward. Danach sollte das Herzogtum ebenso wie Lauenburg nur ein zinspflichtiges