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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dohrn (Heinr.) - Doktor
welche unter seiner Leitung in 10 Jahren zu dem
größten vorhandenen zoolog. Laboratorium erwach-
sen ist. Von seinen Schriften sind hervorzuheben:
"Der Ursprung der Wirbeltiere und das Princip des
Funktionswechsels" (Lpz. 1875), worin die bis dahin
geltende Annahme von der Herkunft der Wirbel-
tiere von Amphioxus und Ascidien bestritten ward,
"Pantopoda" (in der "Fauna und Flora des Golfs
von Neapel", Vd. 3, ebd. 1881) und "Studien zur
Urgeschichte des Wirbeltierkörpers" (1882), in denen
seine Ideen weiter ausgeführt sind.
Dohrn,Heinr.,Parlamentarier, Bruderdes vori-
gen, geb. 16. April 1838 in Braunschweig, studierte
in Bonn, Zürich und Verlin Naturwissenschaften,
unternahm dann größere Reisen in Europa, Afrika
und Amerika zu wissenschaftlichen Zwecken, machte
sich einen Namen als Konchyliolog und gehörte zu
den Begründern des Pommcrschen Mufeums in
Stettin. D. war 1874-79 Mitglied des preuß.
Abgeordnetenhauses für den Wahlkreis Randow-
Greifenhagen; im Reichstag vertrat er 1874-78
und 1881-84 Uckermünde-Usedom-Wollin, 1890
-93 Schweinitz-Wittenberg. Er gehörte ursprüng-
lick zur nationalliberalen Fraktion, dann zur "Libe-
ralen Vereinigung" und fchloß sich mit letzterer der
deutschfreisinnigen Partei an.
Dohrn, Karl Aug., Entomolog, Vater der beiden
vorigen, geb. 27. Juni 1806 zu Stettin, studierte
in Verlin die Rechte, gab aber die jurist. Laufbahn
bald auf und widmete sich dem Kaufmannsstande.
Seit 1831 machte er große Reisen durch Europa,
Nordafrika und Südamerika und übernahm, 1838
nach Stettin zurückgekehrt, die Stellvertretung in
der Direktion einer Zuckersiederei. Außerdem war
er litterarisch thätig und veröffentlichte 1840-44
vier Bände Übersetzungen span. Dramen, sowie
3 bcfie fchwed. Lieder. Nachdem er 1840 dem in
Stettin gegründeten Entomologischen Verein, dem
ersten in Deutschland, beigetreten war, widmete er
sick mit großem Eifer der Käferkunde, übernahm
1843 das Präsidium des Vereins sowie die Re-
daktion der "Entomologischen Zeitung" und 1846
-66 auch die der "I^linaea sutomoloZicH" in
16 Bänden. Auch übersetzte er Calderons "(^talo
^ ?0cri3" (Stett. 1879) und dessen "Xo 1i^ duria^
coii ei amoru (ebd. 1880) ins Deutsche. Seine
eigene Käfersammlung erweiterte er zu einer der
bedeutendsten Privatsammlungen von etwa 50000
Arten. 1859 wurde er in das preuß. Abgeordneten-
haus gewählt, wo er sich der Fraktion Vincke an-
schloß. Er starb 4. Mai 1892 in Stettin.
Doiran, türk. Stadt, s. Dorijau.
Doire, Nebenfluß des Po, s. Dora.
Doit, Holland. Kupfermünze, f. Deut.
Doketismus (vom grch. äokew, d. h. scheinen),
in der alten Kirche alle Lehrmeinungen, welche die
in der biblischen Offenbarungsgeschichte erzählten
Thatsachen nicht als wirklich geschehen, sondern als
nur scheinbar wirkliche Abspiegelungen himmlischer
und geistiger Vorgänge faßten, insbesondere aber
die Menschheit Christi für Schein oder eine bloße
zeitweilige Erscheinungsform erklärten. Alle häre-
tischen Gnostiker huldigten feinerm oder gröberm
D., mit Ausnahme derer, die, wie Karpokrates,
Christus nur in die Kategorie weiser Menschen stell-
ten. Im Anfange des 3. Jahrh, wird Iul. Cassia-
nus in Alcrandria als Stifter einer eigenen Do-
tetensekte erwähnt, die eine Abart der Valen-
tinianer (s. Valentinus) war.
