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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Depositar - Depositenwesen
telns zu mehr als dreimonatigem Gefängnis, oder
3) viermal wegen Verbrechen oder Vergehen der
aufgeführten Art zu mehr als dreimonatigem Ge-
fängnis, oder endlich 4) siebenmal überhaupt zu
Gefängnis, wovon zweimal wegen Vergehen der
erwähnten Art und noch zweimal zu mehr als drei
Monaten verurteilt worden sind. Den Vagabunden
werden ausdrücklich gleichgestellt diejenigen Per-
sonen, welche durch Begünstigung der Prostitution
ihren Lebensunterhalt erwerben ("tou8 inäiviäug ^ui
Q6 til6Qt tlHditU6ii6M6Ut Ikur 8ud8i8ttMC6 HU6 äu
fI.it ä6 tacilitel la Prostitution ä'^utrui 8ur lg.
vois pudl^ue", Art. 4), und es werden mit dieser
Bestimmung die Zuhälter der Lohndirnen getroffen,
welche die öffentliche Ausübung der Prostitution
erleichtern (nach offiziöser Schätzung, die aber hinter
der Wirklichkeit weit zurückbleibt, allein in Paris
40000). Diese Bestimmung entspricht der Gesamt-
tendenz des Gesetzes, die gewohnheitsmäßigen Ver-
brecher aus Frankreich zu entfernen. Ob der Zweck
erreicht wird, das wird wesentlich von der Ausfüh-
rung abhängen, und in dieser Beziehung giebt das
Gesetz den Verwaltungsbehörden weitgehende Voll-
machten zu Anordnungen wegen Aufrechthaltung
der Ordnung und Aufsicht, wegen Einführung der
Zwangsarbeit in den Kolonien und auch zur Be-
zeichnung der Kolonialstationen. Von diesen Voll-
machten ist in dem erwähnten Ausführungsregle-
ment (41 Artikel) ausgiebig Gebrauch gemacht.
Der Entwurf eines Strafgesetzbuchs für Rußland
hat entsprechend dem bestehenden Recht die D. auf-
genommen. Sie soll gegen diejenigen, welche zur
Katorga (Zwangsarbeitsstrafe) oder zu Festungs-
haft von 6 bis 10 Jahren verurteilt sind, dergestalt
verhängt werden, daß die Sträflinge nach Ver-
büßung der Strafzeit nach besonders hierfür an-
gewiesener Artlichkeit zum Zwecke der Ansiedelung
auf unbesetzten Ländereien deportiert werden. Neben
diesen gerichtlich zur Ansiedelung Verschickten kom-
men noch vor: die Insassen der in Sibirien ange-
legten Katorgagefängnisse, die zum Aufenthalte
Verschickten, die zu kolonisierenden Arbeiter und die
administrativ Verbannten. Die Gesamtzahl der
Deportierten wird für Westsibirien auf 75 930 und
für Ostsibirien auf 122 036 angegeben. - In Deutsch-
land ist die D. als Strafe bisher nicht zur An-
wendung gekommen.
Vgl. von Holtzendorsf, Deportation (Lpz. 1859);
Fuld, Das franz. Gesetz über die Rückfälligen (im
"Archiv für Strafrecht", Bd. 34, Verl. 1886); Liszt
in der "Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissen-
schaft", V, 641 u. VI, 712; Mayer, Entwurf eines
Strafgesetzbuchs für Rußland (im "Archiv für Straf-
recht", Bd. 31, Verl. 1883); Tournade, kommen-
tkir6 äs 1a. loi 8nr 168 i'6eiäivi8t63 (Par. 1885);
Fabri, Bedarf Deutschland der Kolonien? (3. Ausg.,
Depositar, s. Depositum. Wotha 1884).
Depositen (lat. ä6po8iw), bei Banken (s. Depo-
sitenbanken), Behörden oder eigens dazu bestimmten
öffentlichen Kassen (Depositenkassen) hinter-
legte Sachen (s. Depositenwesen und Deposition).
