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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deutschland und Deutsches Reich (Mineralquellen u. Bäder. Pflanzenwelt. Tierwelt)

riner- und Müritzsee und der Ploenersee in Schleswig-Holstein. Unabhängig von diesen Gruppen erscheinen im S. von diesen die Flußseen der Spree und Havel, der Arendsee in der Altmark, der Dümmersee in Hannover, das Steinhuder Meer in Schaumburg-Lippe, der Salzige und Süße See im Mansfeldischen und der Laacher See in der Eifel.

Mineralquellen und Bäder. Die Quellen sind, wenigstens soweit sie kohlensäurehaltig sind, eine Begleiterscheinung der so vielfach in Deutschland auftretenden vulkanischen Vorkommnisse. Von ihnen sind zu nennen die des niederrhein. Gebietes (Selters u. s. w.), die sich nordostwärts bis in das Gebiet der untern Weser erstrecken. Stahlquellen sind in Driburg, Pyrmont, Rehburg; Solquellen sind die von Nauheim, Kreuznach und die von Rehme (Oeynhausen); dazu kommt noch eine reiche Anzahl Quellen im Schwarzwald, in den Sudeten, im Riesengebirge u. s. w. Von den Bädern sind zu nennen (von W. nach O.) die von Aachen, das Revier der Taunusbäder (Ems, Schlangenbad, Wiesbaden u. s. w.), die nordfränk. Badelandschaft (Kissingen, Brückenau), Alexanderbad auf dem Fichtelgebirgsplateau und das Revier der schles. Bäder (Warmbrunn, Reinerz, Salzbrunn u. s. w.); von S. nach N. die Schwarzwaldbäder Baden, Wildbad, Zellerbad, Badenweiler, das hess. Hofgeismar und in der Weserlandschaft die schon genannten Bäder Driburg und Pyrmont und Eilsen. Unter den Seebädern sind die bedeutendsten an der Ostsee Misdroy, Swinemünde, Heringsdorf, Binz, Saßnitz, Warnemünde, Travemünde, Kiel; an der Nordsee Westerland auf Sylt, Wyck auf Föhr, Wangeroog, Norderney, Borkum und die Insel Helgoland.

Pflanzenwelt. Die Hauptelemente der deutschen Flora sind das alpine und das baltische, in das sich atlantische Arten vom Westen, Steppenpflanzen aus dem Südosten und arktische Arten (aus Skandinavien in der Eiszeit vorgedrungen) gemischt haben. Im Gebiet des Deutschen Reichs zählt man jetzt 2517 Arten von Blütenpflanzen; beschränkt man aber die vielen schwachen Arten (Rubus, Rosa u. s. w.) auf Haupttypen und zieht die durch Kultur eingeführten Arten und ihre Begleiter ab, so verbleiben nur etwa 2200 Blütenpflanzen, dazu über 60 Gefäßkryptogamen, 750 Moose und eine diese Gesamtzahlen noch übertreffende Masse von Süßwasseralgen, Flechten und echten Pilzen. - Die Gaue Deutschlands unterscheiden sich wesentlich durch die Verteilung der Pflanzenarten; für die Beurteilung der Pflanzenwelt und Bodenproduktion Deutschlands ist zunächst der Umstand maßgebend, daß sich in ihm der unter Europa (s. d.) geschilderte mittlere und südl. Gürtel der mitteleurop. Flora mit Trennungsscheide durch die Weinkultur absondern. Durch Schlesien, Sachsen, Anhalt, Südhannover und Braunschweig zum Unterlauf des Rheins zieht daher die Grenzlinie, südlich von welcher eine bunte Hügelflora mit Sträuchern und Triften herrscht, selbst wiederum nach O. (Böhmen) und W. (Rhein) stark verschieden, und wo in den Bergwäldern die Tanne neben der Buche und Fichte vorwaltet, während die norddeutschen Wälder ohne Tannen häufiger noch aus Kiefer, Birke und Eiche mit Erlen sich zusammensetzen, der trockne Sandboden zur Heidebildung neigt und die feuchten Niederungen von Wiesen oder ausgedehnten Mooren besetzt sind. Je nach ihrer Höhe haben die deutschen Mittelgebirge mehr oder weniger Arten von Alpenpflanzen auf ihren höchsten Spitzen, am meisten die Schneekoppe; dann folgt im Süden der deutsche Anteil an der Alpenwelt. Im Bereich der von Deutschen eingenommenen, aber nicht zum Deutschen Reiche gehörigen Alpenländer finden sich noch etwa 800 Arten von Blütenpflanzen mehr, sodaß die Gesamtzahl der im deutschen Sprachgebiet ursprünglichen Baum-, Strauch-, Gras- und Kräuterarten etwa 3000 beträgt. - In diese natürliche Flora hinein sind die entsprechenden Kulturbestände gelegt. Indem nun die Bodenerhebung durchschnittlich von N. nach S. ansteigt und Deutschland den Nordhang der Alpen besitzt, ist die Zunahme der Bodenproduktion nach S. nicht so bedeutend wie in andern europ. Ländern. Da im Winter die Kälte von W. nach O. mit der Entfernung von der atlantischen Küste bedeutend zunimmt (s. S. 119 b), so vereinigt sich alles, um den Mittelrhein zum Garten Deutschlands, die innern Seengelände Ostpreußens (Spirdingsee) zum rauhesten Teil des Reichs zu machen. Dies zeigt sich deutlich in den Frühlingszeiten der deutschen Gaue und der davon abhängigen Entwicklung der Kulturpflanzen: die Blütezeit des Winterroggens ist im nordöstl. Seeschwellengebiete Preußens um etwa 30 Tage, und die Erntereife noch etwa um 24 Tage zurück hinter den mittlern Terminen dafür im südwestl. Rhein- und Donaugebiete. Hierin sind die Gegensätze kurz angedeutet, auf denen die Landesnatur und Produktion beruht, die die Eigenart der verschiedenen deutschen Stämme erhält sowie die Anhänglichkeit an die besondere Heimat begründet.

