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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Dispositionsbefugnis; Dispositionsbeschränkung; Dispositionsfähigkeit

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Dispositionsbefugnis - Dispositionsfähigkeit

sondere D. findet statt, wenn sich (und zwar auch bei sonst kräftigen und widerstandsfähigen Naturen) nur zu einer oder einigen wenigen Krankheiten oder örtlichen Affektionen (z. B. der Haut, des Magens, der Luftwege) besondere Anlage zeigt. Im zarten Kindesalter und im hohen Greisenalter herrscht eine allgemeine D. zu vielerlei Krankheiten; im mittlern Lebensalter überwiegen die besondern D. Nicht selten geht die Krankheitsanlage ohne scharfe Grenzen in die wirkliche Krankheit über; man pflegt solche Zustände als Kränklichkeit oder Schwächlichkeit zu bezeichnen. Das Wesen der D. ist in den meisten Fällen nicht genau anzugeben. Die D. ist entweder angeboren und dann oft erblich (z. B. die D. zur Lungenschwindsucht, zu Epilepsie und Geisteskrankheiten), oder erworben infolge schädlicher Gewohnheiten und ungünstiger Lebensverhältnisse. Die angeborene Krankheitsanlage pflegt man wohl auch als Konstitutionsanomalie zu bezeichnen. Übrigens kann jede D. durch geeignete diätetische Maßregeln, durch Erziehung und Gewöhnung wieder verschwinden. (S. Abhärtung.) - Vgl. Beneke, Die anatom. Grundlagen der Konstitutionsanomalien des Menschen (Marb. 1878); ders., Die Altersdisposition (ebd. 1879); Locher-Wild, über Familienanlage und Erblichkeit (Zür. 1874).

Dispositionsbefugnis, das Recht über einen Gegenstand zu verfügen, auch Dispositionsfähigkeit (s. d.) genannt.

Dispositionsbeschränkung. Eine Beschränkung der Freiheit, sich zu verpflichten und seine Güter zu veräußern oder zu belasten, kann die Person im ganzen oder die Gebundenheit gewisser ihr gehöriger Güter betreffen. Die Entziehung der Dispositionsfähigkeit (s. d.) tritt ein durch Entmündigung (s. d.) wegen Geisteskrankheit (s. d.) oder wegen Verschwendung (s. Verschwender). Sie hat die Folge, daß dem Entmündigten ein Pfleger (s. d.) oder Vormund (s. d.) bestellt wird, welcher statt seiner handelt, sodaß die Handlungen, welche der Entmündigte selbst vornimmt, ohne rechtliche Wirkung bleiben. Eine Beschränkung der Dispositionsfähigkeit tritt noch jetzt für die Frau vielfach zufolge der Eingehung der Ehe ein (s. Ehefrau). Die D., welche sich auf die Gebundenheit gewisser Güter bezieht, kann ihren Grund haben in einer allgemeinen gesetzlichen Anordnung. So dürfen nach Gemeinem Recht, nach der Preuß. Vormundschaftsordn. §. 42, Nr. 5, nach Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §. 1942, nach Österr. Bürgerl. Gesetzb. §. 232 die unbeweglichen Güter eines Bevormundeten nur mit Genehmigung des Gerichts, nach franz. Recht nur mit der vom Gericht zu bestätigenden Genehmigung des Familienrats veräußert werden. Mit Eröffnung des Konkurses verliert der Gemeinschuldner das Recht, über sein zur Konkursmasse gehöriges Vermögen, d. i. nach der Deutschen Konkursordn. §. 1 dasjenige einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen, welches dem Gemeinschuldner zur Zeit der Eröffnung des Konkurses gehörte, zu verfügen. Man ist allgemein darin einverstanden, daß Veräußerungen, welche diesen gesetzlichen Veräußerungsverboten zuwider vorgenommen wurden, nichtig sind, sofern das einzelne Gesetz nicht etwas anderes bestimmt. Die Gebundenheit einzelner Güter kann auch ihren Grund in einer Verfügung des Civilrichters, des Strafrichters oder einer andern Staatsbehörde haben, wenn diese nach der Landesgesetzgebung zum Erlaß derartiger Verfügungen befugt ist. Diese Gebundenheit tritt ein bei dinglichen Arresten (s. d.), Einstweiligen Verfügungen (s. d.), Pfändungen (s. d.). Erfolgt die Verfügung im öffentlichen Interesse, so ist die Veräußerung absolut nichtig, und wenn sie im Interesse eines einzelnen Berechtigten, z. B. eines Gläubigers erfolgt, so ist sie zu dessen Nachteil unwirksam. Doch schreiben hier die Landesgesetzgebungen in der Regel vor, daß der Arrest auf Grundstücke oder Rechte an solchen, wenn er gutgläubigen Dritten gegenüber wirken soll, in dem Grundbuch eingetragen sein muß.