Dokimäsie (grch.), im alten Athen die Prüfung
derBefähigung zurAusübung öffentlicherAmter. Bei
der Aufnahme unter die Epheben wurde der junge
Bürger in einer Versammlung der Gaugenossen ge-
prüft, ob er auf väterlicher und mütterlicher Seite
von Bürgern abstammte, ob er keine Handlung be-
gangen hatte, die ihn des Bürgerrechts unwürdig
machte, und ob er die zum Kriegsdienst nötige kör-
perliche Reife befäße. Ferner mußten sich alle Be-
amten vor ihrem Amtsantritt einer Prüfung unter-
werfen, die sich jedoch nicht auf ihre wirkliche Be-
fähigung zu dem Amt bezog, sondern auf ihre echt
bürgerliche Abkunft, ihren Wandel, bei einzelnen
Llmtern auch auf ihr Vermögen. Die Prüfung fand
öffentlich statt, und jeder Anwesende konnte Ein-
wendungen geltend machen. Der Zurückgewiesene
hatte das Recht, an die Entscheidung eines Gerichts-
hofs zu appellieren, andererseits stand auch im Falle
der Bestätigung jedem, der diese nicht für gerecht-
fertigt hielt, die Einleitung eines gerichtlichen Ver-
fahrens zu.- Über D. oder Dokimastifche Me-
thode, Teil der analytischen Chemie, s. Probierkunst.
Dokkum, auch Dockum, eine mit Wällen und
Gräben umgebene Stadt in der mederländ. Provinz
Friesland, in fruchtbarer Gegend, 19 km im NO.
von Leeuwarden am Trekvaartkanal und am Dok-
kumer-Diep, das dieStadt gegen O. mit der Lau-
werzee verbindet und bei der Flut für die größten
Seeschiffe fahrbar ist. D. hat ein schönes, mit
einem Turm und Glockenspiel geziertes Stadthaus
und 4158 E. Die Dokkumer "Nieuwe Zylen" sind
das größte Schleusenwerk der Provinz.
Doktor (lat., "Lehrer"), im Mittelalter abwech-
selnd mit Scholastikus u. a., namentlich aber mit
Magister gebrauchte Bezeichnung für Lehrer. Eine
Art Ehrentitel wurde das Wort Im 12. Jahrh., wo
mebrere Juristen (z. B. Irnerius) und im 13., wo die
meisten Scholastiker mit auszeichnenden Beiwörtern
diese Benennung erhielten. So wurde Thomas von
Aquino Doktor anZ6iicii8 oder univ6r83,1i8, Bona-
ventura Doetor 36i-apkicu8, Alexander von Hales
Doctor iri'6fi'ÄFHdi1i3, Duns Scotus Doetor 8ud>
ti1i3, Roger Baco Doetor mir3.di1i8, Wilh. Occam
Doctor 8M3ui3.ri8, Gregorius von Rimini voctor
aut1i6nticu8, Joh. Gerson Doctor (:1iri3ti3.iii88imu8,
Thom. Vradwardin Ooctor protuiiäu8, Anton
Andrea voctor äu1ciünu3 genannt. Anfang des
13. Jahrh, wurde D. zugleich mit Magister Titel
des an der Universität zum Lehren Berechtigten,
verliehen durch das Doktorenkollegium der Fakul-
tät unter Mitwirkung des Kanzlers der Universi-
tät, unter Feierlichkeiten, die dem neuen D. große
Kosten verursachten. Der Titel D. überwog in den
Fakultäten der Juristen, Mediziner und Theologen,
bei den Philosophen (Artisten) der Titel Magister,
doch ward dieser auch in den andern Fakultäten
statt D. gebraucht. Als im 14. Jahrh. Universitä-
ten durch kaiscrl. oder päpstl. Stiftungsbriefe (pri-
vilkFia) gegründet wurden, wurde das Recht, D. zu
ernennen, vielfach als befondercs Recht verliehen,
einigemal auch versagt. Doch blieb dieser zu fis-
kalischen Zwecken eingeführte Mißbrauch nur Aus-
nahme, es erhielt sich die Regel, daß mit der Grün-
dung der Universität auch das Promotionsrecht ver-
bunden ward. Kaiser und Papst verliehen auch
selbst den Titel D. und weiter das sog. Hof-Pfalz-
grafenrecht, den Doktortitel zu verleihen. Die so
Promovierten nannte man Voctoi'eZ bu^atj svon
duilH, der Urkunde) im Gegensatz zu den auf Gmnd