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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Deutsche Schutzgebiete; Deutsche Seewarte; Deutsches Festungssystem; Deutsches Heerwesen

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Deutsche Schutzgebiete - Deutsches Heerwesen (Landheer)

den von Deutschen bewohnten Gegenden Brasiliens, Australiens und Chiles. Wo sich Kaufleute in größerer Anzahl in außerdeutschen Städten niedergelassen haben, trifft man außerdem auch noch höhere Lehranstalten an. Solcher Schulen giebt es 28 (u. a. in Antwerpen, Buenos-Aires, Bukarest, Konstantinopel, Kopenhagen, London, Mailand, Montevideo, Moskau, Neapel, Petersburg, Rio de Janeiro, Valdivia, Valparaiso) mit mehr als 8000 Schulkindern. Endlich sind noch 71 andere deutsche Schulen mit nahezu 7000 Schulkindern bekannt, die nicht über die Bedürfnisse der Volksschule hinausgehen wollen. Die deutschen Schulen in Kamerun und in Ostafrika werden nur von Eingeborenen besucht. Fast ausnahmslos sind diese deutschen Schulen von den Kirchengemeinden gegründet. Das Deutsche Reich hat zur Unterstützung derartiger Schulen jetzt einen Betrag von jährlich 100000 M. in den Etat aufgenommen, eine weitere Erhöhung dieser Summe ist beantragt worden. - Vgl. J. P.^[Johannes Paul] Müller, Die D. S. i. A., ihre Geschichte und Statistik (Bresl. 1884).

Deutsche Schutzgebiete, s. Deutsche Kolonien.

Deutsche Seewarte, s. Seewarte.

Deutsches Festungssystem. Das Festungssystem des Deutschen Reichs ist nach den Erfahrungen des Krieges von 1870/71 neu geordnet. Landau, Minden, Erfurt, Wittenberg, Cosel, Neisse, Stettin, Sonderburg-Düppel, Kolberg, Stralsund, die Brückenbefestigung von Düsseldorf und seit 1891 auch Rastatt sind aufgegeben. Dagegen wurden beibehalten und großenteils erweitert Bitsch, Boyen (Lötzen), Breisach, Cüstrin, Danzig, Diedenhofen, Germersheim, Glatz, Glogau, Graudenz, Ingolstadt, Koblenz und Ehrenbreitstein, Köln, Königsberg, Königstein, Magdeburg, Mainz, Metz, Pillau, Posen, Saarlouis, Spandau, Straßburg, Swinemünde, Thorn, Ulm, Wesel, die Brückenbefestigungen von Marienburg und Dirschau sowie die Küstenbefestigungen von Cuxhaven, Friedrichsort-Kiel, Geestemünde und Wilhelmshaven. Die Einführung der Brisanzgeschosse bedingte, nachdem der Ausbau des Festungssystems vollendet war, wiederum durchgreifende Veränderungen. Diejenigen kleinern Festungen, welche im Gegensatz zu den großen Fortfestungen als minder wichtig bezeichnet werden, sind in ihren zum Teil veralteten Werken wesentlich vereinfacht und nur noch ihrer geringern Bedeutung entsprechend ausgerüstet. Das D. F. steht im Gegensatz zu den in Frankreich nach 1871 maßgebend gewordenen Grundsätzen; Frankreich hat seine Grenze gegen Deutschland zunächst durch eine Anzahl, die Zwischenräume größerer Waffenplätze (Verdun, Toul, Epinal, Belfort) in dichter Aneinanderreihung sperrender kleiner Militärfestungen (Sperrforts) gesichert; dahinter liegen eine Anzahl verschanzter Lager (Reims, Soissons-La Fère-Laon, Langres, Dijon) und den Kern der Landesverteidigung bildet die durch einen weit vorgeschobenen Gürtel von verschanzten Lagern und Forts beträchtlich erweiterte Festung Paris.