Depositenbanken, solche Banken, welche das
Depositengeschäft ganz besonders pflegen. Dabei
handelte es sich ursprünglich um eigentliche Depo-
siten, d. i. um hinterlegte Gelder, die von den Vank-
unternehmungen nicht benutzt werden durften, son-
dern in den erhaltenen Geldstücken, welche nur Eigen-
tum des Hinterlegenden blieben, zurückgegeben wer-
den mußten. Doch konnte der Deponent auch Aus-
zahlung an einen Dritten bewilligen, und so konnte
sich aus den Depositen zur Aufbewahrung der Giro-
verkehr entwickeln, nur daß hier die von der Bank
in n^wra aufbewahrten Gelder den sämtlichen De-
ponenten zusammen gehörten, jedem einzelnen ein
seinem jeweiligen Guthaben entsprechender Anteil
an dem Gesamtgeldbestande. Dieselbe Bedeutung
eines eigentlichen Depositums hat auch heute noch
die Hinterlegung von Wertgegenständen, verschlosse-
nem oder versiegeltem Gelde zur Aufbewahrung
und von Wertpapieren zur Aufbewahrung und
Verwaltung. (S. Depot.) In jüngster Zeit hat sich
in Amerika und England dieses Geschäft bereits
selbständig abgezweigt, indem von Aktiengesellschaf-
ten große Gebäude angelegt worden sind, in denen
man feuer- und diebessichere Aufbewahrungsräume
mieten kann. Außerdem werden im Depositengeschäft
der Banken Gelder als irreguläre, uneigentliche
Depositen angenommen, sog. Depositen zur Be-
nutzung. Das hinterlegte Geld geht in das Eigen-
tum der Bank über; die Bank hat das Recht, dieses
Geld fruchtbringend zu verwenden. Sie ist deshalb
imstande, den Einlegern erhöhte Vorteile zu bieten.
Eine Verzinsung tritt zwar nicht immer ein; sie ist
Regel, wenn eine bestimmte Kündigungsfrist vor-
gesehen ist, und zwar dann um so höher, je länger
diese Frist. Für stets fällige (on caii) dem Giro-
verkehr dienende Depositen pflegen die großen Cen-
tralbanken keine Zinsen zu gewähren, wohl aber
andere Banken, wenngleich zu einem sehr niedrigen
Satze. Aber auch abgesehen von den Zinsen bietet
der Depositenverkehr dem Einleger andere Vorteile:
so entfallen die frühern Gebühren für die Aufbewah-
rung, und die gemachten Einlagen geben die Grund-
lage für den sich daran anschließenden Giroverkehr
(s. d. und Check). Bei der großen Wichtigkeit und
der Verbreitung des Depositengeschäfts ist es be-
greiflich, daß gegenwärtig die meisten Banken Depo-
siten in dieser oder jener Form entgegennehmen.
Besondere Arten der im Bankverkehr vorkommen-
den Depositen sind die Privat- und die öffent-
lichen Depositen; letztere sind vom Staate eingelegt.
Nicht nur zur Beurkundung, sondern auch zur Über-
tragung der Depositen geben manche Banken auf
runde Summen lautende, verzinsliche "Kassen-
scheine" aus. Die weitere Entwicklung des Depo-
sitengeschäfts hat dann insbesondere zur Emission
von Banknoten geführt. (S. Banken, Notenbanken.)
Depositenwesen, diejenigen Einrichtungen der
Staatsverwaltung, welche sich auf Annahme, Auf-
bewahrung, Verwaltung und Zurückgabe der Depo-
siten bei öffentlichen Kassen beziehen. Die Gründe,
welche zur Hinterlegung von Wertobjekten bei öffent-
lichen Kassen führen, sind überaus zahlreich und von
höchst mannigfacher Natur. (S. Deposition.) Meist
geben privatrechtliche Ansprüche oder Verpflich-
tungen zur Deposition Anlaß und daraus erklärt
es sich, daß in Deutschland (z. B. in Preußen,
Bayern, Sachsen) vorzugsweise die Gerichte als
Behörden der Depositalverwaltung bestimmt worden
sind. Eine umfassende Regelung hatte dieser Ge-
schäftszweig der Gerichte durch die preuh. Depo-
sitalordnung vom 15. Sept. 1783 erhalten, deren
schwerfällige und auf übertriebenem Mißtrauen be-
ruhende Vorschriften durch die Verordnung vom
18. Juli 1849 vereinfacht wurden. Nach diesen Ge-
setzen gab es bei den Gerichten zwei getrennte Depo-
sitorien, das Iudizialdepositorium und das
Pupillardepositorium. Bei dem erstern wur-