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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deutsche Mundarten

albingische Mundart ist in der Aussprache durch das Friesische, auf dessen Boden sie zum Teil ruht, nicht unbeeinflußt geblieben. Die Mundart ist die allgemeine deutsche Seemannssprache und verdankt ihr moralisches Übergewicht über die andern niedersächs. und ostniederdeutschen Mundarten der Hansa, deren Sprache sie war. Die Mundart ist in dem hannov. Teile im weitern Vordringen begriffen. Noch heute zeigt die Lüneburger und Verdener Aussprache südlichere Anklänge. 1) Ostfriesisch, nördlich und östlich von Emden. Die dortige plattdeutsche Mundart wird ostfriesisch genannt, ein Name, der beibehalten ist von der Zeit her, als dort noch die nicht-deutsche, fries. Sprache gesprochen wurde. (S. Friesische Sprache und Litteratur.) Die Mundart herrscht auch im Jeverlande. 2) Oldenburgisch, im nordöstl. Teile von Oldenburg mit Ausnahme der Küste und des Weserufers. 3) Unterweser-Mundart, nördlich von Bremen, mit niederfränk. Elementen. 4) Bremisch, in Bremen und östlich und südlich davon. 5) Stadisch, an der Oste. Zum Stadischen scheint rechts von der Elbe die Mundart von Blankenese und Wedel zu gehören, möglichenfalls auch die der Haseldorfer, Kremper und Wilster Marsch. 6) Lüneburg-Ülzener Mundart, nordöstlich von der Wasserscheide in der Lüneburger Heide. 7) Hamburgisch. 8) Dithmarsch, dazu Stapelholm, nördlich von der Eider. 9) Eiderstedtisch. 10) Anglisch, in der Landschaft Angeln, zwischen Flensburg und Schleswig, ein erst in diesem Jahrhundert der dän. Sprache abgerungenes Gebiet. 11) Holsteinisch, östlich bis über Kiel und Neumünster hinaus, südwärts noch Stormarn mit umfassend. Eine besondere Mundart wird in der Wilster, Kremper und Haseldorfer Marsch gesprochen, die durch Holländer besiedelt worden ist. 12) Nordostniedersächsisch, auf ehemals slaw. Boden, im östl. Holstein (Wagrien), in Eutin, Lübeck, Mecklenburg, Neuvorpommern und Rügen und in dem Striche südlich von der Peene bis fast nach Uckermünde, desgleichen auf Usedom mit Ausschluß von Swinemünde.

B. Westfälisch (im alten Sinne des Wortes) oder Westniedersächsisch. Östlich bis Diepholz, Melle, Versmold, Beckum, Hamm, Camen, Unna, Iserlohn, Altena, Schmallenberg. 1) Friesisch-Westfälisch, auf größtenteils altfries. Boden, an der Küste von Harderwyk bis Groningen, an der Emsmündung noch das Rheiderland einschließend. 2) Fränkisch-Westfälisch, auf altfränk. Boden, in dem größten Teile von Drenthe, in Overyssel, der nördl. Veluwe und in dem westlichsten Zipfel der Provinzen Hannover (um Neuenhaus) und Westfalen (um Vreden und Bocholt). 3) Echt-Westfälisch, a. Mundart an der mittlern Ems. b. Osnabrückisch, c. Tecklenburgisch. d. Münsterländisch. e. Märkisch-Sauerländisch, nordwärts bis über Essen, Bochum und Dortmund hinaus.

