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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dietfurt - Dietrich (von Bern)
(ebd. 1846; auch ins Französische übertragen). Als
Direktor des Statistischen Bureaus veröffentlichte er
"Tabellen und Nachrichten über den preuß. Staat"
(1851 fg.), die in der preuß. Verwaltung als die
sog. "Vlaubücher" bekannt sind, und seit 1848 "Mit-
teilungen des Statistischen Bureaus". Mit dem
4. Bande der Tabellen, "Die Resultate der Verwal-
tung" enthaltend, hat D. den Grund zur Verwal-
tungsstatistik Preußens gelegt. Seit 1847 Mitglied
der Berliner Akademie der Wissenschaften, hat D. !
eine Reihe wertvoller Abhandlungen für deren
Denkschriften verfaßt. Den Schlußstein seiner
Wirksamkeit sollte das "Handbuch der Statistik des
preuß. Staates" bilden (fortgeführt von seinen:
Sohne Karl D., Berl. 1861), an dessen Voll-
endung ihn der Tod hinderte. D. war auch Mit- !
degründer der statist. Kongresse. !
Dietfurt, Stadt im Bezirksamt Beilngries des '
bayr. Reg.-Bez. Oberpfalz, 12 km im NW. von
Nicdenburg, an der Laber, unweit von deren Mün-
dung in die Altmühl und dem Ludwigskanal, hat !
(1890) 1141 kath. E., Posterpedition, Telegrapb,
4 Kirchen, Franziskanertloster und iiBierbrauereien.
Hier siegten 4. März 1703 im Spanischen Erbfolge-
krieg die Österreicher über die Bayern.
Dietharz, Dorf im Landrat^amt Ohrdruf des
Herzogtums Sachfen-Gotha, durch die Apfelstädt von !
Tambach (s. d.) getrennt, hat (1890) 733 cvang. (5., !
Porzellan- und Wurstfabrik, Dampf- und Wasser-
sägewerke, Ölmühlen, bedeutenden Holzbandcl. ^
Nahebei der prächtige Dictharzer- oder Schmal- !
Wassergrund mit einem säst überhängenden Por-
phyrfelsen, dem sog. Falkcnstein <90 m).
Diether, eine Gestalt der deutschen Heldensage,
jüngerer Bruder Dietrichs von Bern und wie dieser
selbst König von Bern genannt. Er nimmt an
den Zügen seines Bruders gegen Ermanrich teil,
wird aber in der Rabenschlacht von Wittig er-
schlagen. - Ein zweiter D. erscheint in den spätern
Gedichten der Heldensage als Bruder des Erman-
rich und Vater der Harlunge.
Diether vonIsenbur g, Erzbischof von Mainz
(1459-63 und 1475-82), geb. 1412 als Sohn des
Grafen von Isenburg-Vüdingen, trat auf Grund
der Wahlkapitulation gleich seinem Vorgänger,
Dietrich Schenk von Erbach, dem Bündnis gegen den !
Kurfürsten Friedrich I. von der Pfalz bei, wurde aoer ^
4.Iuli1460beiPfeddersheim geschlagen und schloß ^
sich nun eng an den Kurfürsten und dessen Politik
an. In seiner Opposition gegen die Übergriffe des
Papstes wurde D. exkommuniziert, weil er dieAn-
naten nicht zahlte. In Verbindung mit dem eben-
falls gegen röm. Forderungen kämpfenden Her-
zog Sigismund von Tirol und angespornt durck
Gregor von Heimburg (s. d.), regte er auf mehrern
Reichstagen ein gemeinsames Vorgehen gegen die
Kurie und die Berufung eines neucn allgemeinen
Konzils in einer deutschen Stadt zur Bestätigung
der Baseler Neformdetrete an und verfeindete sich
so mit dem Kaiser Friedrich III. und besonders mit ^
Pius II., der ihn 1461 absetzte und an seine Stelle !
den Domherrn Adolf von Nassau ernannte. Da D. !
nicht weichen wollte, kam es zur Fehde, die das ^
ganze südwestl. Deutschland in Mitleidenschaft zog.
Obwohl D.s Verbündeter, der Kurfürst Friedrich
von der Pfalz, 30. Juni 1462 seine Gegner, den
Bischof von Metz, den Markgrafen Karl von Baden
und den Grafen Nlrich von Württemberg, bei Secten-
heim besiegte und gefangen nahm, mußte D. in dem
Zeitlsheimer Vertrage 5. Okt. 1463 zu Gunsten
feines Nebenbuhlers entsagen, der ihm eine Rente
und Höchst als ein besonderes Fürstentum gewährte.
