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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dracontius - Dragomanow
Marburg, wo er auch als Ratgeber bei wichtigen
kirchlichen Verhandlungen wirkte. Hierauf ging er
1547 nach Lübeck, 1551 als Prediger und Professor
der Theologie nach Rostock; als seine Beförderung
zum Superintendenten (1557) die Unzufriedenheit
der Geistlichen erregte, die ihm Hetcroooxie vor-
warfen, und eine fürstl. Kommission ihm (1560) be-
fahl, die Superintendentur niederzulegen, begab
sich D. wieder nach Wittenberg. Für kurze Zeit als
Präsident des pomesanischen Bistums uach Maricn-
werder übergesiedelt, kehrte D. schon 1561 nach
Wittenberg zurück und starb hier 18. April 1566.
Sein Hauptwerk ist "Gottes Verheißungen in
Christo" (2 Bde., Lübeck 1549-50); seine Bibel-
Polyglotte ist nur zum Teil gedruckt. Sie giebt den
Tert, zeilenweise einen unter dem andern, hebräisch,
chaldäisch, griechisch, lateinisch, deutsch, darunter
erläuterude Anmerkuugen, vor allem zu den messia-
nisch gedeuteten Stellen.
Dracontius, Vlossius Ämilius, christl. Dichter
des 5. Jahrh., Advokat in Karthago, verfaßte neben
verschiedenen kleinern Epen meist über Stoffe der
alten Mythologie (hg. vonDuhn, (.^rmina minora,
Lpz. 1873) u. d. T^ "v6 veo" eine Schöpfungs-
geschichte in lat. Hexametern, die vom Erzbischof
Eugenius von Toledo 100 Jahre später vollendet
wurde. (Ausgabe von Carpzow, Helmstedt 1794,
in Mignes "I'iUi'oloAie", Bd. 60.)
vra.00 volans, Reptil, s. Drache, fliegender.
Vra.ounoü1u3 lnoatnensis, f. Haarwürmcr.
Draden, älteres Garnmaß in Danzig, der Haspel-
faden von 3^/2 alten Danziger Ellen, zu 92 engl. Zoll
(statt eigentlich 91,9) gerechnet, war ^ 2,334 m.
Dragalj oder D r a g a l i, auch Dragayl, österr.
Fort in Dalmatien, nördlich der Bocche di Cattaro,
dicht an der Grenze von Montenegro gelegen.
Deagaßani (spr.-schäm), Dorf auf der Straße
von Crajova nach Rimnicu in der Kleinen Walachei,
in wichtiger strategischer Lage. Dort wurden nach
dem Ausbruch der griech. Revolution 19. Juni 1821
gegen 6500 Panduren und walach. Reiter nebst 500
Hiecolochitm (s. Heilige Schar) unter Alex. Hypsi-
lantis von 8000 Türken geschlagen. Die Niederlage
war so gewaltig, daß Alex. Hypsilantis nach wenigen
Tagen ins österr. GebietseineZufluchtnchmenmuhtc.
Drage, rechter Nebenfluß der Netze, entspringt
8 lim im SSO. von Polzin im preuß. Reg.-Bez.
Köslin aus denl obern in 158 m Höhe gelegenen
See bei Liepeu, strömt durch den Dratzig- und Groß-
Lübbesee, durchfließt in südl. Richtung einen Teil
der Provinz Brandenburg, bildet im untern Laufe
dic Grenze zwifchen Brandenburg und Poscn und
geht unweit des Bahnhofs Kreuz in die Netze. Zu
ihr stießen das 23 km lange stößbare Körtnitzflicß
von Märtisch-Friedland her, das 38 Km weit flöß-
bare Plötzenfließ aus dem Wustcrwitzer See und
rechts das 14 km flößbare Mcrcnthiner Fließ. Bei
Pohlenbrück, 65 wn oberhalb dcr Mündung, be-
ginnt die Flößerei; schiffbar ist sie auf 37,6"! km; ihre
gesamte Länge beträgt 165 km, ihr Gefalle 125 m.
