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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dehn - Dehnbarkeit
aber auch die Größe und der Glanz des alten D.
Nach ihnen herrschten hier lange Zeit ind. Konige.
1011 wurde D. vom Sultan Mabmud von Gbasna
erstürmt und geplündert und das Land eine Provinz
des Ghasnavidenreichs unter eigenen Radschas, die
sich allmählich selbständig machten. Daher drang
1193 der Sultan Muhammad Ghori abermals nach
D. vor, besiegte nach hartnäckigem Kamps den Für-
sten von D., eroberte die Hauptstadt und setzte über
sie einen ihm zinsbaren Radscha. Aber bald nach-
dem er Indien wieder verlassen, stürzte der Gouver-
neur Qutb-ud-din den eingesetzten Fürsten, machte
D. zum Mittelpunkt eines noch mächtigern Reichs
und wurde Gründer der ersten türk. (sog. Sklaven-)
Dynastie, deren Herrscher alles Land vom Pandschab
bis Vengalen sich unterwarfen, und deren Hof der
glänzendste und prächtigste in Asien wurde. Diese
Dynastie ging 1290 unter, und die zweite türk. Dy-
nastie, die Chiloschi, kam in den Besitz des Reichs.
Ala-ud-din (1295-1315) verteidigte dasselbe sieg-
reich gegen die wiederholten Angriffe der Mongolen.
Bald nach seinem Tod gelangte die dritte türk. Dy-
nastie (Pandschab-Türken) unter Muhammed Tngb-
lak zur Regierung. 1398 zog Timur vor D., besiegte
die Mohammedaner, eroberte die Stadt und plün-
derte sie. Dem Haus Tughlak folgten 1414-50 die
Sajjid, bis 1450 die Pathanen- oder Afghanen-
dynastie Lodi den Thron bestieg. Allein schon 1526
wurde dieselbe durch einen Nachkommen Timurs,
Sultan Babar, nach der Schlacht bei Panipat ge-
stürzt, worauf Vabar als erster Großmogul den er-
oberten Thron bestieg. In furchtbarer Weise wurde
D. 1729 nach dem Sieg Nadir-Schahs über den
Großmogul verwüstet; ebenso 1756 durch die Af-
ghanen unter Ahmad-Schah und durch die Mahrat-
ten 1771. Hierdurch verlor D. feinen berühmten
Glanz und sank in Ruinen. Als die Engländer 1803
den Mahrattenführer Daulat Rao Sindbia besiegt
hatten, besetzten sie auch D., ließen dem völlig macht-
losen Großmogul zwar noch einen Schein seiner
frühern Größe, stellten ihn aber unter die Aufsicbt
eines brit. Residenten. Seit dieser Zeit war D. engl.
Besitztum. Doch galt es noch immer als die eigent-
liche Hauptstadt der Mohammed. Indier und war
der Hauptsitz des moslem. Fanatismus.
Nachdem 10. Mai 1857 in der 45 km nordöstlich
von D. gelegenen Garnisonsstadt Mirat die Sipahi
sich gegen die brit.Herrschaft erhoben hatten, vereinig-
ten sie sich am folgenden Tage mit den sipahi von
D., welches von europ. Truppen entblößt war und
nun der Brennpunkt des Aufstandes wurde. Im
Besitz der Waffenmagazine und des Artillerieparks,
riefen die Aufständischen den 90jährigen Radscha
Bahadur zum König von Indien aus. Die herbei-
geeilten Briten, kaum 6000 Mann stark, mußten
sich gegen die ihnen zehnmal überlegenen Sipabi
monatelang darauf beschränken, D. eingeschlossen zu
halten. Sie erlitten zwar durch Cholera und Fieber
sowie durch wütende Ausfälle der Aufständischen be-
deutende Verluste, hielten aber doch ihre Stellungen
vor der Stadt fest. Erst nach der Ankunft schweren
Belagerungsgeschützes und dem Zuzug des Generals
Nicholson mit dem Hilfskorps aus dem Pandfchab
(20. Aug.) zählte die Velagerungsarmee 13-14000
Mann, darunter kaum 5000 Europäer. 29. Aug. be-
gann General Wilfon die Offensive und nach hefti-
gem Bombardement 14. Sept. die Bestürmung. Jedes
Thor, jede Straße, jedes Gebäude mußte in mörde-
rischem Kampf erobert werden. Erst 20. Sept., nach
dem Abzug der letzten Sipahi und der Flucht des
Hofs, war D. wieder vollständig der brit. Herrschaft
unterworfen. 1877 fand in D. der glänzende "Dur-
bar" der Fürsten Indiens unter Lord Lytton als
Vicckönig statt, um der Königin Victoria den Titel
"Kaiserin von Indien" beizulegen.
