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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dänische Sprache und Litteratur

steller Dänemarks in der Reformationszeit, ein Luther für die dän. Sprache. Außer den Volksbüchern "Keiser Carl's Krönike" (Kopenh. 1501) und "Olger Danske's Krönike" (Par. 1514) sorgte er u. a. durch das Gebetbuch "Vor Frue Tider" (ebd. 1514) und besonders "Jertegns Postil" (ebd. 1515) für das geistliche Bedürfnis des Volks. Alle seine Schriften (Gesamtausgabe von Brandt und Fenger, 5 Bde., Kopenh. 1850-56) wurden in vielen Auflagen verbreitet. (Vgl. Brandt, Om Lunde-kanniken Ch. Pedersen og hans Skrifter, 1882.) Da Hans Mikkelsens dän. Übersetzung des Neuen Testaments (Lpz. 1524) sprachlich nicht genügte, übertrug Pedersen aus dem Grundtexte das Neue Testament (Antw. 1529) und den Psalter (ebd. 1531), und leitete endlich auch die von Christian III. veranstaltete Übersetzung der ganzen Bibel (Kopenh. 1550), ein Nationalwerk und hinsichtlich der Sprache zugleich ein Meisterwerk. Nächst Pedersen machten sich Poul Eliesen, genannt Vendekaabe, Peter Litle von Roeskilde, Hans Tausen, Peter Plade (Petrus Palladius), Niels Hemmingsen besonders um die dän. Sprache und Litteratur verdient. Viele traten auch als Liederdichter auf. Die ältesten dän. geistlichen Lieder sammelte der Prediger Hans Thomissön (gest. 1573) in dem "Dansk Psalmebog" (zuerst Kopenh. 1569). Das wissenschaftliche Streben wurde durch die Reformation ebenfalls nachhaltig gefördert, und besonders wurde die Neigung für geschichtliche Arbeiten geweckt. So schrieben während des 16. und 17. Jahrh. Hans Svaning der Ältere, der treffliche Anders Sörensen Vedel (1542-1616), Arild Hvitfeld ("Danmarks Riges Krönike", 10 Bde., Kopenh. 1595-1604), Niels Krag, Claus Christoffer Lyskander ("Danske Kongers Slägtebog", ebd. 1622), Joh. Isaksen Pontanus, Jonas Ramus u. a. teils in lat., teils in dän. Sprache eine große Anzahl nationalgeschichtlicher Werke. Hiermit im Zusammenhang stand die Richtung auf das Studium der Philologie und des Altertums überhaupt, sowie des nordischen Altertums insbesondere. Auf Anregung der Isländer begannen im Anfang des 17. Jahrh. Ole Worm (s. d.), Thom. Bartholin der Jüngere, Peter Resen, Otto Sperling, vor allen Peter Syv den Weg zu bahnen, auf dem dann mit großem Erfolge weiter gearbeitet wurde.

In die Zeit nach der Reformation fallen die ersten Anfänge der neuern dän. Poesie. Meist lieferte die Bibel den Stoff zu Hymnen, erbaulichen Erzählungen und dramat. Versuchen. Unter dem vielen Unbedeutenden ragt das episch-dramat. Gedicht "Peter Smed" (hg. von Grundtvig 1880), eine Geißelung des Papsttums, besonders hervor. Überhaupt steht die dän. Litteratur ganz unter dem Einfluß der deutschen. Nicht gering ist die Zahl derer, die im 17. Jahrh. nach dem Vorbilde von Hieron. Justesen Ranchs (gest. 1607) oft gedruckten Dramen "Kong Salomon's Hylding" (1585), "Samson's Fängsel" (1633) und "Karrig Niding" (1633) und Peder Hegelunds (gest. 1614) "Susanna" (1578) biblische Stoffe dramatisch behandelten. Die Reihe dieser Dichter beschloß Erik Pontoppidan der Ältere (gest. 1678) mit der "Comödie om Tobiä Giftermaal" (1635). Anders Arrebo (gest. 1637) versuchte zuerst in dem "Hexameron" (um 1641, hg. 1661) einen ernsten epischen Ton anzustimmen, und Anders Bording (gest. 1677) war glücklich im lyrischen Gelegenheitsgedicht ("Poetiske Skrifter", 2 Bde., Kopenh. 1735). Allein dieser wie jener stand unter dem Einflusse von Opitz. Eine höhere Stufe erreichte die dän. Poesie in dem Lyriker Thom. Kingo (1634-1703), der in dem "Aandelige Sjungechor" (2 Tle., Kopenh. 1674, 1681; zuletzt hg. von Hammerich und Rode, ebd. 1856), sowie dem "Kirke-Psalmebog" (ebd. 1689; zuletzt 1827) eine Fülle herrlicher geistlicher Lieder bot, und in dessen Zeitgenossen Jörgen Sorterup (gest. 1723), der das alte Heldenlied ("Nye Heltesange", ebd. 1716) wieder belebte. Neben ihnen dichtete der Norweger Peter Daß (gest. 1708) biblische und Volkslieder ("Nordlands Trompet", aus dem Jahre 1692; "Norsk Dalevise", 1713; "Aandelig Tidsfordriv", 1711, u. s. w.). Jens Sten Sehested (gest. 1698) und Povel Juul (gest. 1723) widmeten sich der beschreibenden und didaktischen Poesie. Thöger Reenbergs (gest. 1742) "Poetiske Skrifter" (2 Bde., 1769) zeichnen sich durch leichten Vers, sorgfältige Behandlung der Sprache und ungesuchten Witz aus.