Dragees (frz., spr. dräschet)), mit einem Gemisch
von Tragaittgummi und Zucker oder Zucker, Gummi-
lösung und (Stärkemehl überzogene Früchte, Gewürze
(Mandeln, Anis, Korianderu. s. w.) und Zuckerkörner.
Das Überziehen der Früchte u. s. w. geschieht in
dem sog. Dragierkessel (s.nachstcbcnde Figur), der
mit dem abgehenden Dampf der Betriebsmaschine
geheizt wi.rd > iodcch die Dragiermasse fortwährend
den richtigen Grad der Dünnflüssigkeit behält. Da-
durch, daß die mit der Dragiermasse in den Kessel
gebrachten Früchte bei der Umdrehung des Kessels
beständig an den Wänden des letztern umherkollern
und durcheinander
geworfen werden,
umhüllen sich die-
selben mit der
Dragicrmasse.
Das Überziehen
dcrBondons kann
nicht im Kessel
stattfinden, da sie
durch die Wärme
flüfsig werden und
durch das Nmhcr-
werfen zerbrechen
würden; dieselben
werden daher mit
der Hand dragiert.
Der sog. Streuzucker gehört auch hierher; bci
ihm besteht der Kern nicht aus Früchten, sondern
aus kleinen Zuckerkörnchen, die man von gestoßenem
Hutzucker abgesiebt hat.
Dragaen, eine Art Anker (s.d., Bd.1,S.646b).
Draghi (spr. -gi), Antonio, ital. Komponist, geb.
1642 zu Ferrara, gest. daselbst 18. Jan. 1700, nimmt
eine hervorragende Stelle unter den Musilern ein,
die im 17. Jahrh, die ital. Oper in Deutschland ein-
führten. D. wirkte über 25 Jahre am Wiener Hof
und fchrieb für diesen die bei Festlichkeiten erforder-
lichen Opern im Stile dcr Cavallischen Schule. Die
Hofbibliothek zu Wien besitzt von ihm handschriftlich
81 volle Opern und ziemlich ebensoviel Einakter.
Dragierkessel (spr. draschihr-), s. Drage'es.
Dragoman (vom arab. Worte tLräLdiuman)
heißt bei den Europäern im Orient ein Dolmetscher.
Der Pforten-Dragoman, durch den früher die
diplomat. Verhandlungen der europ. Mächte mit
dem Diwan vermittelt wurden, war bis zu dem griech.
Aufstande (1821) ein griech. Christ. Seit jener Zeit
wird der Posten durch Türken besetzt, hat aber bei
dcr Zuuahme der Kenntnis europ. Sprachen unter
den Psortenbeamten seine ehemalige Wichtigkeit ver-
loren. Auch die fremden Botschafter, Gesandten
und Konsuln in der Levante halten einen oder
mehrere D. Diese waren früher der Regel nach
Levantiner, in neuern Zeiten aber haben die meisten
Staaten einheimische Beamte für diesen wichtigen
Posten herangebildet.
Dragomanow, Michael, russ. Schriftsteller,
gcb. 18. (6.) Sept. 1841 zu Hadjatsch im Gouverne-
ment Poltawa, uahm schon als Student an der so-
genannten ukrain. Bewegung teil, wurde 1870 Pro-
fcssor der Geschichte in Kiew, abcr 1876 wegen eincr
Kritik des russ. Untcrrichtsfystems abgesetzt. Er lebte
fortan in Genf und ist seit 1888 Professor dcr Ge-
schichte an der Universität Sofia in Bulgarien.
In Genf entwickelte D. eine umfängliche littcrar.
Thätigkeit durch Herausgabe populärer Schriften
in kleinruss. Sprache und seit 1877 einer ukrain.
Revue "llromHäa" ("Die Gemeinde"). Zugleich
wirkte er in liberalem Sinne für eine Reorgani-
sierung und föderative Gestaltuug Rußlands mit
voller Gleichberechtigung aller Völkerschaften und
fchrieb "1^6 t^i-Huniciätt eu Nu88i6" (1881), "Dcr
tteinruss. Internationalismus" (im "Jahrbuch für
^ocialwisscnschaft und Socialpolitik"), "Die ost-
curop. Völkcr und die Propaganda des Socialismus
in der Volkssprache" (russisch, 1880), "I.H ^oioFus