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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deutsch-Französischer Krieg von 1870 und 1871

die Mosel zu überschreiten. Man war im Großen Hauptquartier der Ansicht, daß die Franzosen bereits nach der Maas abmarschiert seien. Auf eine Schlacht zwischen der Maas und der Mosel rechnete man nicht. Der Marsch des 3. Armeekorps wurde bis 3 Uhr morgens nördlich gegen die Straße Metz-Verdun bis Gorze und Onville fortgesetzt. Nach kurzer Rast, schon um 5 Uhr morgens, traten die beiden Divisionen des 3. Korps, gefolgt von der 6. Kavalleriedivision, ihren Vormarsch gegen die Straße Metz-Verdun wieder an, in der Richtung auf Mars-la-Tour und Vionville. Die Kavallerie meldete dem General von Alvensleben, daß sie feindliche Vorposten und dahinter große Zeltlager vor sich habe; der General beschloß den Angriff, und als eine zweite Meldung kam, daß der Feind aus den Lagern rücke, wahrscheinlich um abzumarschieren, und die Kavalleriedivision auf dem Plateau angekommen war, erhielten die beiden Divisionen des 3. Korps um 10 Uhr Befehl, vorzugehen. Dies war der Beginn der Schlacht von Vionville-Mars-la-Tour. (S. Vionville.) Fast 5 Stunden kämpfte das 3. Korps allein gegen die stets erneuten Angriffe der feindlichen Übermacht bei Vionville und Flavigny. Gegen 4 Uhr nachmittags traf das 10. Korps ein, gleichzeitig Prinz Friedrich Karl, der die Leitung der Schlacht übernahm. Es kam zu einem großartigen Reitergefecht (ungefähr 5000 Reiter beiderseits), in welchem schließlich die deutsche Kavallerie siegte. Auf dem rechten Flügel trafen gegen Abend Teile des 8. und 9. Armeekorps ein und griffen in die Schlacht ein, die erst mit Einbruch der Nacht, nach zwölfstündiger Dauer, ihr Ende erreichte. Der Abmarsch der Franzosen nach Verdun war durch die Schlacht von Vionville unmöglich geworden, da für den folgenden Tag auf deutscher Seite beträchtliche Verstärkungen zur Stelle sein mußten. Am 17. Aug. ging die franz. Armee in die Stellung St. Privat-La Montagne-Jussy, also dicht vor Metz, zurück und verstärkte diese von Natur starke Stellung durch alle Mittel der Feldbefestigung. Auf deutscher Seite hatte man für den 17. Aug. die Wiederaufnahme des Kampfes vorausgesetzt, und König Wilhelm ließ dazu alle Korps der Zweiten Armee, die zum Teil noch auf dem rechten Moselufer waren, heranrücken. Da der feindliche Angriff jedoch ausblieb, wurde für den 18. Aug. der weitere Vormarsch beschlossen, um den Feind aufzusuchen und eine Hauptschlacht zu liefern.

Der König traf 18. Aug. morgens 6 Uhr aus Pont-à-Mousson auf der Höhe südlich von Flavigny ein. Bald nahm man wahr, daß die feindliche Armee vor Metz Stellung genommen habe, worauf eine allgemeine Rechtsschwenkung befohlen wurde, und die Schlacht von Gravelotte-St. Privat (s. Gravelotte) begann. Diese Schlacht entschied über das Schicksal der franz. Rheinarmee und der Festung Metz. Der rechte Flügel der Franzosen wurde bei St. Privat völlig geschlagen und eilte in wilder Flucht nach Metz zurück, der linke hielt hingegen noch während der Nacht seine Stellung und räumte diese erst am Morgen des 19. Aug., ohne einen neuen Angriff abzuwarten. Die Kaisergarde hatte an der Schlacht fast gar nicht teilgenommen, ebenso die Reserveartillerie der franz. Armee, dagegen hatte das preuß. Gardekorps sehr schwere Verluste erlitten. Am Morgen des 19. wurde die Bahnverbindung mit Diedenhofen durch deutsche Kavallerie unterbrochen. Die geschlagene Armee wurde im Lager von Metz eingeschlossen, wozu die Erste und Zweite Armee daselbst zurückblieben, nachdem von letzterer 3 Korps (Garde, 4. und 12.) unter dem Befehle des Kronprinzen Albert von Sachsen abgezweigt und als selbständige Vierte (Maas-)Armee zu fernerer Verwendung im freien Felde bestimmt worden waren. Vereint mit der Dritten Armee sollte die Maasarmee gegen die bei Châlons gebildete Feldarmee des Marschalls Mac-Mahon, bei der sich Napoleon befand, operieren.