Eine neue Epoche der dän. Nationallitteratur begann mit dem genialen Ludw. von Holberg. Derselbe stiftete zwar keine eigene Schule, wurde aber der Begründer der dän. Schaubühne und gab in seinen übrigen poet. und prosaischen Werken dem dän. Nationalcharakter nachhaltige Anregungen. Holberg und in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts Johannes Ewald, gleich bedeutend als Lyriker wie als Dramatiker, bezeichnen die Blüte der dän. Litteratur. Um diese Zeit bot Joach. Wieland (gest. 1730) durch "De lærde Tidender" (1720-30) zuerst auch ein Organ für wissenschaftliche Kritik. Die 1742 gegründete königl. Gesellschaft der Wissenschaften sowie die 1744 von Langebek errichtete dän. Gesellschaft zur Verbreitung der nordischen Geschichte und Sprache übten vielen Einfluß auf die Ausbildung der Sprache. Die mit königl. Unterstützung gestiftete Gesellschaft zur Beförderung der Litteratur und des ästhetischen Geschmacks setzte (1759) Preise für gute prosaische und poet. Leistungen aus und veröffentlichte die gekrönten Arbeiten (7 Bde., Kopenh. 1764-79). Für die ästhetische Kritik begründeten Jens Schelderup Sneedorff in den Zeitschriften "Patriotisk Tilskuer" (1761-63) und Jakob Baden (gest. 1804) in "Kritisk Journal" (1768-72, 1774-79) gutgeleitete Organe. Letzterer wirkte nicht nur als unparteiischer Kritiker in der Quartalschrift "Kjöbenhavns Universitäts-Journal" (1793-1801), sondern auch als Grammatiker und Übersetzer (z. B. des Tacitus) für Reinheit und Bereicherung der Muttersprache. Der deutsche Dichter und Kritiker Joh. Elias Schlegel stand an der Spitze der deutschen Partei und bemühte sich mit Erfolg, den Gottschedschen Geschmack in die dän. Litteratur einzuführen. Sonst machten sich noch Adolf Gotthard Carstens (gest. 1795) als Kritiker und Werner Hans Fr. Abrahamson (gest. 1812) als Sprachforscher verdient. Später gewannen Levin Christian Sander (gest. 1819) und Knud Lyne Rahbek (gest. 1830) als Kritiker auf die Bildung des Geschmacks Einfluß. Des letztern Zeitschriften "Minerva" (1785) und "Danske Tilskuer" (1791-1806) fanden vielfache Nachahmungen. Neben Holberg, und zum großen Teil durch ihn angeregt, traten als Dichter auf: Christian Falster (gest. 1752) und Christian Braunmann Tullin (gest. 1765: "Samtlige Skrifter", 3 Bde., 1770-73), der sich in der Lyrik und der beschreibenden Poesie im franz. Geschmacke hervorzuthun suchte. Zur Zeit Christians VI. dichtete der zweite bedeutende geistliche Lyriker der Dänen, Hans Adolf Brorson (gest. 1764; "Psalmer og aan-^[folgende Seite]