Nack dem Tode Adolfs von Nassau 1475 nochmals
zum Erzbischof von Mainz erwählt, hat D. sich nicht
mehr auf Opposition gegen das bestehende kaiserl.
und päpstl. System eingelassen, vielmehr letzteres
gestützt und im übrigen sein Fürstentum fruchtbrin-
gend regiert. Er starb 7. Mai 1482. Die Stadt
Mainz, die schon sein Vorgänger ihrer reichsstädti-
schen Selbständigkeit beraubt hatte, entschädigte er
durch große Bauten, Fürsorge für ihren Handel und
durch die Stiftung einer Universität (1477), welche
bis in die Revolutionszeit bestanden hat. Beson-
dern Dank verdiente er sich beim Papst durch Be-
strafung unkirchlicher Geistlichen und Verfolgung
von Irrlehren. Er hat auch den Ketzerprozeß gegen
Iobann von Wefel (s. d.) veranlaßt (1479). - Vgl.
C. Wenzel, D. von Isenöurg, Erzbischof von Mainz
(Erlangen 1868).
Dietikon, Stadt im schweiz. Kanton und Bezirk
Zürich, an der Limmat und an der Linie Zürich-
Aarau der Nordostbahn, hat (1888) 1923 E. Hier
siegte 25. Sept. 1799 Masftna über die Russen.
Dietleib von Steier,Held der Dichtung "Bite-
rolf und Dietleib" (s. d.). - Eine andere Rolle spielt
D. als Däne in der Thidreksaga, wo er im Kampfe
mit Sigurd dem Griechen dessen Tochter erwirbt,
sie aber verläßt, um zu Dietrich von Bern zu gehen.
Dietmar, Bischof von Merseburg, s. Thietmar.
Dietmar von Aist(e), Minnesänger, aus
einem Rittergeschlccht in Österreich ob der Enns, in
der Riedmark, benannt nach dem Bache Aist, vertrat
zuerst in Österreich um 1180 in meist cinstrophigen
Liedern (in Lachmanns und Haupts "Minnesangs
Frühling", Nr. 7,4. Aufl., Lpz.'i890) die kunstvollern
Formen und den höfischen Frauendienst der romcm.
Lyrik; doch sind unter D.s Namen auch Strophen
mitgeteilt, die, Perlen schönster Volksdichtung, schon
der altertümlichen Technik wegen nicht sein Werk
sein können.
Dietrich, ein Nachschlüssel oder eigentlich ein
Sperrhaken, mit dem ohne Anwendung des zuge-
hörigen Schlüssels ein Schloß durch Zurückschieben
des Riegeln geöffnet werden kann.
Dietrich von Bern, der Name, unter dem der
Ostgotenkönig Theodorick der Große (s.d.) in
die deutsche Heldensage verslochten ist; unter Bern
ist dessen Hauptstadt Verona zu verstehen; als sein
Stammland gilt Meran oder meist Italien. Denn
die Sage, die einen unberechtigten Eroberer zum
Helden nicht brauchen kann, nahm die histor. Verhält-
nisse umkehrend an, daß D. durch Otacher (Odoaker)
oder durch seinen Oheim Ermanrich aus seinem Erd-
land Italien vertrieben wurde, mit seinen Mannen,
namentlich dem alten Hildebrand, bei Etzel gast-
liche Aufnahme fand und sich mit seiner Hilfe nach
vielen Iabrcn wieder in Besitz seines Reichs setzte.
Die geschichtliche Belagerung Navennas durch
Tbeodorich lebt in der "Rabenschlacht" sort. Im
"Nibelungenliede" erscheint D. als Verbannter an
Etzels Hofe; nur ihm gelingt es, des grimmen
Hagen Herr zu werden. D. ist zugleich der weich-
herzigste, friedfertigste und der stärkste, gewaltigste
aller deutschen Sagenhcldcn; in den "Rosengärten"
besiegt er, der süddeutsche Held, sogar den Franken
Siegfried. Hm 1000 schon sangen die niederdeutschen
Bauern von ihm. An ihn knüpften sich allmählich,
indem cr Mittelpunkt eines großen Sagenkreises
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