Prinz Friedrich Karl, der den Oberbefehl vor Metz übernahm, erhielt die bereits operationsfähige 4. Reservedivision (Kummer), die größtenteils aus Landwehr, verstärkt durch Linientruppen aus den Festungsbesatzungen, bestand, zugewiesen; auch traf 1. Sept. ein Teil der Küstenarmee (17. Division) unter dem Großherzoge von Mecklenburg-Schwerin vor Metz ein. Die feindliche Flotte kreuzte zwar noch in den deutschen Meeren, eine Landung stand aber nicht mehr bevor; die dazu bestimmten Truppen, auch die Marinesoldaten, waren zur Verteidigung des eigenen Landes unentbehrlich. Vor Metz blieben 8 1/2 Armeekorps und 2 1/2 Kavalleriedivisionen. Das Oberkommando der Ersten Armee wurde dem Prinzen Friedrich Karl direkt unterstellt und General von Steinmetz zum Generalgouverneur im Bezirke des 5. und 6. Armeekorps ernannt. Diese Maßregel wurde besonders deshalb notwendig, weil vor Metz ein einheitlicher Oberbefehl unbedingt erforderlich war. Ein (31. Aug.) unternommener Ausfallversuch, der die Operationen der zum Entsatz von Metz heranrückenden Armee Mac-Mahons unterstützen sollte, wurde von den auf dem rechten Moselufer stehenden Truppen (namentlich 1. Armeekorps unter General von Manteuffel) in der Schlacht von Noisseville (s. d.) zurückgeschlagen. Es war dies der letzte größere Versuch, die Rheinarmee von der Einschließung zu befreien.

B. Die Kämpfe um Sedan und Paris. Inzwischen aber hatten schon 19. Aug. die Dritte Armee, die aus 5 1/2, und die Maasarmee, die aus 3 Korps bestand, wozu noch 4 preuß. Kavalleriedivisionen, die sächs. Reiterdivision und die süddeutsche Kavallerie gehörten, mit ihrer Vorhut ihre Operationen gegen die Armee von Châlons begonnen. Die Maasarmee nördlich als rechter Flügel trat mit ihrem Gros den Marsch nach der Maas 20. Aug. an, während die Dritte Armee diesen Fluß schon am 19. und 20. überschritt, ohne auf Widerstand zu stoßen, und auf Bar-le-Duc vorrückte. Eine Brigade vom 2. bayr. Korps (Hartmann) blieb vor Toul stehen, da eine Division des 4. Korps, welche erfolglos die Festung mittels gewaltsamen Angriffs zu nehmen versucht hatte, zur Maasarmee herangezogen worden war. Das Hauptquartier des Kronprinzen kam nach Ligny, wo auch der König, dem Moltke vorauseilte, erwartet wurde. Da lief die Meldung ein, daß der Feind das Lager von Châlons verlassen habe. Es war zweifelhaft, ob Mac-Mahon sich ganz nach Paris zurückgezogen oder eine Flankenstellung gegen die Marschlinien der beiden deutschen Armeen bezogen oder sonst etwas unternommen hatte. Während die Heere ihren Marsch nach Châlons fortsetzten, gingen Depeschen aus London ein, welche die Absicht der Franzosen meldeten, mit der Armee von Châlons die Rheinarmee in Metz zu entsetzen. Die deutsche Kavallerie hatte diese Absicht der Franzosen durch ihre Meldungen bestätigt. Mac-Mahons Armee bestand aus dem