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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Diesthemius - Dieterich (Gust. Heinr. Wilh. Eugen)
nünaristcn, hat er durch die Art der Ausbildung
semer Zöglinge, durch die Einrichtung seiner Semi-
narübungsschule, die als Muster Veranlassung zu
gleicher Einrichtung an andern Seminarien gad,
und durch seine Schriften auch ganz wesentlich zur
Förderung der Lehrer in praktischer Beziehung und
zur Entwicklung der Methode in den verschiedenen
Unterrichtsfächern beigetragen. Seine "Populäre
Himmelskunde und mathem. Geographie" (neu be-
arbeitet von W. Meyer und V. Schwalbe, 18. Aufl.,
Berl. 1893) wird immer mustergültig für Behand-
lung dieses Gegenstandes bleiben. Für die Me-
thode des Rechenunterrichts war sein mit Zeuser her-
ausgegebenes "Methodisches Handbuch für den Ge-
samtunterricht im Rechnen" (2 Tle., Elberf. 1820-
30; 0. Anfl., Gütersloh 1804-60) bahnbrechend.
Daneben sind noch sein "Leitsaden für den Unter-
richt in der Formen- und Größcnlchre" (4. Aufl.,
Lpz. 1845), sein "Praktisches Rechenbuch für Elemen-
tar- und höhere Bürgerschulen" in Verbindung mit
Zeuser (neu bearbeitet von Langenberg und Roth,
27. Aufl., Gütersloh 1888) und die "Elementare
Geometrie für Mittelschulen" (neu hg. von Langen-
berg, 5. Aufl., Frantf. a. M. 1875) zu nennen. Durch
fein "Lese- und Sprachbuch für mittlere ^chultlassen
und gehobene Elementarschulen" (Essen 1820; 3.Aufl.
1833) und "Echullefcbuch" (Krefeld 1831) fowie durch
den "Praktischen Lehrgang sür den Unterricht in der
deutschcnSprache" (3 Tle/, ebd. 1828-30u. ö.) hat er
zur Förderung der Methode des Lese- und deutschen
Sprachunterrichts wesentlich beigetragen, wenn er
auch später selbst für die Lesebücher mehr ein natio-
nales Gepräge verlangte. Ilber alle auftauchenden
pädagogifchen Fragen sprach er seine Ansichten srei-
mütig aus, wodurch er vielfach in Gegensatz zu
herrschenden Nichtuugen und zu den Auffassungen
in maßgebenden Kreisen und in heftige Kämpfe
geriet. Zuerst war dies vorzüglich der Fall durch
feine Vrofchüre "Über das Verderben auf den deut-
schen Universitäten" (Nr. 3 der u. d. T. "Die Lebens-
frage der Civilisation" herausgegebenen vier Bei-
träge; Essen )830-38) und durch sein vernichten-
des Urteil über die wechselseitige Schuleinrichtung
in seinen "Bemerkungen und Ansichten auf einer
pädagogischen Reise nach den dan. Staaten" (Berl.
1836). Die in der erstgenannten Schrift auf-
gesprochenen Ansichten fanden schlagende Widcr-
legung durch H. Leo (Herr D. und die deutschen
Universitäten, Lpz. 1830). später wurde er nament-
lich wegen seiner Ansichten über den Religionsunter-
richt und über die Leitung und Beaufsichtigung dcv
Schule, die er durch Sachverständige, nicht durch dic
Kirche als solche ausgeübt wissen wollte, heftig ange-
griffen. Die Angriffe riefen aber eine große Anzahl
Kämpfer sür D. auf den Plan. D. felbft trat in
seinem "Wiedererstandenen Hauptpastor Melchior
Götze" (auch u. d. T. "Anti-Pieper", Essen 1844) nur
dem Pastor Pieper in Mettmann entgegen. Als
1854 die Raumerschen Regulative erschienen, trat
er sofort in drei geharnischten Broscbüren dagegen
auf und verlangte in einer feiner inhaltreichsten
Kammerreden ihre Abschaffuug. Daß sie später
(unter Falk) aufgehoben worden sind, ist wesent-
lich der energischen und gründlichen Darlegung
idrer Unhaltbarkeit durch D. zuzuschreiben. -
Von D.s zahlreichen Schriften sind außer den ge-
nannten noch hcrvorzubeben: "Das pädagogische
Deutschland" (2 Bde., Verl. 1835-36), "Streit-
sragen auf dem Gebiete der Pädagogik" (2 Hefte,
VrockhauZ' Kouversations-Lcxitou. 14, Aufl.. V.
