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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Deutschland und Deutsches Reich (Kolonien. Landwirtschaft)

Am meisten arbeitet mit fremden Kräften die Landwirtschaft, weniger die Industrie, am wenigsten die Handels- und Verkehrsgewerbe, bei denen aber die sog. höhern Hilfspersonen zahlreicher sind.

Ein allgemeines Interesse knüpft sich endlich an die Altersverhältnisse der Berufsgruppen, wie sie folgende Tabelle in Prozenten zeigt. Es gab:

Im Alter von Jahren Erwerbthätige Diensboten Angehörige Berufslose Einwohner überhaupt

Unter 15 2,6 4,8 61,7 3,1 35,3

15-20 16,3 36,7 3,5 6,4 9,5

20-30 25,9 41,7 8,0 6,0 15,9

30-40 19,0 7,8 9,3 6,5 13,0

40-50 15,8 4,0 7,2 9,6 10,5

50-60 11,6 2,8 4,9 15,4 7,8

60-70 6,9 1,7 3,5 26,1 5,4

über 70 1,9 0,5 1,9 26,9 2,6

Zusammen 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0

Die Erwerbthätigen stehen vorzugsweise in den mittlern, besten Lebensjahren. Die Dienstboten (meist weibliche) scheiden gewöhnlich durch ihre Verheiratung sehr bald aus dem Berufsleben aus. Unter den Angehörigen bilden die Kinder die große Mehrzahl, die sog. Berufslosen endlich gehören hauptsächlich den höhern Altersstufen an.

Zum Vergleich mit der Berufsverteilung in andern europ. Ländern und den Vereinigten Staaten von Amerika s. Berufsstatistik (Bd. 2, S. 859 b).

Über den Verbrauch der Bevölkerung an wichtigsten Nahrungsmitteln s. S. 136 und 140 a.

Kolonien. Über die rechtliche Stellung, Verfassung und Verwaltung derselben s. Deutsche Kolonien; ausführliches über die einzelnen Kolonien s. in den betreffenden Artikeln.

Landwirtschaft. Während Deutschland um die Mitte des 19. Jahrh. noch vorwiegend ein Ackerbaustaat war, dessen Bewohner zu 65 Proz. in der Landwirtschaft, 20 Proz. in Industrie und Gewerbe, 4-5 Proz. im Handel und Verkehr thätig waren, ist es seitdem zu einem Ackerbau- und Industriestaate geworden, dessen Bevölkerung sich nur noch etwa zur Hälfte der Landwirtschaft, Viehzucht und Gärtnerei widmet. Vorwiegend wird Landwirtschaft betrieben in den beiden Provinzen Preußen, den Provinzen Posen, Pommern und Hannover (außer dem Reg.-Bez. Hildesheim), Teilen von Schlesien, Brandenburg, Sachsen; ferner in Mecklenburg, Waldeck, dem rechtsrhein. Bayern, Baden, Württemberg und Elsaß-Lothringen. Den reichsten Ertrag bieten die Tieflandschaften der Provinz Preußen, die Vorlandschaften der Alpen in Bayern, der Fuß der großen Gebirgsdiagonale von der obern Oder bis zur Maas, die fetten Marschen der Nordsee, der Küstenstrich an der Ostsee, die breiten Flußbahnen und die Thäler des sanftern Mittelgebirges. (Hierzu: Karte der Landwirtschaft im Deutschen Reiche.)

Ackerbau. Nach der Aufnahme von 1883 nahmen von der Gesamtfläche des Deutschen Reichs ein: Ackerland, Gartenland und Weinberge 26311968 ha (48,7 Proz.); Wiesen 5903501 (10,9 Proz.); Weiden, Hutungen, Öd- und Unland 5041083 (9,4 Proz.); Forsten und Holzungen 13900612 (25,7 Proz.); Haus- und Hofräume, Wege, Gewässer u. a. 2859898 ha (5,3 Proz.). Den Getreidearten und Hülsenfrüchten waren gewidmet 15723967 ha (60,1 Proz.), den Hackfrüchten und Gemüsen 3943635 (15,1 Proz.), den Handelsgewächsen 352315 (1,3 Proz.), den Futterpflanzen 2404650 (9,2 Proz.), der Ackerweide und Brache 3336829 ha (12,7 Proz.).

Im ganzen gab es (1883) 5276344 landwirtschaftliche Betriebe, die eine Fläche von 31868872 ha bewirtschafteten. Sie gruppieren sich wie folgt:

Größe der Betriebe Anzahl der Betriebe Fläche der Betriebe Von 100 ha kommen an die Betriebe

Unter 1 ha 2323316 777958 2,4

1 ha bis 10 ha 2274096 8145130 25,6

10 ha bis 100 ha 653941 15159621 47,6

100 ha und mehr 24991 7786263 24,4

Demnach waren von den 5276344 landwirtschaftlichen Betrieben 4597412 (28 Proz.) kleiner als 10 ha; die weitaus größte Fläche (22945884 ha, d. i. 72 Proz.) dagegen wurde von den Betrieben über 10 ha (678932) eingenommen. 2953445 Betriebe wirtschafteten auf eigenem Lande, bei weitern 946805 war mehr als die Hälfte der Fläche eigenes Land, bei 546957 war mehr als die Hälfte Pachtland und 829137 wirtschafteten auf Pachtland. 968947 Betriebe benutzten auch Holzland und 4441903 hielten Nutzvieh, nämlich 3255887 Stück Großvieh, 749217 Schafe, 2950588 Schweine, 1505357 Ziegen. In 939483 Betrieben wurden Kühe zur Ackerarbeit benutzt, 836 benutzten Dampfpflüge, 63842 Sämaschinen, 19634 Mähmaschinen, 75690 Dampf-Dreschmaschinen und 298367 andere Dreschmaschinen.

Über Bodenbenutzung und Ernten im Erntejahr 1892-93 giebt folgende Tabelle Auskunft:

Fruchtarten Erntefläche ha Erntemenge in Tonnen im ganzen auf 1 ha 1892/93 1882-91

Getreide:

Weizen 1975652 3162885 1,60 1,35

Roggen 5678733 6827712 1,20 0,99

Gerste 1690096 2420736 1,43 1,30

Hafer 3987719 4743036 1,19 1,17

Spelz (Dinkel, Vesen) und Emmer 359476 497818 1,38 1,16

Einkorn 4442 5032 1,13 0,88

Buchweizen 180290 89641 0,71 0,79

Hülsenfrüchte:

Erbsen 364819 304725 0,84 0,76

Ackerbohnen (Saubohnen) 164950 227842 1,38 1,36

Wicken 180125 154342 0,86 0,78

Lupinen 154001 87129 0,57 0,69

Hackfrüchte:

Kartoffeln (gesunde u. kranke) 2929808 27988557 9,55 8,13

Runkel- als Futterrüben 411467 7403148 17,99 17,99

Möhren, Kohl- u. Weiße Rüben 461191 3644122 7,90 7,65

Handelsgewächse:

Raps, Rübsen, Awehl, Biewitz. 109203 131391 1,23 1,08

Hopfen (Fruchtzapfen) 43434 25515 0,56 0,58

Wein 118292 1673626 (hl) 14,1 (hl) 20,6 (hl)

Futterpflanzen: t t t

Kleesamen 73447 13580 0,18 0,18

Kleeheu 1842917 5408189 2,93 3,06

Luzerne (Heu) 189298 650986 3,44 4,34

Esparsette (Heu) 101787 244266 2,40 3,13

Andere Futterpflanzen 408514 811174 1,99 2,15

Wiesenheu, Grummet 5892717 16833897 2,86 2,94