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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Diffusionsverfahren – Digestion

sten Moleküle können mit Leichtigkeit der Anziehung der Wassermoleküle folgen, andere gehen nur schwer durch die Membran, wieder andere können gar nicht hindurch, während sie ihrerseits doch durch ihre Anziehungskraft Wassermoleküle durch die Membran zu sich herübertreten lassen. Hiernach unterscheidet man diffusionsfähige und nicht diffusionsfähige Körper, und da es sich gezeigt hat, daß den meisten der erstern die Eigenschaft zukommt, entweder selbst zu krystallisieren oder doch krystallisierende Verbindungen einzugehen, so nennt man sie auch, nach Grahams Vorgang, Krystalloide und unterscheidet sie von jenen nicht krystallisierbaren und nicht diffundierbaren Körpern, die man Kolloide (vom griech. kollós, Leim) nennt. Das Diffusionsvermögen der Krystalloide benutzt man in der Analyse zur Trennung derselben von den Kolloiden (s. Dialyse); in der Technik macht man von der verschiedenen Diffusionsgeschwindigkeit gewisser Salze und des Zuckers Gebrauch zum Reinigen der Melassen. (S. Zuckerfabrikation.)

In den verschiedenen pflanzlichen Geweben sind immer viele Zellen dicht aneinander gelagert, sodaß ihre Membranen sich unmittelbar berühren. Steht von einer solchen Reihe nur die äußerste Zelle mit einer Lösung oder mit Wasser in Berührung, so tritt zunächst hier ein Diffusionsstrom ein. Dadurch wird die Zusammensetzung des Inhalts der ersten und zweiten Zelle verschieden, und infolgedessen treten zwischen beiden Diffusionsströmungen ein. Auf gleiche Weise verhält sich dann die dritte zur zweiten, die vierte zur dritten Zelle u. s. w., sodaß Material von außen zu entfernten Zellen und umgekehrt von diesen nach außen geleitet werden kann.

D. von Gasen findet statt, wenn Gase unter ähnlichen Bedingungen wie diffundierende Flüssigkeiten zusammengebracht werden. Hat man ein weites, an beiden Enden verschlossenes Rohr durch eine Scheidewand in zwei Abteilungen geteilt und diese mit zwei verschiedenen Gasarten von gleichem Druck gefüllt, so mischen sich die beiden Gase nach Entfernung der Scheidewand in einer bestimmten Zeit, die bei verschiedenen Gasen verschieden ist. Die Erklärung dieses Mischungsvorgangs, der D., liegt in der Natur des gasförmigen Aggregatzustandes. (S. Kinetische Gastheorie.) Jedes Gasmolekül bewegt sich fortschreitend mit großer Geschwindigkeit im Raume. Vermöge dieser Bewegung verändern die Gasmoleküle fortwährend ihre gegenseitige Lage, woraus sich leicht der Diffusionsvorgang erklären läßt. Von besonderm wissenschaftlichen Interesse ist die theoretische auf der kinetischen Gastheorie gegründete Berechnung der auch durch Versuche bestimmbaren Diffusionsgeschwindigkeit (Diffusionskoefficient) der einzelnen Gase gegeneinander; es sind in dieser Beziehung die Arbeiten von Clausius, Maxwell, Stefan, Boltzmann, O. E. Meyer, Waitz, Winkelmann, Groß u. a. erwähnenswert. Sind die Gase durch eine poröse Wand getrennt, so gehen dieselben durch diese mit ungleicher Geschwindigkeit hindurch. Graham glaubte beobachtet zu haben, daß die Gase bei gleichem Druck mit Geschwindigkeiten diffundieren, die sich umgekehrt wie die Wurzeln aus den Dichten verhalten. Dieses Verhältnis würden die Geschwindigkeiten beim Einströmen in den leeren Raum einhalten. Nach Bunsen ist jedoch dieses Gesetz nicht genau erfüllt. Dalton hat sich auf Grund der erwähnten Thatsachen die Vorstellung gebildet, daß sich jedes Gas für das andere wie ein leerer Raum verhält. Verkorkt man eine Thonzelle T (s. beistehende Skizze), wie dieselbe zu galvanischen Elementen benutzt wird, setzt ein Heberrohr H mit Flüssigkeit a b an, stülpt ein Becherglas B darüber und leitet unter dasselbe durch einen Schlauch S Wasserstoff oder überhaupt ein Gas, das leichter ist als atmosphärische Luft, so diffundiert dies schneller in die Zelle, als die Luft aus dieser heraus. Hierbei steigt b und a sinkt. Entfernt man rasch B und S, so diffundiert nun der Wasserstoff schneller aus T heraus als die Luft hinein. Nun steigt a und b sinkt. Das Umgekehrte tritt ein, wenn durch S Kohlensäure zugeleitet wird. Ist a b eine leitende Flüssigkeit (Quecksilber), die einen galvanischen Strom schließen und einen Glockenschlag auslösen kann, so kann man die Vorrichtung als Signalapparat (für schlagende Wetter, Kohlensäure, Leuchtgas u. s. w.) benutzen.