Die Gebundenheit kann endlich auch auf einer Privatverfügung beruhen. So, wenn ein Privatmann ein Gut, ein Kapital oder ein Vermögen dauernd milden Zwecken widmet, also eine Stiftung (s. d.) errichtet mit dem Verbot, daß die Güter dem Stiftungszweck nicht entzogen werden dürfen. Ebenso wenn ein Familienfideikommiß (s. d.) errichtet wird. Auf demselben Grunde beruht die Unveräußerlichkeit der Lehngüter. Endlich kann ein Erblasser im Interesse eines Familiengliedes oder sonstiger von ihm bedachten Personen anordnen, daß dasjenige, was er diesen Personen letztwillig zuwendet, weder veräußert noch von den Gläubigern soll angegriffen werden dürfen. Solche Verfügungen können wirksam gemacht werden, wenn der Erblasser einen Testamentsvollstrecker ernennt, zu dessen alleiniger Verfügung die Güter stehen sollen, oder wenn er bestimmt, daß für den Fall, daß ein Gläubiger des Bedachten die Zwangsvollstreckung oder Arrestierung solcher Güter verlangt, dieselben einer dritten Person zugehören sollen, sofern diese Verfügung ernstlich gemeint ist. Unter dieser Form einer Bedingung kann sich auch jemand eine Verfügungsbeschränkung selbst auflegen.

Dispositionsfähigkeit, meistens gleichbedeutend gebraucht mit Handlungsfähigkeit, die Fähigkeit, durch eine Willenserklärung diejenige rechtliche Wirkung zu erzeugen, auf deren Hervorbringung die Erklärung gerichtet ist; die Handlungsfähigkeit ist ausgeschlossen durch Geisteskrankheit, Entmündigung, zu geringes Alter u. s. w. Den Ausdruck Handlungsfähigkeit ersetzt der Deutsche Entwurf im Anschlüsse an das preuß. Gesetz vom 12. Juli 1875 durch Geschäftsfähigkeit, vgl. Motive I, 129. In einem andern Sinne wird von D. oder auch Dispositionsrecht gesprochen als der Befugnis, über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts in der durch dieses gegebenen Art zu verfügen. Nichtig ist ein Rechtsgeschäft, durch welches jemand über einen seiner Verfügung entzogenen Gegenstand verfügt; aber diese Regel hat erhebliche Ausnahmen, selbst der Eingriff in die Rechtssphäre eines andern wird durch dessen Einwilligung oder Genehmigung geheilt. Auch in der Verfügung über seine eigene Rechtssphäre kann jemand durch Gesetz, letztwillige Verfügung (z. B. des Vaters bezüglich des seinem Sohne hinterlassenen Vermögens), richterliche Anordnung (z. B. Arrest) oder Vertrag beschränkt sein. Alsdann ist im einzelnen zu prüfen, welche Bedeutung dem trotzdem abgeschlossenen Rechtsgeschäfte zukommt. Der Verfügung entzogen sind endlich gewisse Gegenstände (res extra commercium), öffentliche Plätze, Wege u. dgl. Ein über einen solchen, dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Gegenstand abgeschlossenes privatrechtliches Geschäft ist ungültig. Es bleibt gültig, wenn dadurch der Gemeingebrauch des Gegenstandes nicht beeinträchtigt