Tierwelt. Deutschland gliedert sich tiergeographisch von S. nach N. in drei Provinzen, die alpine, die oberdeutsche, von den Vorbergen der Alpen bis zum Beginn des norddeutschen Tieflandes, und die niederdeutsche, das Tiefland bis zur Küste. Die beiden letztern Provinzen zerfallen wieder in je zwei Gaue; die Grenze zwischen denselben bildet die Elbe, obere Saale und eine Linie ungefähr von Halle bis Lindau am Bodensee. So erhält man außer der alpinen Provinz vier Gaue: einen südwestlichen, südöstlichen, nordöstlichen und nordwestlichen, die alle ihre charakteristischen Faunen besitzen. Am reichsten ist die Tierwelt der alpinen Provinz, weil hier zu wahren Alpentieren (Gemse, Schneehase, Murmeltier, Alpenschneehuhn, Steinadler, Lämmergeier, Alpenkrähe, Alpendohle, Mauerläufer u. a. Vögel), zahlreichen Insekten und Mollusken, die die Eiszeit überdauert haben, und einigen südl. Formen der größte Teil der Arten des oberdeutschen Berglandes hinzutritt. Der Südwestgau enthält einige aus Süden eingewanderte Formen (Zwergohreule, Zaun- und Zippammer, Steinsperling, Steinmerle, Blaumerle, Orpheussänger, Bartmeise, 2 Eidechsen-, 4 Schlangenarten, 3 Fischarten, zahlreiche Gliedertiere und Mollusken), die sonst in Deutschland nicht vorkommen. Ebenso enthält der Südostgau östl. und nördl. Arten (Ziesel, Gartenschläfer, Sperlingseule, Spinnolettgimpel, Morinellregenpfeifer, einige Insekten und Mollusken); manche, die die Eiszeit überdauert haben (dreizehiger Specht, Bergfink, Ringdrossel, Alpenflühvogel), hat er mit den Alpen überein. An eigenen Fischformen ist er durch die Seen der Voralpen und durch die Donau sehr reich (14 Arten). Der Nordostgau zeigt manches sehr eigentümliche. Er beherbergt in Ostpreußen noch den Wolf, den Nörz, den Biber, das Elentier, mit den Alpen gemeinsam hat er den Schneehasen und den Luchs; die Wildkatze ist hier häufiger als sonst. Von besondern Vögeln