Essen 1837-38), "Unterricht in der Kleinkinder-
schule" (5. Aufl., Vieles. 1852), "Pädagogisches
Wollen und Sollen" (Lpz. 1856; 2. Aufl., Frankf.
1875). Ausgewählte Schriften D.s gab Langenberg
(2. Aufl., 4 Bde., Frankf. a. M. 1890-91), aus-
gewählte Auffätze aus den "Rheinifchen Blättern"
Iesfcn (Wien 1878) heraus.- Von seinen Verehrern
wurde ibm zu Mors ein 7.Okt.1882 enthülltes Denk-
mal errichtet, ebenso in Siegen (enthüllt 29. Okt.
1890). Bereits 1860 war von Freunden und An-
hängern D.s eine Diesterweg-Stiftung in
Berlin begründet worden, die durch die Zinsen des
jetzt über 7000 M. betragenden Grundkapitals und
die Mitgliederbeiträge die pädagogische Litteratur
im Geiste D.s zu fördern fucht und Preife fnr
Löfung wichtiger pädagogischer Fragen ausfchrcibt.
- Vgl. Langenberg, Adolf D., sein Leben und seine
Schriften (3 Tle., Frankf. 1867-68); ders., D.s
Selbstbeurteilungen (Mors 1873); ders., Adolf D.
Lichtstrahlen aus feinen Schriften (Lpz. 1875);
Nudolph, D.s Leben (in der 5. Aufl. des "Weg-
weisers", Essen 1874 - 77); K. Nichter, Adolf D.
nach feinem Leben und Wirken (Wien 1890); Lüttge,
Adolf D. in feiner Bedeutung für die Hebung des
Volk5schullehrerstandcs (Lpz. 1890); Pohlandt, D.s
Verdienste um die Lehrerbildung (ebd. 1890); Ru-
dolph, Adolf D. der Reformator des deutfchen Volks-
schulwefens im 19. Jahrh. (Bcrl. 1890); Scherer,
Adolf D.s Pädagogik (Gießen 1890); Krause, Adolf
D. und feine Verdienste um die Entwicklung des
deutschen Volksschullehrerstandes (Vorna 1889).
Diesthemius, Petrus, s. ^vei^ian.
Dietcndorf, Dorf im Landratsamt Got-Ha des
Herzogtums Sachfen-Gotha, 12 km von Erfurt,
am Fli'ißchen Apfelstädt und an den Linien Halle-
Vebra und Neudietendorf-Plaue-Nitfchenhaufen der
Preuß. S taatsbahncn, umfaßt zwei Gemeinden, D.,
rechts an der Apfelstädt, mit 978 E., und Neu-
dietendorf, links an der Apfelstädt, mit 626 E.,
darunter 297 Mitglieder der Evangelischen Brüder-
gemeine, hat Post zweiter Klaffe, Telegraph, Kirche,
Vrüderhaus mit Schule, Schwesternhaus, Mädchen-
erziehungsanstalt mit Park; zwei Brauereien sowie
ansehnliche Fabrikation von Aromatique und Pseffer-
minzplätzchen (Th. Lappe), Zinnober (Lilliendahl),
Siegellack, Rohrstäben fnr Geflecht, Fifchbeinstäben
und Lederfärberei. - Die Vrüdcrkolonie wurde 1743
vom Grafen Promnitz gegründet und 1764 an-
erkannt unter der Bedingung, sich in kirchlicher Be-
gehung ganz der luth. Landeskirche unterzuordnen.
Erst 1849 hörte dieses Verhältnis auf.
Dieterich, Gust. Heinr. Wilh. Eugen, Pharma-
ceut. Industrieller, geb. 6. Okt. 1840 zu Waltcrs-
dauscn im Grabfcld (Unterfranken), studierte in
München, war dann in einer Farben- und eittt'r
Paraffinfabrit als Chemiker thätig und gründete
1809 Nc chem. Fabrik Hclscnberg bei Dresden. D.
hat sich seitdem um die Pharmacie ein wesentliches
Verdienst erworben, indem er der erste und lange
Zeit der einzige war, welcher das wirtschaftliche
Übergewicht nicht im Fabrikgeheimnis fuchte, fon-
dern in der ausgezeichneten Durchführung der ein-
zelnen Darstellungsmethoden und der Erzeugung
bestmöglicher Präparate. D. hat die Herstellung
der Galeniscbcn Präparate in rationelle Bahnen
gelenkt und fclbft die Prnfungsmethoden ausgear-
beitet, nach denen dieselben auf ihre Güte zu beur-
teilen sind. Von feiner litterar. Thätigkeit sind
hervorzuheben seine Arbeiten über Morphinbestim-
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