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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deutscher Krieg von 1866

Am 18. Juli verlegte König Wilhelm sein Hauptquartier nach Nikolsburg, und das preuß. Heer stand nun im Marchfelde im Angesicht von Wien, noch 194000 Mann stark, hinter denen in Böhmen, Mähren und Oderschlesien weitere 49600 Mann mobiler Feldtruppen in zweiter Linie verfügbar waren. Der Zahl nach mochte Erzherzog Albrecht über ungefähr dieselbe Truppenzahl verfügen, doch war der Zustand der österr. Armee einer zweiten Schlacht nicht mehr gewachsen. Für das preuß. Heer dagegen wurden noch bedeutende Verstärkungen herangezogen, wodurch dasselbe vor Wien später eine größere Stärke erreichte als zu Beginn des Krieges. Es kam aber nicht mehr zum Äußersten. Napoleon hatte nach Annahme Venetiens den kriegführenden Mächten seine Vermittelung angeboten, die Österreich nicht ablehnen konnte. So wurden Verhandlungen angeknüpft, und als Kaiser Franz Joseph in die vorgeschlagenen Friedensbedingungen gewilligt hatte, wurde 22. Juli in Eibesbrunn zwischen General von Podbielski und dem österr. General von John zunächst eine fünftägige Waffenruhe abgeschlossen. Tags vorher hatte aber Prinz Friedrich Karl die 7. Division (Fransecky) mit der Kavalleriedivision Horn der bereits 17. Juli über die March gegen Preßburg vorgeschobenen 8. Division folgen lassen, um durch Einnahme dieser Stadt Benedek von Wien abzuschneiden und den spätern Rückzug der österr. Hauptarmee nach Ungarn zu erschweren. Dies führte 22. Juli zu dem Gefecht bei Blumenau, das aber um Mittag durch Bekanntwerden der Waffenruhe abgebrochen wurde. Der Waffenruhe folgte 26. Juli zu Nikolsburg zwischen Moltke und dem Grafen Degenfeld der Abschluß einer Konvention für einen förmlichen Waffenstillstand auf vier Wochen. Gleichzeitig wurde daselbst von den Ministern der Präliminarfriede abgeschlossen, und noch vor Ablauf des Waffenstillstandes folgte 23. Aug. der Friede zu Prag (s. d.) zwischen Österreich und Preußen, dem der Abschluß der Friedensverhandlungen mit den deutschen Südstaaten auf Grund der Nikolsburger Präliminarien vorausgegangen war.

II. Feldzug in West-und Süddeutschland. Die mit Österreich verbündeten Bundestruppen konnten sich zwischen die östl. und westl. Teile Preußens einschieben und deren Verbindung unterbrechen, die bayr. Armee von Franken her sich rasch mit der hessischen und hannoverschen zu einer Feldarmee von etwa 80000 Mann vereinigen und die sächsische mit der rasch nach Sachsen geworfenen österr. Hauptmacht gegen Berlin vordringen. Um diesem allem zuvorzukommen und der beschlossenen Offensive gegen Österreich eine gesicherte Basis mit freien Verbindungen zu geben, rückten, nachdem Hannover, Kurhessen und Sachsen das preuß. Ultimatum verworfen, gleichzeitig am 16. Juni die Preußen in die genannten Staaten, von Holstein aus das Korps Manteuffel, bald durch Landwehrtruppen verstärkt, von Minden aus General Vogel von Falckenstein mit der 13. Division (General von Goeben) in Hannover, die Division Beyer von Wetzlar aus in Kurhessen, endlich die Elbarmee und ein Teil der Ersten Armee in Sachsen ein. Die sächs. Truppen sprengten die Elbbrücken bei Riesa und Meißen und zogen sich 18. Juni nach Böhmen zurück, wohin der König von Sachsen folgte; sie nahmen bei Chlumetz-Pardubitz Stellung. Die hannov. Armee, die sich beim