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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deutsch-Französischer Krieg von 1870 und 1871

1. Korps (jetzt unter Ducrot), dem 5. (Failly), dem 7. (Douay) und dem neuformierten 12. (Lebrun); seine Stärke betrug 135000 Mann. Das in Paris gebildete 13. Korps (Vinoy) sollte nachrücken, kam aber zur Schlacht bei Sedan zu spät und kehrte eiligst nach Paris zurück. Der Kriegsminister Cousin-Montauban hatte wirklich dem Feldherrn den Befehl zugefertigt, Bazaine zu Hilfe zu kommen und dazu nach Norden abzumarschieren, um längs der belg. Grenze, gedeckt durch die Reihe der kleinen Festungen, nach Metz zu gelangen. Mac-Mahon hatte sich nach Reims gewendet und dann, auch dies verlassend, in nördl. Richtung nach Rethel. Nun wurde im deutschen Hauptquartier die Rechtsschwenkung beider Feldarmeen und deren Vormarsch in nördl. Richtung angeordnet. Die Operation der franz. Armee nach Metz konnte nur gelingen, wenn sie mit Anspannung aller Kräfte ohne Zeitverlust ausgeführt worden wäre; aber man gebrauchte von Reims bis nach Beaumont 10 Tage und ließ sich von den deutschen Armeen einholen.

Am 26. Aug. wurde deutscherseits der Vormarsch angetreten; die Maasarmee, von der nördl. Straße aus, war dem Feinde zunächst, das königl. Hauptquartier kam nach Clermont. Von der Einschließungsarmee vor Metz wurden das 2. und 3. Korps bei Etain zu etwaiger weiterer Unterstützung bereit gestellt. Eine Abteilung der sächs. Kavalleriedivision stieß 27. Aug. bei Buzancy auf feindliche Chasseurs und hatte ein heftiges Gefecht mit ihnen. Damit war die Fühlung mit dem Feinde gewonnen. Die Armee Mac-Mahons hatte sich in der Gegend von Vouziers versammelt und brach von hier 28. Aug. auf, die Hauptmacht nach Beaumont, eine Nebenkolonne rechts davon nach Stenay. Auf die letztgenannte Kolonne stieß die zur Aufklärung vorgehende sächs. Kavallerie, erhielt Artillerie- und Infanteriefeuer und mußte sich zurückziehen, konnte aber mit Bestimmtheit über den Marsch des Feindes berichten. Darauf erhielt der Kronprinz von Sachsen 29. Aug. aus dem königl. Hauptquartier zu Varennes den Befehl, mit der Maasarmee auf dem linken Maasufer eine Verteidigungsstellung zu beziehen; der Vorstoß beider Armeen war erst auf den 30. Aug. beabsichtigt, doch wurde der Kronprinz Albert ermächtigt, falls er nicht einen an Zahl überlegenen Gegner vor sich habe, schon am 29. die Straße von Vouziers nach Stenay zu besetzen. Der Prinz ließ daher seine drei Korps gegen diese Straße vorrücken; die Vorhut des 12. (sächs.) Korps traf bei Nouart auf die Nachhut der nach Stenay marschierenden franz. Kolonne, und es entspann sich ein Gefecht, das bis zum Abend dauerte. Bei einem gefangenen Generalstabsoffizier wurde der Befehl für die nächsten Operationen des franz. Korps gefunden, worauf die Bewegungen der beiden deutschen Armeen zum 30. Aug. angeordnet wurden.