C. Engrisch. Östlich bis Celle, Burgdorf, Pattensen, Hameln, Gandersheim, Seesen, Grund, Osterode, Lauterberg. 1) Westengrisch, nördlich bis Hamm und Lippstadt, östlich bis Brilon und Winterberg. Altes î, û und ü̂ diphthongiert. 2) Strombergisch, zwischen Beckum, Harsewinkel und Lippstadt. 3) Paderbornisch, um Delbrück, Geseke, Wünnenberg, Paderborn, Lichtenau, Driburg und Borgholz. Die Mundart der Senne und um Rietberg vermittelt den Übergang zum Strombergischen. Altes î, û und ü̂ diphthongiert. 4) Waldeckisch, in Waldeck mit Ausnahme des hochdeutschen südöstl. Zipfels, um Medebach und um Volkmarsen, Wolfhagen und Zierenberg. 5) Hessisch-Engrisch, um Liebenau, Hofgeismar, Grebenstein, Immenhausen, Trendelburg und Helmarshausen. 6) Göttingisch-Grubenhagensch. a. Niedereichsfeldisch, von Münden bis über Duderstadt hinaus, b. Göttingisch, vom Staufen-Berg bis Hardegsen, Northeim, Osterode und Lauterberg, c. Einbeckisch, zwischen Carlshafen, Holzminden, Bodenwerder, Gandersheim, Grund, Northeim und Hardegsen. Altes î, û und ü̂ diphthongiert. 7) Hamelner Mundart. Altes î, û und ü̂ diphthongiert. 8) Lippisch. Dazu scheint auch Höxter zu gehören. Altes î, û und ü̂ diphthongiert. 9) Ravensbergisch, zwischen Gütersloh, Herford, Vlotho, Öynhausen, Bünde, Melle und Versmold. 10) Mindisch. 11) Calenbergisch, an der untern Leine.

D. Ostfälisch. Zum Ostfälischen gehörte auch die Altmark. Aber seitdem zum Teil niederfränk. Kolonisten sich auf dem altslaw. Boden angesiedelt haben, ist die Mundart nicht mehr rein ostfälisch geblieben. Sie wurde im Mittelalter auch in dem jetzt hochdeutschen Striche am Südrande des Harzes und bis nach Wörlitz und Merseburg gesprochen. 1) Hildesheimisch oder Westostfälisch, nördlich bis Eldagsen, Sarstedt und Peine, östlich bis dicht vor Braunschweig und Wolfenbüttel, bis über Goslar hinaus. Altes î, û und ü̂ diphthongiert. 2) Ostostfälisch. a. Braunschweigisch, nordwärts bis über die Aller hinaus, nach Osten zu bis vor die Thore Magdeburgs, südlich bis Halberstadt. Die Mundart ist nach Westen zu im Vordringen begriffen. b. Südostfälisch, am Nordostrande des Harzes, bis Wernigerode und Quedlinburg, c. Die anhält.-magdeburgisch gefärbte Mischmundart zwischen Halberstadt, Aschersleben, Barby und Magdeburg.

Ⅶ. Ostniederdeutsch: niedersächs.-niederfränk. Mischmundarten [mit Ausnahme von A, 10 und D, 8 niederdeutsch]. Die ehemals slaw. Gebiete östlich der Elbe sind sowohl von Niedersachsen als von Niederfranken besiedelt worden. Die Mundart ersterer ist unvermischt nur im östl. Holstein, in Mecklenburg und Vorpommern erhalten. Alle andern Gebiete sind gemischt. Am stärksten ist das niedersächs. Element in Pommern und an der Netze vertreten, schwächer in Ostpreußen. Das niederfränk. Element ist das herrschende im südl. Teile der Mark Brandenburg und in Westpreußen.

A. Brandenburgisch. 1) Altmärkisch, eigentlich nur in dem Striche an der Elbe hierher gehörig. Doch auch in der Altmark selbst, besonders im Nordwestzipfel sind niederfränk. Einflüsse bemerkbar. 2) Westpriegnitzisch. Diese und die altmärk. Mundart haben von allen brandenb. Mundarten am stärksten niedersächs. Charakter. 3) Ostpriegnitzisch. 4) Uckermärkisch. 5) Magdeburgisch (?). 6) Havelländisch und Zauchisch-Teltowsch. 7) Flemmingisch, eine rein niederfränk. Mundart. 8) Barnimsch. 9) Die Mundart des Oderbruchs und der nordwestl. Neumark, rein niederfränkisch. 10) Gehören zum Brandenburgischen die vormals niederdeutschen (niederfränk.), jetzt hochdeutschen (berlinischen) Mundarten, nördlich einer Linie Torgau-Guben-Schrimm, und südlich einer Linie Wittenberg-Schlieben-Buchholz-Frankfurt-Landsberg. Diese sind nicht zum Mitteldeutschen zu rechnen, bilden vielmehr, da die Aussprache der niederdeutschen Zunge entspricht, eine eigene Gruppe des Hochdeutschen, dieselbe große norddeutsche Gruppe, der