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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dissociationsvertrag - Distanzfracht
Die Erscheinungen der D. erklären sich leicht
durch die Anschauungen der mechan. Wärmetheorie.
Wärme ist danach Molekularbewegung, die nicht
ohne bestimmte oscillierende Eigenbeweguna der
das Molekül bildenden Atome möglich ist. Jeder
Temperatur nun entspricht eine bestimmte Energie
beider Bewegungen, sodaß bei Steigerung der erstem
auch die letztere wächst. Wird die Energie der Atom-
dewcgung oder die Atomtemperatur eben groß ge-
nug, um die die Atome der Moleküle der Verbin-
dung zusammenhaltende Affinität zu überwinden
(Dissociationstemperatur), so tritt D. ein.
In einer Masse von Molekülen von durch das Ther-
mometer bestimmter Temperatur (Mitteltemperatur)
können nun nie alle Moleküle gleiche Energie der
eigenen oder Atombewegung haben, sondern es
giebt solche von geringern und größern Energien,
geringern und größern Molekular- und Atom-
temperaturen, deren Verteilung um die Mittel-
temperatur eine gleichmäßige ist. Da die Wärme
sich durch Stöße der Moleküle gegeneinander fort-
pflanzt, so werden sich die Temperaturen der ein-
zelnen Moleküle stetig ändern, aber es wird bei
gleichbleibender Mitteltemperatur die relative Ver-
teilung der Einzeltemperaturen doch dieselbe blei-
ben. Wird die Masse der Moleküle auf eine be-
stimmte Mitteltcmpcratur erhöht, so tritt ein Punkt
ein (für K2O4 bei -11,5°), bei dem die vorhandenen
höchsten Einzeltemperaturen eben die Dissociations-
temperatur überschreiten. Diese Moleküle, zunächst
nur wenige, zerfallen (Anfang der D.). Sobald ihre
Produkte durch Zusammenstoß mit andern Mole-
külen die Energie ihrer Bewegung (ihre Einzel-
temperaturen) vermindern, werden sie sich im Falle
räumlichen Zusammentreffens wieder miteinander
verbinden. Dafür müssen nun aber eine gleiche
Zahl von andern Molekülen die zur D. erforder-
liche höhere Einzeltemperatur annehmen, also ihrer-
seits zerfallen. Bei gleichbleibender Mitteltempcra-
tur wird sich also auf die Dauer ein Gleichgewichts-
zustand zwischen der Anzahl der sich in jeder Se-
kunde zersetzenden und der sich aus den Zersehungs-
produkten zurückbildenden Moleküle einstellen. Steigt
die Mitteltemperatur weiter, so vermehrt sich die
relative Anzahl der Moleküle, deren Atomtempera-
turen die Dissociationstemperatur überschreiten; es
wächst demnach der Betrag der Zersetzung. Erreicht
die Mitteltemperatur gerade die Höhe der Dissocia-
tionstemperatur, so ist die Hälfte der Moleküle mit
höhern Einzeltemperaturen ausgestattet, muß also
zerfallen. Die Mitteltemperatur daher, bei der
50 Proz. der Masse dissociiert ist (bei N^ 58° 0.),
ist die wahre Dissociationstemperatur. Erst wenn
diese Mitteltemperatur so hoch über letzterer liegt,
daß auch die Moleküle von niedrigster Einzel-
temperatur ihre Höhe erreichen, wird alles zersetzt
sein (Ende der D., für N^ bei 148°). - Diese
Verhältnisse erklären auch, weshalb D. schon ein-
tritt bei Temperaturen, die niedriger liegen als
die Vildungstemperaturen der betreffenden Ver-
bindungen. So beginnt z. B. die D. des Wasser-
dampfes schon weit unterhalb der Temperatur der
Knallgasflamme. Letztere liegt beträchtlich höher
als der Schmelzpunkt des Platins. Wird eben ge-
schmolzenes Platin in Wasser gegossen, so steigen in
diesem große Gasblascn auf, die man ansammeln
und dann als reines Knallgas, ein Gemenge von
2 Volumen Wasserstoff und 1 Volumen Sauerstoff,
erkennen kann. Schon bei der Schmelztemperatur
des Platins als Mitteltemperatur sind demnach
Einzeltemperaturen vorhanden, die über der Disso-
ciationstemperatur des Wassers liegen. Ihre rela-
tive Menge wird noch weit beträchtlicher bei dc?
wesentlich höhern Temperatur der Knallgasflammc,
andererseits wird aber auch bei ihr noch immer der
relative Betrag der Einzeltemperaturen, welche die
Dissociationstcmpcratur noch nicht erreichen, wesent-
lich größer sein.