An diesem Tage überraschten die gefechtsbereit vorrückenden deutschen Kolonnen zunächst das 5. Korps (Failly) im Lager, welches keinerlei Sicherheitsmaßregeln getroffen hatte, warfen es zurück und verfolgten es hartnäckig. Nach längerm Kampfe wurde Beaumont (s. d.) und die dahinter liegenden Höhen erstürmt und der Feind zum Rückzuge nach Carignan genötigt, von wo er am folgenden Tage nach Sedan zurückging. Damit war der Versuch, Metz zu entsetzen, aufgegeben. Auf die Meldung der erlangten Vorteile befahl der König für den 31. Aug., daß die Maasarmee den feindlichen linken Flügel an einem Ausweichen in östl. Richtung (auf Metz hin) hindern, die Dritte Armee den Feind, wenn er noch auf dem linken Ufer der Maas standhalte, angreifen und, gleichzeitig gegen seinen rechten Flügel operierend, in den engen Raum zwischen dem Flusse und der belg. Grenze zusammendrängen sollte. Als Mac-Mahon einen Nachtmarsch, ebenso ein Entweichen über die belg. Grenze verschmäht und bei Sedan Stellung zur Schlacht genommen hatte, wurde der deutsche Operationsplan dahin erweitert, daß die franz. Armee von allen Seiten umfaßt und, sowohl von Mezières wie von der belg. Grenze abgeschnitten, zur Ergebung gezwungen werde.

Die Schlacht bei Sedan (s. d.) begann 1. Sept. mit dem Angriff des 1. bayr. Korps auf Bazeilles, setzte sich nordwärts durch das allmähliche Eingreifen der Sachsen und des Gardekorps bis Givonne fort, während von der Dritten Armee das 5. und 11. Korps schon bei Tagesanbruch westlich von Sedan über die Maas gingen und den linken franz. Flügel angriffen. Das 2. bayr. Korps nahm südlich von Sedan mit einer großen Geschützmasse Aufstellung, und die Württemberger nebst Kavallerie standen westlich von Sedan an der Maas zur Abwehr gegen von Mezières her erwartete Abteilungen bereit. Mac-Mahon, gleich im Anfang der Schlacht verwundet, hatte das Kommando an Ducrot übergeben, dieser mußte es aber an General von Wimpffen abtreten. Nach langwierigen blutigen Dorf- und Waldgefechten drangen die Korps der Maasarmee unaufhaltsam vor, die letzte Lücke der Umfassung wurde gegen 3 Uhr geschlossen und alle Angriffe der Franzosen zurückgeschlagen. 500 Geschütze richteten ihre Geschosse von allen Seiten her gegen die um Sedan zusammengedrängten feindlichen Massen, die nach einem letzten heroischen, aber mißglückten Reiterangriff sich in die Festung warfen. Es blieb nichts übrig, als zu kapitulieren, da die Festung nicht einmal verproviantiert war.

Napoleon hatte sich, als alles verloren war, in die Stadt begeben und ließ die weiße Fahne aufziehen. Einer seiner Adjutanten, General Reille, überbrachte dem König Wilhelm, als schon die Batterien zur Beschießung von Sedan bereit standen, ein Schreiben, in welchem Napoleon aussprach: "Da ich nicht habe an der Spitze meiner Truppen sterben können, so übergebe ich meinen Degen Ew. Majestät." Der König nahm den Degen an und bat um Absendung eines Bevollmächtigten zur Unterhandlung über die Kapitulation. Am andern Morgen (2. Sept.) in aller Frühe verließ Napoleon Sedan zu einer Unterredung mit Bismarck, die bei Donchery in dem Hause eines Webers an der Landstraße stattfand, aber kein Ergebnis lieferte, weil der Kaiser über den Friedensschluß oder die Kapitulation der Armee nicht unterhandeln wollte. König Wilhelm hatte dann mit seinem Gefangenen eine kurze Zusammenkunft in dem Schlößchen Bellevue bei Frenois. Der König wies Napoleon das Schloß Wilhelmshöhe bei Cassel zum Aufenthalt an. Die Unterhandlungen über die Kapitulation wurden zu Donchery zwischen Moltke und Wimpffen abgeschlossen. Dadurch wurden 50 Generale, 5000 Offiziere, 83000 Mann kriegsgefangen, 419 Feldgeschütze, darunter 70 Mitrailleusen, 139 Festungsgeschütze, 66000 brauchbare Chassepotgewehre und 6000 Pferde nebst bedeutendem Kriegsmaterial, unter anderm 1072 Armeefahrzeuge, den Siegern abgeliefert. Außer den etwa 16000 in den Tagen