Dehn, Siegfr. Wilh., Musiktheoretiker, geb.
25. Febr. 1799 zu Altona, studierte 1819-22 zu
Leipzig Rechtswissenschaft, wandte sich aber später
der Musik zu, in der er sich durch die Herausgabe
älterer Werke (sieben Vuhpsalmen des Orlandus
Lassus, Verl. 1838) und durch Lehrbücher verdient
macbte. Unter ihnen ist die in zweiter Austage von
V. Scholz (ebd. 1883) bearbeitete "Lehre vom Kontra-
punkt u. i'. w." das wichtigste. 1842-48 redigierte
D. die Zeitschrist "Cäcilia"; er starb 12. April'i858
als Kustos der musikalischen Abteilung an der
königl. Bibliothek zu Berlin. Zu seinenSchülern
zählen Kiel, Rubinstein, Kullack, Cornelius.
Dehna oder D a h n a <d. h. die Rote), auch Roba
el-Khali ("leerer Raum") genannt, ^andwüfte in
Südarabien, ist etwa 132 000 <i1<in groß und wird von
Oman, Hadramaut und Jemen begrenzt. Der etwa
120 m mächtige Sand ruht auf dem wahrscheinlich
archäischen oder basaltischen Gerüst der Halbinsel.
Der herrschende Ostwind häuft den Sand zu hohen
und langen nordfüdstreichendcn Rücken auf und ver-
weht jede Spur; auch herrfcht Wassermangel. Unter
20° nördl. Br. tritt die Wüste nahe an das Meer
heran (Golf von Mosera). Hitzegrade von 40° 0.
im Schatten sind nicht ungewöhnlich; auch nachts
bält sich die Temperatur hoch, da das Land niedrig
liegt. Gegen N. geht die Wüste D. in die Wüste
der Kleinen Nefud über, welche wieder gegen
NW. den Übergang zu der zweiten großen arad.
Wüste bildet, welche ebenfalls D. oder die Große
Nefud heißt und 900 in hoch liegt.
Dehnbarkeit, die Eigenschaft fester Körper,
infolge Einwirkung mechan. Kräfte ohne Auf-
hebung des Zusammenhangs durch Verschiebung
ihrer Teilchen eine bleibende Veränderung ihrer
Gestalt in einer oder mehrern Richtungen zu ge-
statten. Die D. ist nicht zu verwechseln mit der
Elasticität (s. d.), da es bei der Bestimmung der D.
auf bleibende Gestaltsänderung ankommt, also die
D. erst da angeht, wo die Elasticität aufhört. Als
Maß für die Größe der D. hat man die Dünne der
Drähte, Fäden oder Bleche und Blätter zu betrach-
ten, zu der man einen Körper auszudehnen im
stände ist, wobei zu beachten ist, ob dies allmählich
und langsam geschieht, bei welcher Temperatur der
Körper, bei welchen chem.Beimischungen zumHaupt-
stoffe, m welcher Weise die Bearbeitung der Körper
erfolgt u. dgl. m. Vorzüglich wichtig ist die Eigen-
schaft der D. bei Metallen, da besonders bei diesen
davon technische Anwendung gemacht wird. Man
unterscheidet bei den Metallen drei Hauptarten der
D., nämlich die Ziehbarkeit, d. h. die Eigenschaft,
sich zu feinen Drähten ziehen zu lassen; die Streck-
barkeit oder die Eigenschaft, sich zwischen Walzen
zu Blechen strecken zu lassen, und die Hämmer-
barkeit, d.i. sich beim Hämmern geschmeidig zu
erweisen. Diesen Eigenschaften entsprechen drei
Hauptarten der Bearbeitung, und es ordnen sich
hiernach die Metalle in besondere Reihen. Die an
gesponnenen Fäden oder Geweben beobachtete D.
ist nur zum Teil der Substanz an sich zuzuschreiben,
da sie meist darauf beruht, daß jene ein lückenhaft
verbundenes Aggregat von Haaren und Fäden sind.