Dissoeiationsvertrag, der von den Gesell-
schaftern bei und über Auflösung der Gesellschaft
geschlossene Vertrag.
Difsociieren (lat.), trennen, entzweien; eine
Verbindung aufheben (s. Dmociation).
Disfogönie (grch.) nennt Chun eine bis jetzt blob
bei Nuc^^i-iZ unter den Rippenquallen (s. d.) beob-
achtete Art der Fortpflanzung. Diese Tiere werden
nämlich zweimal im Leben fortpflanzungsfähig, ein-
mal als Larve und nach längerer steriler Zwischen-
zeit wieder im ausgebildeten Zustande.
Disfolubcl (lat^), auflöslich, schmelzbar.
Dissolut (lat.), ungebunden, ausschweifend, lie-
derlich; Dissolution, Auflösung, Ausschweifung.
visgolvontia. (lat.), s. Zerteilende Mittel.
Diffolvieren (lat.), auflösen, zergehen lassen,
schmelzen, zerlassen. IMbelbilder.
Vi380iv!nF Viows (engl., spr. wjuhs), s.
Dissonanz (lat.), Mihklang; Mißhelligkcit. In
der Musik im Gegensatz zu Konsonanz (s. d.) das
Verhältnis zweier oder mehrerer Töne, deren Zu-
sammenklang nicht eine ruhige befriedigende Har-
monie, sondern das Gefühl der Unruhe und das
Verlangen nach Auflösung in einen größern Wohl-
klang hervorruft. Der Begriff der D. hat mit dcn
Zeiten gewechselt; heute verstehen wir darunter den
Zusammenllang zweier Töne, die in der Skala neben-
einander liegen: also Sekunden und die davon ab-
geleiteten Intervalle der Septimen und Nonen; in
zweiter Linie auch übermäßige und verminderte
Intervalle. Erscheinen die D. im vierstimmigen
Satze, so unterscheidet man wesentliche und zufällige.
Die wesentlichen führen bei ibrer Auflösung zur
Bildung eines neuen Accords. Die zufälligen lösen
sich ohne Veränderungen des Accords auf. In An-
sehung des praktischen Gebrauchs der D. kommt
teils die richtige kontrapunktistische Behandlung,
teils ihre zweckmäßige ästhetische Anwendung in
Betracht. Die Vorbereitung, Bindung, Auflösung
und Vermeidung der Verdoppelung der D. lehrt die
Theorie; der zweckmäßige Gebrauch derselben hängt
jedoch von dem Talent des Tonsetzers ab. Auch in
der Behandlung der D. weichen die einzelnen Kunst-
perioden und in ihnen die einzelnen Meister von-
einander ab.
Dissuadieren (lat.), abraten, widerraten; Dis-
suasion,Abratung,Widerratung;dissuasörisch,
ab-, widerratend.
Difsyllabum (grch.), ein zweisilbiges Wort.
Distance (frz., spr. -tängh), s. Distanz.
Distanz (lat. äiLtautia; frz. äiätHuce), Abstand,
Entfernung.
Distanzchek, s. Check (Bd. 4, S. 133 d).
Distanzfracht, im Seerecht derjenige Teil dc?
Fracht, welcher nur für einen Teil der Reise be-
zahlt und nach dem Verhältnis des zurückgelegten
Teils der Reise zur ganzen Rene berechn^ w^-ed.
Nach deutschem Seerecht ist in dem Falle, daß das
Schiff nach Antritt der Reife durch einen Zufall ver-
loren geht, der Befrachter für die geborgenen oder ge-