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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Dresden (Haupt- und Residenzstadt)

umgeben. So gelang es ihm hier am 26. und 27. Aug. seinen letzten Sieg auf deutschem Boden zu erfechten (s. unten), und selbst nach der Schlacht von Leipzig behauptete St. Cyr die Stadt noch bis zum 11. Nov., worauf sie gänzlich ausgehungert kapitulierte. Mit der Rückkehr König Friedrich Augusts am 7. Juni 1815 begann eine Zeit langsamer Wiederherstellung aus tiefster Erschöpfung. Der schon 1811 begonnene Abbruch der Festungswerke wurde 1817 kräftig wieder aufgenommen und gab die Möglichkeit zu einer bedeutenden Erweiterung der Stadt. Rascher gestaltete sich die Bewegung, nachdem die Unruhen in Leipzig und Dresden (9. Sept. 1830) den Anstoß zur Städteordnung von 1832 gegeben hatten und Sachsen 1834 dem Zollverein beigetreten war. 1835 wurden sämtliche Vorstädte, auch die seitdem so benannte "Antonstadt" mit der innern Stadt zu einer Gemeinde vereinigt; durch Eröffnung der Elbdampfschiffahrt 1836 und die Erbauung von Eisenbahnen seit 1839 wurde D. rasch zu einem bedeutenden Mittelpunkte des deutschen Binnenverkehrs. Seitdem das Hoftheater sich dem deutschen Schauspiel und der deutschen Oper geöffnet hatte, brach für beide eine Zeit höchsten Glanzes an, und im Anschluß an den Hof Friedrich Augusts II. (1836-54) brachte G. Semper neben den Barock- und Rokokobauten des 18. Jahrh. eine neue geistvolle Renaissance namentlich in dem Hoftheater und der Gemäldegalerie zu wirkungsvoller Geltung, während die Malerei durch Schnorr, L. Richter und E. Bendemann, die Plastik durch E. Rietschel, E. Hähnel u. a. in hervorragender Weise vertreten wurde. Die furchtbare Hochflut der Elbe im März 1845, die einen Teil der Augustusbrücke wegriß, und das Notjahr 1847/48 konnten den Aufschwung nicht dauernd hindern, störender wirkten die polit. Stürme der J. 1848/49, während deren D. vom 3. bis zum 9. Mai 1849 der Schauplatz eines blutigen Straßenkampfes war, bei dem auch das alte Opernhaus und ein Teil des Zwingers eingeäschert wurden. Am 18. Juni 1866 besetzten die Preußen ohne Gegenwehr die Stadt, und auch nach der Rückkehr König Johanns am 3. Nov. behielt D. bis Ende 1867 eine teilweise preuß. Besatzung. 1870/71 hatte es Tausende franz. Gefangener zu beherbergen und sah 11. Juli 1871 den glänzenden Triumpheinzug der sächs. Truppen unter Kronprinz Albert. Im Juni 1889 fand die begeisterte Feier des Wettinjubiläums in D. ihren Mittelpunkt, und im Juni 1892 war D. der Schauplatz großartiger Huldigungen des Fürsten Bismarck, bei seiner Durchreise nach Wien zur Hochzeit seines Sohnes Herbert. Inzwischen machte das innere Leben der Stadt rüstige Fortschritte. Die Selbstverwaltung der Gemeinde allerdings erfuhr insofern eine Einschränkung, als 1850 die Gerichtsbarkeit, 1853 auch die Sicherheitspolizei an den Staat überging. Aber die Stadt breitete sich nach allen Richtungen weiter aus und dem parallel ging die Umwandlung in eine Fabrikstadt und die mächtige Steigerung seiner kommerziellen Bedeutung, teils durch die immer stärkere Verdichtung des sächs. Eisenbahnnetzes, teils durch den bedeutenden Aufschwung des Elbverkehrs, besonders seit der Einführung der Kettenschleppschiffahrt 1869. Seine alte Stellung als Kunststadt wußte D. namentlich für Bildnerei und Baukunst zu behaupten.