unerwarteten Einmarsch der Preußen bei Göttingen versammelte und dort ihre Feldausrüstung vervollständigte, marschierte 21. Juni nach Eisenach und hätte wohl über den Thüringerwald durchbrechen und sich mit den Bayern vereinigen können. Unentschlossenheit und zwecklose Hin- und Hermärsche der Hannoveraner ließen aber den Preußen Zeit, von Berlin, Erfurt und Torgau Truppen bei Gotha mit dem dortigen verbündeten Kontingent zu vereinigen. König Georg stand noch in Verhandlungen mit Preußen, ohne indes die ihm gestellten Bedingungen anzunehmen, weil er noch immer auf einen Vorstoß der Bayern hoffte, während der bayr. Oberfeldherr mit Recht kein Hindernis für die Hannoveraner sah, sich durchzuschlagen. Diese waren in dem Abstand eines Tagemarsches von sehr überlegenen Kräften umstellt und wurden 27. Juni bei Langensalza vom preuß. General von Flies mit 9000 Mann angegriffen, um festgehalten zu werden, bis die Einschließung vollendet sein würde. Der Angriff wurde aber von der Übermacht (18000 Mann) zurückgeschlagen; dennoch mußten die Hannoveraner, nachdem sie 28. Juni vollständig eingeschlossen worden, eine Kapitulation eingehen, durch die ihre Armee aufgelöst wurde. Jetzt erst konnte General Vogel von Falckenstein mit jenen drei Divisionen, die sich zu einer Mainarmee (nunmehr 53000 Mann stark) vereinigten, die Operationen gegen die süddeutschen Armeekorps, zu denen noch die kurhess. und nassauischen Kontingente und später auch eine österr. Division (Neipperg) stießen, beginnen. Das 8. Bundeskorps unter dem Prinzen Alexander von Hessen zählte 55900 Mann, die bayr. Armee 52000 Mann. Der Führer der letztern, Prinz Karl von Bayern, hatte zugleich den Oberbefehl über alle Bundestruppen erhalten und sollte in nordwestl. Richtung vorgehen. Vogel von Falckenstein zog seine drei Divisionen (Manteuffel, Goeben, Beyer) 1. Juli bei Eisenach zusammen und ergriff sogleich die Offensive, um sich zwischen die beiden noch getrennten feindlichen Armeen zu werfen. Das 8. Bundeskorps stand nördlich von Frankfurt a. M., das bayr. Heer im Fuldathale, zwei Divisionen vorgeschoben nach Dermbach; eine starke Kavalleriekolonne sollte links die Verbindung mit dem 8. Korps aufsuchen. Diese stieß 4. Juli bei Hünfeld auf die Vorhut der preuß. Division Beyer, die auf der großen Straße nach Geisa vorrückte, wurde durch unerwartetes Artilleriefeuer in Unordnung gebracht und ging ziemlich aufgelöst zurück. Bei Dermbach griff an demselben Tage Goeben die Bayern an, zog jedoch abends seine Truppen zurück und beide Teile schrieben sich den Sieg zu. Goeben sollte jedoch durch einen Vorstoß gegen die Bayern überhaupt nur Luft schaffen und dadurch den Vormarsch der Mainarmee erleichtern. Dies wurde vollständig erreicht. Als dann die bayr. Armee südwärts abzog, um sich dem 8. Korps zu nähern, setzte die Mainarmee den Vormarsch über Fulda fort. Am 10. Juli hatte die Division Goeben ein hitziges Gefecht bei Kissingen, das von den Preußen erstürmt wurde. Beyer kämpfte an demselben Tage bei Hammelburg, Manteuffel, der gefolgt war, bei Waldaschach und Hausen. Der bayr. Feldherr gab nun seine Operationen in dieser Richtung auf und zog sich nach Schweinfurt zurück, Falckenstein dagegen wandte sich von der Fränkischen Saale unerwartet gegen Aschaffenburg. Zur Deckung dieses wichtigen Mainübergangs entsandte Prinz Alexander von Hessen von Frankfurt aus die österr.