Das Deutsche Reich, welches den altpreuß. Grundsatz, den Schwerpunkt der Kriegführung in die Feldarmee zu legen, aufrecht erhält, hat dagegen alle irgendwie entbehrlichen Plätze und namentlich auch solche, deren Umbau in zeitgemäßem Sinne zu große Opfer bedingt hätte, aufgegeben und sich im wesentlichen auf größere Waffenplätze, welche der Feldarmee als Stützpunkt und Rückhalt dienen, sowie auf mehrere kleine, im wesentlichen nur als sperren zu betrachtende Festungen beschränkt. Man hat gleichzeitig den meisten großen Plätzen durch Vorschieben der Stadtumwallung größere Ausdehnungsfähigkeit verliehen (Köln, Mainz, Straßburg, Magdeburg, Spandau, Thorn), namentlich wurde die bisher weniger berücksichtigte Ostgrenze durch die großartigen Erweiterungsbauten von Königsberg, Thorn und Posen besser geschützt. Die Küstenbefestigungen sind vollständig ausgebaut, besonders die Kriegshäfen Wilhelmshaven und Kiel (Friedrichsort). Die Sicherung der größern Plätze gegen Bombardement, die durch weit vorgeschobene Forts bewirkt wurde, besteht nicht mehr, seitdem in neuester Zeit der Belagerungsartillerie Geschütze schweren Kalibers mit einer Schußweite bis zu 12 km einverleibt worden sind.

Gruppierung der festen Plätze nach ihrer Lage: im Westen als große Fortfestungen Metz, Straßburg, dahinter Köln, Mainz. Als minder wichtige Punkte: Diedenhofen, Bitsch, Neubreisach, Wesel, Koblenz, Germersheim. Im Süden an der Donau Ulm und Ingolstadt. Im Osten als große Fortfestungen: Königsberg, Thorn, Posen; in zweiter Linie Danzig, Cüstrin; als minderwichtige Punkte und zum Küstenschutz: Pillau, Lötzen (Feste Boyen), Marienburg-Dirschau, Graudenz, Glogau, Glatz. Als große Waffenplätze im Innern: Magdeburg und Spandau, als Sperrpunkt Königstein; ausschließlich zum Küstenschutz: Weichselmünde, Neufahrwasser, Swinemünde, Friedrichsort, Cuxhaven, Geestemünde, Wilhelmshaven.

Deutsches Heerwesen. I. Landheer. A. Altertum. Das Kriegswesen der Germanen beruhte auf der allgemeinen Wehrpflicht im weitesten Sinne; Volk und Heer waren identisch, Recht und Pflicht des Kriegsdienstes (nach Waitz) an den freien Grundbesitz gebunden. Im Alter von 14 oder 15 J. wurde der Jüngling in der Volksversammlung wehrhaft gemacht und damit ein Glied des Staates. Größere kriegerische Unternehmungen, namentlich Angriffskriege, mußten von der Volksversammlung beschlossen werden, zur Verteidigung gegen feindlichen Angriff war jedermann ohne einen solchen Beschluß verpflichtet, und besondere Boten riefen den Heerbann auf. Man diente zu Fuß oder zu Roß und stand im Kampfe nach Geschlechtern und Stämmen zusammen. Hauptwaffe war die Frame (s. d.); zur Zeit der Völkerwanderung kamen daneben Lanzen mit langer, breiter Spitze, sowie Schwerter aus Eisen oder Bronze in Gebrauch, im Norden bediente man sich schon vorher kurzer, messerartiger Schwerter, auch sind in den Gräbern Streithämmer und Keulen gefunden worden. Als Schutzwaffe dienten buntbemalte, den ganzen Mann deckende Schilde aus Holz oder Flechtwerk, mit Leder überzogen und später mit Metallstreifen besetzt; die nördl. Stämme führten kleine, runde Schilde, bei den östlichen kommen Panzer vor. Helme aus Erz oder Leder besaßen nur einzelne.

Einzelne Stämme, wie die Tenkterer, Chauken, Alamannen und Vandalen, hatten eine starke Reiterei, doch lag die Hauptkraft im Fußvolke. Bezeichnend ist die Zusammenstellung von Reiterei und Fußvolk zu besondern Korps, die in der Schlacht das Vortreffen bildeten und aus der jüngsten Mannschaft bestanden (im Heere Ariovists je 6000 Mann Reiterei und Fußvolk). Das Hauptheer stand in keilförmiger Ordnung, die dem Angriffe große Kraft verlieh, doch war der Heerbann auch geübt, in zer-^[folgende Seite]