Litteratur. A. Weck, Der churfürstlichen sächs. Residentz und Haupt-Vestung D. Beschreib- und Vorstellung (Nürnb. 1680); Die Bauten, technischen und industriellen Anlagen von D., hg. von dem sächs. Ingenieur- und Architektenverein und dem Dresdner Architektenverein (Dresd. 1878); Hasche, Diplomat. Geschichte von D. (4 Bde., ebd. 1816-19); Klemm, Chronik der Stadt D. (2 Bde., ebd. 1833-37; Bd. 3 von Hilscher, ebd. 1838); Lindau, Geschichte der königl. Haupt- und Residenzstadt D. (2. Aufl., ebd. 1885); Otto Richter, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Stadt D. (Bd. 1-3, ebd. 1885-91); Urkundenbuch der Städte D. und Pirna (im "Codex diplomaticus Saxoniae regiae", II, 5, Lpz. 1876); Odeleben, Napoleons Feldzug in Sachsen 1813 (3. Aufl., ebd. 1840); von Waldersee, Der Kampf in D. im Mai 1849 (Berl. 1849); Monthé, Der Maiaufstand in D. (Dresd. 1850); Gottschalk, D. und seine Umgebungen (14. Aufl., ebd. 1880); Meinholds Führer durch D. (23. Aufl. ebd. 1891); Mitteilungen des Statistischen Bureaus der Stadt D. (ebd. 1875 fg.); Müller, D. und die Sächsisch-Böhmische Schweiz (10. Aufl., Berl. 1886); Stiehler und Häntzschel, D., D.s Umgebungen und die Sächsische Schweiz (16. Aufl., ebd. 1892); Gampe, D. und seine Umgebung (6. Aufl., Dresd. 1891); Gsell Fels, D. und Umgebung (Münch. 1892).

^[Es folgt neuer Artikel "Schlacht bei Dresden", der zwar nicht im Seitentitel ausgewiesen ist.]

Die Schlacht bei Dresden fand 26. und 27. Aug. 1813 zwischen den Franzosen unter Napoleon und dem Hauptheer der Verbündeten unter Fürst Schwarzenberg statt. Am Schluß des für die Zeit vom 4. Juni bis 16. Aug. 1813 geschlossenen Waffenstillstandes standen 60000 Franzosen in und bei D.; sie hatten die im März gesprengte Elbbrücke wiederhergestellt, die alte Befestigung durch neue Werke verstärkt und auch die Neustadt befestigt. Napoleon erwartete, daß die Verbündeten, deren Hauptheer (230000 Mann Österreicher, Preußen und Russen) unter Fürst Schwarzenberg bisher in Böhmen gestanden hatte, in die Lausitz eindringen würden, und rückte 17. Aug. mit den Garden von D. dorthin ab, um Rey gegen Blücher zu unterstützen. Das Hauptheer der Verbündeten brach 21. Aug. in Böhmen auf und marschierte auf Leipzig, schwenkte jedoch auf die Nachricht, daß Napoleon D. verlassen habe, rechts und rückte gegen D. vor, um sich dieses Platzes durch Handstreich zu bemächtigen. Aber Napoleon kehrte auf die Nachricht vom Anmarsche der Verbündeten gegen D. in drei Gewaltmärschen zurück; er stand 25. Aug. abends mit der Garde, dem Korps Marmonts und dem Kavalleriekorps Latour-Maubourgs bei Stolpen, 22 km vor D., und hatte die Korps Victor und Vandamme aus der Lausitz an die Elbe gezogen, um bei Königstein den Strom zu überschreiten und von Pirna aus die Rückzugslinie der Verbündeten nach Teplitz zu bedrohen.

Kaiser Alexander wollte noch 25. Aug. die Überrumpelung von D., das nur von 20000 Mann besetzt war, versuchen, wozu 70000 Mann, am Abend sogar 100000 Mann, verfügbar waren, doch trat Fürst Schwarzenberg nebst andern Generalen diesem Plane entgegen, da die Truppen zu ermüdet seien, und an diesem Aufschube scheiterte das ganze Unternehmen. Man drängte lediglich die Vortruppen bis nahe an die Stadt zurück und besetzte die für den eigentlichen Angriff ausgewählte Stellung. Am 26. Aug. morgens sollte der allgemeine Angriff stattfinden. Auf dem rechten Flügel drangen die Russen um 7 Uhr vor und bemächtigten sich gegen Mittag eines der vor der Pirnaer Vorstadt liegenden Werke; da traf der Befehl ein, erst um 4 Uhr