^[Abb.]

Diffusionsverfahren, Verfahren zum Reinigen der Melasse, s. Zuckerfabrikation.

Digallussäure, soviel wie Gerbsäure.

Digambarās, Sekte der Dschain (s. d.).

Digămie (grch.), die zweite Verehelichung.

Digamma, doppeltes Gamma, geschrieben Ϝ, der sechste Buchstabe im ältesten griech. Alphabet, bezeichnet den Laut des engl. w. Während dieser von den meisten griech. Mundarten bis tief in die geschichtlich bekannte Zeit hinein festgehalten wurde, ließen ihn die Ionier und Attiker sehr früh fallen, z. B. ionisch und attisch ἔτος (etos, Jahr) = kretisch u. s. w. ϝέτος (wetos). Unrichtigerweise nannten die alten Grammatiker den Laut auch D. aeolicum, als wäre er eine Eigentümlichkeit nur des äolischen Dialekts gewesen. Zur Entstehungszeit der Homerischen Gedichte wurde das D., wie Eigentümlichkeiten der Sprache und des Verses zeigen, noch gesprochen, ist aber in dem uns überlieferten Text nicht geschrieben; einige neuere Herausgeber suchten es daher wieder einzuführen, so I. ^[Immanuel] Bekker («Carmina Homerica», 2 Bde., Bonn 1858).

Digartsche (Digartschi), s. Schigatse.

Digenís Akrítas, der Held eines nach ihm betitelten byzant. Nationalepos, dessen Kern wahrscheinlich ins 10., dessen erhaltene Bearbeitungen aber schwerlich über das 12. Jahrh. zurückgehen; die jüngste (in gereimten Versen) entstand 1670. Die poet. Figur des D. A. ist auch in die slaw. Volksdichtung übergegangen. Digenis (der «Zwiegeborene») heißt er, weil sein Vater ein Heide, seine Mutter eine Griechin war; Akritas ist byzant. Ausdruck für die Verteidiger der Grenzen, eine Art Markgrafen. Über die Ausgaben vgl. K. Krumbacher, Geschichte der byzant. Litteratur (Münch. 1890).

Digerieren (lat.), s. Digestion.

Digésten (lat.), der Hauptbestandteil des Corpus juris civilis (s. Corpus juris).

Digestion (lat.) oder Digerieren, eine chem.-technische Operation, die darin besteht, daß man eine Substanz mit einer Flüssigkeit (Wasser, Alkohol, Äther, Glycerin, Schwefelkohlenstoff) bei gelinder Wärme zusammenbringt, um gewisse lösliche Stoffe aus ihr zu extrahieren. Man gewinnt auf diese Weise Lösungen aller Art, Tinkturen, Essenzen, Elixire,